Reifen ohne Luft 20.06.2017, 07:29 Uhr

3D-Druck: Michelin verwandelt Sommer- in Winterreifen

Michelin plant die Revolution des Autoreifens: Der Reifen der Zukunft muss weder mit Luft befüllt noch gewechselt werden. Der Reifen entsteht mittels 3D-Drucker. Abgefahrene Reifen lassen sich wieder auf Vordermann bringen oder Sommer- in Winterreifen verwandeln. Und dann soll der neue Reifen auch noch biologisch abbaubar sein. 

Michelins Konzeptreifen Vision stammt aus dem 3D-Drucker, benötigt keine Luft und besteht aus biologisch abbaubaren Rohstoffen. 

Michelins Konzeptreifen Vision stammt aus dem 3D-Drucker, benötigt keine Luft und besteht aus biologisch abbaubaren Rohstoffen. 

Foto: Michelin

Es waren die Michelin-Brüder André und Édouard, die ab 1891 die ersten Luftreifen produzierten. Jetzt will das französische Unternehmen Michelin wieder Vorreiter sein – und diesmal die Luft rauslassen aus seinen Reifen. Auf seiner dreitägigen hauseigenen Konferenz MovinOn in Montréal präsentierte Michelin seinen Konzeptreifen „Vision“. Und der ist ohne Luft, eine Einheit aus Reifen und Felge, bei der es auf die spezielle Struktur ankommt. Das Material soll umweltfreundlich sein, produziert wird mit dem 3D-Drucker. Mit Sensoren bestückt ist der Reifen der Zukunft zudem noch smart, analysiert beispielsweise Straßenzustände.

Umweltfreundliche Materialien: der Konzeptreifen Vision von Michelin soll biologisch abbaubar sein.

Umweltfreundliche Materialien: der Konzeptreifen Vision von Michelin soll biologisch abbaubar sein.

Quelle: Jimmy Hamelin/Michelin

Für Autofahrer hört sich das Konzept äußerst praktisch an: Die Luft an der Tankstelle prüfen: entfällt. Denn im Inneren der Reifen sieht es aus wie in der menschlichen Lunge mit ihren Lungenbläschen (Alveolen). Alevolarstruktur  nennt sich das. Und diese besondere Struktur soll die Luftfüllung der Reifen in Zukunft überflüssig machen. Sie hat einen soliden Kern in der Mitte und ist flexibel an den Seiten.

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Ladestationen für die Profilerneuerung

Völlig abgefahrene Reifen? Das kann mit Michelins Vision nicht passieren. Frühzeitig melden die Sensoren am smarten Reifen, wenn das Profil ein kritisches Niveau erreicht hat. Dann müssen aber keine neuen Reifen her, sondern das abgefahrene Material lässt sich einfach per 3D-Drucker durch neues ersetzen. Diesen Vorgang bezeichnet Michelin als „Aufladen“.

Im Inneren der Reifen sieht es aus wie in der menschlichen Lunge mit ihren Lungenbläschen (Alveolen). Alevolarstruktur nennt sich das. 

Im Inneren der Reifen sieht es aus wie in der menschlichen Lunge mit ihren Lungenbläschen (Alveolen). Alevolarstruktur nennt sich das.

Quelle: Jimmy Hamelin/Michelin

Dafür sollen dann entsprechende Servicestationen aufgebaut werden. Dort könnten mit Hilfe des Druckers auch aus Sommerreifen unkompliziert Pneus für den Winter gemacht werden. So erklärt Michelin im Video, dass die Lauffläche des Reifens an verschiedene Straßenbedingungen, Klima und Fahrstile angepasst werden kann. Und präsentiert ein Szenario, bei dem ein Fahrer einen Boxenstopp bei einer 3D-Druckstation auf dem Weg in die Berge macht, um sich mal eben Winterreifen „aufladen“ zu lassen.

Dabei bereiten weder Planung noch Ausführung dem Autobesitzer große Umstände: Mit einem einfachen Klick auf den Bildschirm kann der Verbraucher einen Termin für das „Aufladen“ seiner Reifen wählen. Und währenddessen  muss er nicht anwesend sein. Er kann die Zeit zum Beispiel nutzen, um Eis essen zu gehen, schlägt Michelin vor. „Print & Go“ nennt das Unternehmen den Service.

19 Patente gibt es schon

Gestartet wurde das Projekt Vision im Herbst 2016 unter der Leitung des Michelin Corporate Innovation Board (CIB). „Vision ist ein Traum in Reichweite“, erklärt das Unternehmen. Hier füge sich zusammen, was unterschiedliche Forschungs- und Entwicklungsteams bereits vorangetrieben haben. 19 Patente wurden laut Michelin bereits eingereicht.

 

Vision wird vom Pariser Designer Mostapha El-Oulhani geleitet. Miteinbezogen in die Entwicklung wurden Autofahrer, Rennfahrer, Landwirte, Piloten, Ingenieure – und Kinder. Ihre Bedürfnisse an Mobilität wurden identifiziert. Sicher sollen die Reifen sein, bei allen Wetterbedingungen greifen und effektiv bremsen. Großen Wert legten die Befragten aber auch auf Nachhaltigkeit, sie wollen sauber verbrauchen. Und deshalb soll der Reifen der Zukunft ein vollständig biologisch abbaubarer und „wiederaufladbarer“ sein.

Besondere Reifen

Seit Jahren schon forscht Continental an „Reifen aus der Pusteblume“. Dazu arbeitet das Unternehmen mit dem Fraunhofer Institut für Molekularbiologie und angewandte Ökologie (IME) zusammen. Ziel: Der Einsatz von Naturkautschuk aus der Wurzel des Löwenzahns als wirtschaftlich nutzbarer Ersatz des Naturkautschuks aus dem Regenwald.

Der Konzeptreifen von Goodyear kann aus der Strahlungswärme der Sonne und der mechanischen Belastung während der Fahrt Strom erzeugen und diesen beim Elektroauto an die Akkus abführen.

Der Konzeptreifen von Goodyear kann aus der Strahlungswärme der Sonne und der mechanischen Belastung während der Fahrt Strom erzeugen und diesen beim Elektroauto an die Akkus abführen.

Quelle: Goodyear

Und Goodyear hat auf dem Genfer Autosalon 2015 den Prototypen einen Reifens mit piezo- und thermoelektrischen Generatoren unter der Lauffläche vorgestellt, die während der Fahrt Strom herstellen. 

 

Ein Beitrag von:

  • Martina Kefer

    Diplom-Medienpädagogin und Ausbildung zur Journalistin beim Bonner General-Anzeiger

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