Zinkbelag „opfert“ sich zu Gunsten der Stahlbewehrung
Streusalz, Seewasser und Seeluft führen zu erheblichen Korrosionsschäden an der Stahlbewehrung etlicher Betonkonstruktionen. Ein in den USA bereits bewährtes Verfahren zum Langzeitschutz des Betons durch Spritzverzinkung wurde jetzt in Deutschland nochmals verbessert.
Salz gilt als Todfeind jeder Stahlbetonkonstruktion, wenn etwa Risse im Beton den Schutz der Bewehrung nicht mehr gewährleisten. Da dies nicht selten vorkommt, sind neben Viadukten und Bohrplattformen auf hoher See auch Brücken und Parkhäuser im Binnenland gefährdet, wenn diese mit Streusalz in Berührung kommen. Durch eine Verzinkung der Betonoberfläche könnte der Korrosionsgefahr der Bewehrung begegnet werden, in dem – dank elektrochemischer Reaktion – das Zink als wenig edles Metall „geopfert“ würde. Der Mechanismus wirkt auch, wenn die Stahlbewehrung – etwa durch einen Riss im Beton – nur punktuellen Kontakt mit der Zinkschicht erhält.
„Da die Salzgefahr in früheren Jahrzehnten oft nicht ausreichend bekannt war, stellen heute viele Betreiber von Stahlbetonbauten mit Erschrecken fest, dass ihre Kostenrechnung teilweise durch enorme Instandhaltungsaufwendungen in Schieflage gerät,“ betont Dr. Jochen Spriestersbach, Leiter des Geschäftsbereichs Metall der Grillo-Werke AG in Duisburg. In schweren Fällen könne der Finanzbedarf für erforderliche Sanierungsmaßnahmen bis in die Größenordnung der ursprünglich investierten Summen ansteigen. Ursache der Schäden sind massive Korrosionserscheinungen an der Stahlbewehrung im Inneren des Betons. Der Rost, dessen Volumen das Fünffache des ursprünglichen Stahls erreichen kann, baut im Inneren einen entsprechenden Druck auf, der selbst massive Betonwände wegsprengt. Im Ausland kam es dadurch sogar schon zu schweren Schäden.
„Während sich in normalem Stahlbeton bei ausreichender Dicke der Deckschicht ein stark alkalisches Milieu ausbildet, das die Bewehrung wirksam vor Korrosion schützt, ändert sich dies dramatisch, sobald Chlorionen ins Spiel kommen,“ so Dr.- Ing. Armin Melzer, Leiter der Forschung und Entwicklung im Geschäftsbereich Metall. Entsprechend habe man schon vor Jahren kathodische Schutzverfahren entwickelt, erläutert Spriestersbach, bei denen der Beton mit einem Titannetz überzogen wird, an das sich eine Stromquelle anschließen lässt. Doch dieses Vorgehen sei sehr arbeitsintensiv und erhöhe auch den ständigen Wartungsaufwand. Das Titannetz müsse an der Oberfläche befestigt und dann mit einer Spritzbetonschicht überzogen werden.
Aufgrund der hohen Kosten des Verfahrens wurden in den USA, in deren Küstenstaaten die Instandhaltungsbudgets durch Tausende von Stahlbeton-Brückenkonstruktionen stark belastet werden, preisgünstigere Alternativen gesucht. Schon zu Beginn der 80er Jahre kam man auf die Idee, das bei Stahlkonstruktionen seit langem bekannte und bewährte Prinzip des Korrosionsschutzes durch Verzinkung auch auf Stahlbeton anzuwenden. „Jeder Autofahrer weiß, dass verzinkte Stahlkarosserien wesentlich besser gegen Rost geschützt sind als solche, die lediglich lackiert wurden,“ erläutert Melzer. Grund hierfür ist die elektrochemische Reaktion, die zwischen unterschiedlich „edlen“ Metallen in Gang kommt, wenn diese zusammen mit Wasser in Kontakt kommen. Dabei bilden sich zahlreiche „Mini-Batterien“, wobei die Auflösung nur das unedlere der beiden Metalle betrifft. Bei der Kombination Stahl/Zink wird das unedlere Zink geopfert, wodurch der Stahl von Korrosion verschont bleibt. Durch Versuche stellte man fest, dass dieser Mechanismus auch dann wirkt, wenn der Zinküberzug lediglich außen auf den Beton aufgebracht wird und die Bewehrung nur punktuell Kontakt mit der Zinkschicht hat. Zwischen Bewehrungsstahl und Zinkschicht beginnt ein elektrischer Strom zu fließen, der den Stahl wirksam vor Korrosion schützt.
„Das Aufbringen eines festhaftenden metallischen Zinküberzugs auf Beton ist im Prinzip kein Problem,“ weiß Dr.-Ing. Michael Knepper, Geschäftsführer der Firma OSU Maschinenbau GmbH, die Anlagen für das thermische Spritzen von Metallüberzügen herstellt. Bei diesem sogenannten Drahtlichtbogenspritzen werden zwei sich fast berührende Zinkmetalldrähte unter Strom gesetzt. In dem entstehenden Lichtbogen wird das aufschmelzende Metall durch einen starken Gasstrahl zerstäubt und in Richtung auf die zu verzinkende Fläche geschleudert. Damit der Lichtbogen nicht abreißt, werden die Drähte durch Motoren ständig nach vorne geschoben. Beim Auftreffen dringen die Tröpfchen in die Unebenheiten der Oberflächenschicht ein und erstarren sofort.
„Wir haben uns die in den USA gemachten Erfahrungen genau angesehen und konnten das Verfahren dann noch weiter verbessern,“ ergänzt Melzer. Auch hierbei habe man sich an Praktiken orientiert, die im Bereich des Stahlbaus bereits seit längerem mit Erfolg angewandt werden. Bei diesen sogenannten „Duplex-Beschichtungen“ wird die Zinkschicht durch einen zusätzlichen Farbauftrag noch besser vor der korrosiven Atmosphäre geschützt. Dieses Vorgehen wurde für Zinküberzüge auf Beton adaptiert, indem man ein zweischichtiges Lacksystem entwickelte und speziell auf den Zinküberzug abstimmte.
Seit 1997 laufende Bewitterungsversuche in einem eigenen Testfeld ließen bereits heute die Vorhersage zu, dass auch chloridverseuchter Stahlbeton mit diesem Doppelschutz für mindestens 20 bis 30 Jahre vor Korrosion geschützt werden könne. Eine vorherige Sanierung von zu starken Schäden an der Bewehrung sowie die Abtragung bereits locker gewordener Betonschichten bliebe natürlich unumgänglich, betont Melzer, doch sei anschließend keine erneute Ummantelung erforderlich. Die Beschichtung mit Zink könne auch bei bereits teilweise freiliegender Bewehrung vorgenommen werden. Im Fahrbahnbereich von Parkhäusern ließe sich der Belag direkt auf die Zinkschicht aufgebringen.
Einen ersten Einsatz habe man im Seeklima des persischen Golfs bereits erfolgreich durchführen können. Zur Zeit suche man für die Durchführung von Pilotprojekten Partner mit geeigneten Objekten. KLAUS VOLLRATH
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