Hochschule Konstanz eröffnet Wasserstofftankstelle am Bodensee
Brennstoffzellen sind nicht nur für Autos interessant, sondern auch für Schiffe – davon sind zumindest Forscher der Hochschule Konstanz überzeugt. Sie haben deswegen am Bodensee eine Wasserstofftankstelle gebaut, die die Brennstoffzellen ihres Forschungsschiffs Solgenia mit Treibstoff versorgt.
Es kann durchaus als Marathonstrecke bezeichnet werden, was die Hochschule Konstanz da hinter sich hat. Mehr als zehn Jahre Planung, Finanzierung, Genehmigung und Realisierung hat es gebraucht, bis jetzt die erste Wasserstofftankstelle am Bodensee ihren Betrieb aufnehmen konnte. Abnehmer des regenerativen Treibstoffes ist das Forschungsschiff Solgenia, ein Solarboot von 8,5 Metern Länge und einer Breite von 2,5 Metern.
Weltweit erstes Forschungsschiff mit Elektro-Hybridantrieb
Die Solgenia ist ein Solarboot, welches sowohl mit Batterien, die aus Photovoltaikzellen gespeist werden, wie auch mit zwei Brennstoffzellen mit jeweils 1,2 kW angetrieben werden kann. Das 2007 erbaute Forschungsschiff ist überhaupt das erste Schiff weltweit, das mit einem neuartigen PV-H2-Elektro-Hybridantrieb läuft. Auf diesem schwimmenden Labor können nun Studierende und Wissenschaftler der Hochschule Konstanz für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) erforschen, welche Chancen der Wasserstoffantrieb und die Hybridtechnik im Schiffverkehr bietet.
Dabei wurde die Hybridversorgung ganz bewusst gewählt. Der Wandler für die Photovoltaikzellen ist nicht regelbar, der Wandler für die Brennstoffzellen hingegen schon. So entsteht zusammen mit den beiden Energiespeichern Wasserstofftank und Batterie ein einfaches, überschaubares System, in dem ein Energiemanagement überhaupt erst möglich ist.
Zwölf Speicherflaschen stehen im Sicherheitskäfig
So sieht sie aus, die erste vollständige Wasserstoff-Energiekette für die Schifffahrt: Auf dem Dach der Hochschule ist eine Solaranlage montiert. Diese liefert die Energie, mit der im Labor der HTWG Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Mit dem Wasserstoff werden über dünne Leitungen zwölf körperhohe Speicherflaschen mit jeweils 50 Litern Inhalt mit maximal 300 bar befüllt. Sie stehen in einem Sicherheitskäfig auf dem Campusgelände am Seerhein. Im Falle eines Lecks in einem Ventil kann der flüchtige Wasserstoff einfach ins Freie abziehen. Zudem registriert ein Sensor entweichenden Wasserstoff.
Mehrfach abgesichert sind auch die Leitungen, die den Wasserstoff zum Schwimmsteg der Solgenia führen. Dort wird das Solarboot in ein bis zwei Minuten mit dem regenerativen Energieträger betankt. Prof. Richard Leiner von der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik erklärt, dass es sich bei diesem Vorgang um ein Überströmen des Wasserstoffes handelt. Durch den Druckausgleich zwischen Schiff und Lager füllt sich der Tank.
Entwickelt hat die vollständige Wasserstoff-Energiekette – inklusive Wasserstoffspeicherung, Brennstoffzellen und Sicherheitstechnik – die Konstanzer Firma zebotec, die sich auf die Null-Emissionstechnologien spezialisiert hat.
Schwimmendes Labor für sieben Bachelor-Arbeiten und zwei Master-Arbeiten
Die komplette Regelung, Steuerung und Datenverarbeitung auf dem Solarschiff wurde von Studierenden erarbeitet. Mit einem beachtlichen Output: Sieben Bachelor-Arbeiten, neun Master-Projekte und zwei Master-Arbeiten sind bisher im Rahmen der Arbeit auf und mit dem schwimmenden Labor entstanden.
Eine Studienarbeit hat sich zum Beispiel mit dem Energiemanagement an Bord der Solgenia beschäftigt. Das daraus entstandene System setzt jetzt die vorhandene Energie an Bord in Relation zu Geschwindigkeit und geplantem Reiseziel. Das System berechnet daraus die Vorgaben an den Skipper. Die Solgenia kann dank des 70-Liter-Drucktanks bis zu 60 Kilometer alleine mit der Wasserstoffreserve zurücklegen.
„Wasserstoff ist einfach nur genial“
„Aus meiner Sicht ist Wasserstoff einfach nur genial“, betont Prof. Richard Leiner. Er ist einer der Väter der Wasserstofftankstelle am Bodensee. „Ich kenne kein anderes Schiff mit der Kombination.“ Der Verbrauch des Wasserstoffs hinterlässt null Umweltschaden, Wasserdampf als Emission der Schifffahrt.
„Schon während des Studiums war mir klar, dass unser großzügiger Umgang mit fossilen Energien nicht so weiter gehen kann und wir nach Alternativen forschen müssen“, sagt Prof. Udo Schelling von der Fakultät für Maschinenbau, der für die Wasserstoff-Erzeugungsanlage zuständig ist. Das größte Problem bei der Wasserstofftechnologie ist die flächendeckende Versorgung mit dem alternativen Treibstoff. Da hilft auch die neue Wasserstoff-Tankstelle am Seerhein, dem etwa vier Kilometer langen Verbindungsfluss zwischen dem oberen und dem unteren Bodensee, nicht weiter. Denn diese dient ausschließlich zur Befüllung der Solgenia und ist keine öffentliche Tankstelle.
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