Pkw-Antrieb 20.03.2009, 19:40 Uhr

Mit variabler Verdichtung laufen Automotoren sparsam und sauber  

Motoren mit kleinen Hubräumen senken Reibungs- und Wärmeverluste und arbeiten in einem Bereich mit hohem Wirkungsgrad bei moderater Leistungsanforderung. Darüber hinaus bieten sie mit Aufladung viel Leistung: Dieses „Downsizing“ gilt als wichtiger Ansatz für effiziente Antriebe. Doch bei Ottomotoren gibt es ein Problem: Bei Volllast neigen sie zum „Klopfen“, deswegen werden sie mit geringer Verdichtung betrieben. Weil das bei Teillast auf den Verbrauch schlägt, sucht man Lösungen für eine variable Verdichtung. VDI Nachrichten, Düsseldorf, 20. 3. 09, WOP

Zeiten ändern sich. Eine Luxuslimousine mit einem 1,8-l-Vierzylindermotor auszustatten, war lange undenkbar. Genau das hat Daimler beim Mercedes-Benz F 700 getan – Gewicht 1,7 t, Länge 5,2 m – und viel Lob geerntet. Denn das Forschungsauto offenbart das enorme Potenzial des „Downsizing“ neben der motorischen Raffinesse wirkt seine Hybridisierung beinahe profan.

Im Teillastbereich entwickelt der „Diesotto“ die positiven Eigenschaften eines Diesels

Der Ottomotor läuft mit Benzin, zeitweise als Selbstzünder wie ein Diesel. Daimler nennt das „Diesotto“. Mit einem umfassenden Technologiepaket kitzeln die Ingenieure 175 kW und 400 Nm aus 1,8 l Hubraum und das mit einem Durchschnittsverbrauch von 5,3 l/100 km (127 g CO2/km). Während der Benziner bei Start und Volllast normal mit Zündfunken arbeitet, stellt er bei Teillast auf kontrollierte Selbstzündung um.

Es gibt gleich mehrere Schlüsseltechniken für ein solches Betriebskonzept: Eine höchstgenau geregelte Direkteinspritzung, variabler Ventiltrieb, der mit Hilfe von Drucksensoren in den Zylindern gesteuert wird, und eine zweistufige Turboaufladung mit einem schnell ansprechenden, kleinen Turbolader für niedrige Drehzahlbereiche und einem großen Niederdrucklader. Ein wesentlicher Baustein des Konzeptes ist dabei die variable Verdichtung.

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Eine Mechanik im Kurbelgehäuse passt das Verdichtungsverhältnis, also die Relation zwischen Brennraumvolumen vor und nach der Verdichtung, an den Betriebszustand an. Die Verdichtung im Diesotto-Motor schwankt laut Daimler zwischen 7:1 bei Volllast und 14:1 im Teillastbetrieb. Hier sorgt die hohe Verdichtung im Zusammenspiel mit Direkteinspritzung und Ventiltrieb für die kontrollierte Selbstzündung, und damit für eine homogene, effiziente Verbrennung des Benzin-Luftgemischs.

Seit Langem hegen Entwickler von Benzinmotoren den Wunsch, das Brennraumvolumen der jeweils eingespritzten Kraftstoffmenge anzupassen. Denn während Diesel selbst bei hoher Verdichtung (19:1) ruhig laufen, neigt zu stark verdichtetes Benzin/Luft-Gemisch im Volllastbetrieb zu unkontrollierten Selbstzündungen. Um diesem „Klopfen“ vorzubeugen, arbeiten Ottomotoren in der Regel mit einem Verdichtungsverhältnis unter 10:1. Das schlägt auf den Verbrauch bei Teillast.

Hintergrund: Werden bei Volllast 2 g Benzin eingespritzt, muss für eine vollständige Verbrennung das 14,7-Fache an Luft in den Brennraum, also 29 g. Kommt dann bei Teillast, die im Stadtverkehr die Regel ist, nur ein Fünftel durch die Drosselklappen, verlieren sich statt 31 g bei Volllast ganze 6,2 g Luftmasse im Brennraum. Das Gemisch mit geringerer Dichte im gleichen Brennraumvolumen verbrennt langsamer, und zugleich japst der Motor nach Luft. Dabei kann der Wirkungsgrad um ein 2,5-Faches unter das Optimum sinken.

Das Kippen des Zylinderkopfes vergrößerte oder verkleinerte den Brennraum

Vor diesem Hintergrund erhält die variabler Verdichtung ihren Charme. Saab stellte Anfang 2000 ein Konzept mit einem flexibel gelagerten Zylinderkopf vor. Er ließ sich mit Hilfe eines hydraulischen Aktuators kippen – je nach Neigung vergrößerte oder verkleinerte sich der Brennraum. Resultat: Ein Verdichtungsverhältnis zwischen 8:1 und 14:1. Doch der in sich bewegliche Motor warf neue Probleme auf. Er war schwierig zu dämpfen, brauchte einen flexiblen Abgaskrümmer und auch die heute übliche Vierventiltechnik mit Direkteinspritzung ist in einem beweglichen Zylinderkopf schwer zu realisieren.

Auch die FEV Motorentechnik GmbH arbeitet seit einem Jahrzehnt an der variablen Verdichtung. Die Aachener verfolgen zwei Konzepte, die jeweils auf exzentrischer Lagerung basieren. Wahlweise hebt und senkt ein mechanisch gelenkter Exzenter im Kurbelwellenlager die Basis von Kolben und Pleuel. Oder der Kolbenbolzen ist exzentrisch am Pleuel gelagert.

Voraussetzung für die Kurbelwellenlösung sind extreme Bauteilgenauigkeit und eine Kupplung, um die mechanische Antriebsleistung von der „wandernden“ Kurbelwelle abzunehmen. Weniger komplex und produktionstechnisch beherrschbarer ist der neuere Ansatz. Zwei hydraulisch aktivierte Ärmchen direkt am Pleuel drehen den Exzenter am Kolbenbolzen, um so die Länge der Pleuel-Kolbeneinheit zu variieren. Entwickler von FEV haben ein schaltbares Hydrauliksystem ersonnen, das die Gas- und Massenkräfte des Viertaktbetriebes nutzt. Der einfache, bauraumneutrale Weg erlaubt eine Verdichtung zwischen 8:1 und 13:1.

Einen aufwendigeren Weg beschreitet die französische MCE-5 Development, die einen neuen Motor entwickelt. Beim Genfer Autosalon (5. bis 15. März) war er in einem Peugeot 407 zu sehen. Das 1,5-l-Aggregat erlaubt ein Verdichtungsverhältnis von 7:1 bis 18:1, weicht in der Konstruktion aber von bisherigen Motoren deutlich ab, um das zu erreichen.

Beim MCE-5-Motor läuft parallel zum Kolben in der Zylinderbohrung ein hydraulischer Nachlaufzylinder im Kurbelgehäuse, der von Gasdruck und Trägheitsmomenten des Motors auf und ab bewegt wird. Ein Transmissionsrad vermittelt dieses Auf und Ab an den Kolben.

Zudem verbindet das Transmissionsrad den Kolben über dessen flaches, beiderseits gezahntes Pleuel mit der Kurbelwelle. Die gezahnte Pleuelrückseite läuft über eine gezahnte Rolle, die es an der ebenfalls gezahnten Wand des Kurbelgehäuses entlangführt. Dank dieser Führung kann ein sehr kurzer Kolben eingesetzt werden. Als weiterer Vorteil nennt man bei MCE-5, dass die Verdichtung sich für jeden Zylinder einzeln kontrollieren lässt. Sie sind guten Mutes, dass der Motor 2010 bis 2012 in Serie gehen und ab 2015 bei unterschiedlichen Herstellern eingesetzt werden wird.

Allerdings feilen Ingenieure der Branche bereits an neuen Verfahren, die ganz ohne Mechanik auskommen. Die Idee: Im Teillastbetrieb soll ein Teil des Abgases im Brennraum bleiben. Die Einlassventile lassen nur die benötigte Menge Frischluft ein, die sich wegen des Druckunterschieds zum komprimierten Abgas in der Mitte des Brennraums sammelt. In dieses Frischluftnest injizieren die Einspritzdüsen Kraftstoff.

Durch die begrenzte Gemischzone brennt das Gemisch dort so schnell durch, wie im gefüllten Brennraum bei Volllast, wobei die thermischen Verluste sogar noch sinken. Denn über die verbliebene Abgasmasse lässt sich nicht nur die Verdichtung steuern, die heiße Luft legt sich als isolierende zweite Wand vor die Brennraumwände. P. TRECHOW

 

Ein Beitrag von:

  • Peter Trechow

    Peter Trechow ist Journalist für Umwelt- und Technikthemen. Er schreibt für überregionale Medien unter anderem über neue Entwicklungen in Forschung und Lehre und Unternehmen in der Technikbranche.

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