Elektro-Segler kann flüchtende Täter aus der Luft überwachen
Terroristen, Bankräuber, Entführer: Sie alle werden das elektrisch angetriebene Segelflugzeug Antares verfluchen, wenn sie auf der Flucht sind. Antares fliegt nicht nur lautlos, der Segler kann mit seiner Spezialkamera aus sicherem Abstand die Verfolgung übernehmen und Luftbilder in Echtzeit an die Polizei übermitteln.
Es ist die Kameratechnik und der besonders leise Antrieb, der den Motorsegler Antares zu einem schlagkräftigen Helfer der Polizei macht. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und das Hessische Landeskriminalamt (HLKA) haben den Motorsegler mit einem neuentwickelten Beobachtungssystem getestet, mit dem verdächtige Fahrzeuge unauffällig und aus sicherem Abstand aus der Luft über größere Strecken beobachtet werden können. Die Tests zeigen: Das System funktioniert.
Da konventionelle Hubschrauber viel zu laut sind, hat das DLR den weiterentwickelten Motorsegler Antares des Zweibrückener Herstellers Lange Aviation für den Testflug eingesetzt. Eine spezielle Kameratechnik samt Bildverarbeitungssoftware ermöglichte die Übertragung von Echtzeitbildern per Mikrowellen-Datenlink.
Wendiger Motorsegler verfolgt Testauto
Im Testflug verfolgte Antares ein Testfahrzeug auf einer Autobahn, das Geschwindigkeiten zwischen 70 und 210 Kilometer pro Stunde fuhr und dabei mehrere ungeplante Stopps auf Rastplätzen einlegte. Der Motorsegler konnte das Fahrzeug problemlos verfolgen. Auch Richtungswechsel machten der Technik keine Probleme.
Der erfolgreiche Test zeigt: Bei der Verfolgung von Tätern könnte Antares eine unauffällige Beobachtung durch die Polizei ermöglichen. Dank seines leisen Elektroantriebes und seinen optimalen Segelflugleistungen kann der Motorsegler unauffällig Verdächtige erfassen und die Daten in Echtzeit übermitteln.
DLR-Forscher Dr. Josef Kallo sieht aber auch Einsatzmöglichkeiten in anderen Bereichen als der Fahrzeugverfolgung. „Das System kann beispielsweise auch beim Management von Großveranstaltungen zur Erfassung großer Menschenmengen oder als Relaisstation für die Funkübertragung eingesetzt werden und dort die Sicherheit erhöhen“, so Kallo. Auch ein Einsatz in Krisen- und Katastrophengebieten und in der Erkundung von Pipelines ist denkbar.
Stromversorgung durch Brennstoffzelle oder Akku
Seit 2009 hat das DLR gemeinsam mit Lange den Segler auf Basis des Flugzeuges Antares 20E entwickelt. Inzwischen gibt es zwei Versionen des Antares DLR-H2: Bei der jüngsten Version wird der Strom in einer Batterie gespeichert, in der weiteren Version erzeugt eine Brennstoffzelle an Bord den Strom für den Elektroantrieb.
Für beide Versionen wurde die Antares DLR-H2 mit zwei zusätzlichen Außenlastbehältern unter den deshalb verstärkten Tragflächen ausgerüstet. Unter der linken Tragfläche arbeitet die Brennstoffzelle, rechts wurde der Drucktank eingebaut, der bei 350 bar fünf Kilogramm Wasserstoff fasst. Dieser verbesserte Tank ermöglicht eine Reichweite von mehr als 750 Kilometern.
Um trotz der Außenlastbehälter die Aerodynamik des Flugzeuges nicht über Gebühr zu stören, wurde das gesamte Flugzeug strömungstechnisch neu optimiert. Ziel war es, turbulente Luftströmungen an allen Flächen zu vermeiden. Die zusätzlichen Luftwiderstände im Vergleich zum Serienmodell Antares 20E betragen weniger als zehn Prozent bei einer möglichen zusätzlichen Last von mehr als 200 Kilogramm. Durch die Verbesserungen kann das Flugzeug bis zu einer Geschwindigkeit von bis zu 300 km/h flatterfrei fliegen. Aktuell liegt die Höchstgeschwindigkeit des Flugzeuges bei 176 km/h.
Brennstoffzellensystem direkt mit der Motorsteuerung verbunden
Bei der Kopplung des Brennstoffzellensystems mit dem Antriebsstrang ist das DLR nach eigenen Angaben neue Wege gegangen. „Aufgrund des weiten Spektrums der Eingangsspannung kann der Motor bei einer Effizienz von über 92 Prozent von 188 bis 400 Volt flexibel betrieben werden“, so das DLR.
Damit entfalle der Schritt der Spannungsstabilisierung. Deshalb ist das Brennstoffzellensystem direkt mit der Steuerungseinheit des Motors verbunden, was die Effizienz des Antriebs erhöht. „Der elektrische Antrieb des Flugzeugs ist sehr leise, effizient und zuverlässig“ freut sich Dr. Josef Kallo, verantwortlicher Teilprojektleiter für Antares am DLR-Institut für Technische Thermodynamik in Stuttgart.
Die Gesamteffizienz des Antriebs vom Tank bis zum Antriebsstrang inklusive Propeller gibt das DLR mit bis zu 40 Prozent an. Im besten Arbeitspunkt sei das etwa doppelt so hoch wie bei herkömmlichen, auf Verbrennungstechnik basierenden Antriebstechniken. Dort können nur zwischen 18 und 25 Prozent der Energie aus dem Kerosin oder Diesel tatsächlich für den Antrieb bereitgestellt werden.
Doch inzwischen gibt es auch eine reine Elektroversion des Segelflugzeuges. Die Brennstoffzelle wird dann durch einen Akku mit einer elektrischen Leistung von 50 Kilowatt ersetzt. Die Leistung reicht, um den Motorsegler eine Stunde und 45 Minuten in der Luft zu halten. Bei durchschnittlichen Windbedingungen kommt das Flugzeug damit rund 200 Kilometer weit. Das DLR ist übrigens nicht der einzige in Deutschland, der Elektroflugzeuge entwickelt. Auch Airbus hat 2014 einen Flieger mit Elektroantrieb in die Luft geschickt.
Bei der Verfolgung von Verbrechern kommt deshalb eher die Brennstoffzellen-Version der Antares in Frage, denn das Aufladen des Akkus dauert neun Stunden. Das ist nun wirklich zu lange, um bei der Verfolgung am Ball zu bleiben.
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