Intelligente Steuerung von Radnabenmotoren macht Servolenkung überflüssig
Durch den individuellen Antrieb aller vier Räder von Elektroautos wollen Ingenieure des Automobilzulieferer Schaeffler und des Karlsruher Instituts für Technologie die herkömmliche Lenkkraftunterstützung überflüssig machen. Durch den Wegfall der Servolenkung sollen Gewicht und Energie gespart und damit die Reichweite von E-Autos erhöht werden.
Schon auf der IAA 2013 hatte Schaeffler in Zusammenarbeit mit Ford seinen Radnabenantrieb E-Wheel-Drive vorgestellt. Der Elektromotor samt Leistungselektronik und Controller, Bremse sowie Kühlung sind komplett in der Felge untergebracht. Der IAA-Fiesta wurde durch die beiden Hinterräder angetrieben. Bei der Zusammenarbeit mit den Ingenieuren des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) geht es jetzt darum, alle vier Räder eines Autos direkt anzutreiben, was den Vorteil bietet, dass eine intelligente Steuerung die übliche Lenkkraftunterstützung überflüssig machen kann.
Das wäre ein erheblicher Fortschritt, weil zum einen die Energie einer Servolenkung im Elektroauto von der Batterie geliefert werden muss und somit die Reichweite reduziert. Außerdem lassen sich durch den Wegfall der Servolenkung mechanische Teile einsparen, das spart Kosten und vor allem Gewicht.
„Die neuartige Lenkkraftunterstützung würde mit weniger Systemkomponenten im Elektrofahrzeug auskommen, Gewicht und Energie im Elektrofahrzeug könnten dadurch eingespart werden“, erklären die Projektleiter Dr. Marcel Mayer von Schaeffler und Dr. Michael Frey vom KIT. „Dadurch würde ein Elektroauto natürlich günstiger und hätte eine größere Reichweite.“
Individueller Antrieb aller Räder
Im Projekt e²-Lenk tüfteln die Ingenieure daran, das Autos dadurch zu steuern, dass jedes Rad ein unterschiedliches Antriebsmoment auf die Straße bringt. Während beim herkömmlichen Auto mit einem Motor die gleiche Antriebskraft auf die Räder übertragen wird, sollen im Elektroauto die Radnabenmotoren die Räder individuell antreiben.
Wenn die Räder auf der linken Seite mehr Antriebsmoment auf die Straße übertragen als auf der rechten Seite, ergibt sich bereits eine Beschleunigung des Wagens in eine Rechtskurve, ohne die Vorderräder einzuschlagen oder zusätzlich Energie für das Lenken aufzubringen, schildern die Ingenieure. „Durch geschickte Ansteuerung und eine geeignete Radaufhängung lässt sich eine Lenkunterstützung während der Fahrt realisieren“, erklärt Schaeffler-Ingenieur Mayer. „Lediglich die Lenkung im Stand ist bei konventioneller Auslegung noch eine Herausforderung.“
Steuerung über unterschiedliches Dehmoment
„Die Lenkkraftunterstützung wird durch unseren Ansatz Teil des Antriebstranges“, erläutert Frey, der am Institut für Fahrzeugsystemtechnik des KIT forscht. Das Einlenken der Vorderräder erfolgt ohne zusätzliche Energie. „Wir wollen damit auch die Fahrqualität deutlich erhöhen. Kundennutzen, Komfort, Sicherheit und Zuverlässigkeit gehen hier Hand in Hand.“
Erproben wollen die Forscher die Steuerungstechnik in der Formula Student. Der Rennwagen der KIT-Hochschulgruppe KA-RaceIng wird mit der Technik ausgerüstet.
BMBF fördert das e²-Lenk-Projekt
Das Verbundprojekt e²-Lenk läuft seit Januar 2015 und ist das erste öffentlich geförderte Projekt der Forschungskooperation SHARE von KIT und Schaeffler. Das BMBF unterstützt die Forschungsarbeiten mit 600.000 Euro in den nächsten drei Jahren.
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