Greenpeace-Studie entlarvt giftige Garne
Textilien großer Modemarken enthalten Schadstoffe, wie eine aktuelle Untersuchung von Greenpeace zeigt. Der Umweltverband fordert die Marken auf, bei der Herstellung ihrer Textilien auch etwa in Asien auf EU-Standards im Umwelt- und Arbeitsschutz zu setzen.
Weltweit demonstrierte Greenpeace vor Filialen der Modekette Zara etwa in Bangkok, Istanbul, Mexiko City und Peking. In 22 deutschen Städten sprühten Aktivisten den Schriftzug Detox (Entgiften) auf Schaufenster der Modekette. „Wir fordern das Unternehmen auf, schadstofffreie Kleider anzubieten“, erklärte Umweltaktivistin Christiane Huxdorff, als sie half, vor der Hamburger Filiale ein 84 m² großes Transparent zu hängen.
Es geht um Schutz der Gesundheit und der Umwelt. „Marken wie Zara missbrauchen bei der Textilherstellung Flüsse als private Abwasserkanäle“, sagt Huxdorff. Und die weltweit eingesetzten Schadstoffe seien auch im menschlichen Blut nachweisbar. Der Umweltverband kritisiert vor allem die Fertigung schnelllebiger Massenware, die kaum getragen und schnell weggeworfen wird.
Greenpeace lässt stichprobenartig 141 Kleidungsstücke aus 29 Ländern untersuchen
Insgesamt ließ Greenpeace stichprobenartig 141 Kleidungsstücke aus 29 Ländern durch das eigene Labor im britischen Exeter auf Schadstoffe testen. Zu den Artikeln für Herren, Damen und Kinder zählten Jeans und Hosen, T-Shirts, Kleider und Unterwäsche von 17 Modehäusern wie Armani, Benetton, C&A, Levi“s, Tommy Hilfiger und Zara.
In fast zwei Dritteln aller Textilien konnte das Labor Nonylphenolethoxylate (NPE) nachweisen. Das sind Tenside, mit denen sich Waschprozesse im Rahmen der textilen Fertigung hervorragend durchführen lassen. In der EU dürfen sie seit 2005 nicht mehr zur Textilbearbeitung eingesetzt werden, da dessen Abbauprodukt Nonylphenol fischgiftig ist. Das höchstbelastete Kleidungsstück war ein T-Shirt von C&A aus Mexiko.
Bei krebserregenden Aminen, Abbauprodukten von Azofarbstoffen, sah es besser aus. Hier wurde das Labor nur bei zwei Jeans der Modemarke Zara, die aus Pakistan stammen, fündig. Ein besonderes Augenmerk legte Greenpeace auf 31 Kleidungsstücke – T-Shirts, Unterwäsche, ein Regenmantel –, die bedruckt waren. In jedem dieser Aufdrucke, die aus einem Polymer, Weichmachern und Farbstoffen bestehen, fand das Labor hormonell wirksame Phthalate. Der Aufdruck eines T-Shirts von Tommy Hilfinger aus Bangladesh bestand zu mehr als einem Drittel aus solchen Weichmachern.
Reaktion auf Greenpeace-Studie: C&A nimmt beanstandete T-Shirts vom Markt
Erste Marken haben reagiert. C&A kündigte an, das beanstandete T-Shirt vom Markt zu nehmen. Die spanische Inditex-Gruppe, zu der Zara gehört, behauptet, sehr umweltfreundlich zu produzieren, und betont, eigene Analysen würden derartige Schadstofffunde nicht zeigen.
Greenpeace aber verteidigt die Untersuchungen. Hier steht Aussage gegen Aussage. „Letztlich werden Verbraucher eine Modemarke wie Zara beim Wort nehmen und selber entscheiden, ob sie den Ankündigungen trauen“, sagt Huxdorff. Greenpeace werde am Ball bleiben. Die aktuelle Analyse ist Teil der langjährigen Kampagne Detox, mit der der Verband Modehäuser immer wieder mit der Realität konfrontieren will – mit dem Ziel, gefährliche Substanzen aus der Produktion zu verbannen.
Greenpeace kritisiert Doppelstandards für Textilhersteller
Greenpeace prangert Doppelstandards an. Während Textilhersteller in der EU vielerlei Richtlinien beachten müssen, fehlen etwa in China gesetzliche Standards hinsichtlich Produktionsverfahren in Bezug auf Chemikalien, insbesondere aber auch im Hinblick auf ihre Verwendung. Und dort, wo es derartige Regeln gibt, werden diese häufig weder beachtet noch kontrolliert. So können Hersteller mit guten Willen wie Adidas, Nike oder H&M zwar ihre direkten Lieferanten kontrollieren, diese wiederum haben aber kaum Zugriff auf oft tausende Lieferanten von Chemikalien. „Kein Schuh- und Textilhersteller kann seine Lieferkette in weiten Teilen Asiens vollständig kontrollieren“, sagt auch Alex Föller, Geschäftsführer des Verbands der Textilhilfsmittelhersteller Tegewa mit Sitz in Frankfurt am Main.
Was tun? Die Produktionsbedingungen etwa in Bangladesh oder China lassen sich nicht innerhalb weniger Jahre auf das Niveau Westeuropas überführen. Die EU muss daher eigene Wege gehen, um sicherzustellen, dass für importierte Kleider die gleichen Bedingungen gelten wie für in der EU hergestellte Ware.
Eine einfache Lösung gebe es aber nicht, so Föller. Eine Beschränkung des Gehalts an NPE in importierten Textilien durch die Chemikalienverordnung Reach wäre zwar eine denkbare Option, die Einhaltung aber schwer zu kontrollieren. Hilfreich wäre auch die Zusage aller Brands, ihre Lieferketten zu veranlassen, Textilien künftig ohne Verwendung von NPEs produzieren zu lassen.
Doch auch eine solche Zusage müsste bei den Zulieferern immer wieder kontrolliert werden. Dabei gehe es nicht wirklich um Geld, so Föller. „Durch den Einsatz einer ,grüneren‘ Chemie würden sich etwa Sportschuhe nur um 1 € bis 2 € verteuern – wenn überhaupt.“ Und keine Frage: Von einer strengen Regelung für NPEs in importierten Textilien könnten europäische Hersteller von Ersatzstoffen profitieren.
Auch der Verbraucher könne etwas tun, ergänzt Huxdorff. Ein neuer Greenpeace-Ratgeber hilft beim Kauf giftfreier Mode. Die Broschüre zeigt, wie manche Label den Einsatz schädlicher Stoffe vermeiden.
Umweltbewusste Verbraucher sollten am ehesten zu Kleidung greifen, die das Zeichen des Internationalen Verbandes der Naturtextilwirtschaft (IVN Best) oder des Global Organic Textile Standard (GOTS) trägt. Bei so gekennzeichneter Kleidung hätten deren Hersteller zugesagt, die gesamte textile Kette vom Anbau der Baumwolle bis zum weitgehend rückstandsfreien Produkt zu kontrollieren. Der Einsatz giftiger Chemikalien wie NPE und Weichmacher ist diesen Labeln verboten.
Anm. der Redaktion: Als Reaktion auf die Detox-Kampagne von Greenpeace kündigte die spanische Modekette Zara am 29.November nach Drucklegung der Printausgabe an, bis zum Jahr 2020 alle gesundheits- und umweltschädlichen Chemikalien aus ihrer Produktion verbannen zu wollen.
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