Mit Nachrüstsatz E-Bike bauen 03.07.2014, 15:25 Uhr

Der leichte Velospeeder bringt elektrischen Rückenwind ans Fahrrad

Mit zwei winzigen Elektromotoren lässt sich jedes handelsübliche Fahrrad rasch in ein vollwertiges E-Bike verwandeln. Die gesamte elektrische Einheit wiegt nur 1,6 Kilogramm. Das macht den Velospeeder tauglich als elektrische Unterstützung für das Alltagsfahrrad.

Klein und unauffällig sitzt der Velospeeder an der Felge und gibt dem Fahrradfahrer elektrischen Rückenwind.

Klein und unauffällig sitzt der Velospeeder an der Felge und gibt dem Fahrradfahrer elektrischen Rückenwind.

Foto: Velogical

Mit Drehbewegungen kennt Diplom-Ingenieur Peter Frieden sich bestens aus – er hat die international bekannte Kleinwindanlage Easywind 6 entwickelt, die auch bei Sturm problemlos Strom erzeugt. Jetzt will Frieden den Fahrradmarkt aufmischen: Er hat einen Nachrüstsatz für konventionelle Fahrräder gebaut, der diese in ein vollwertiges E-Bike verwandelt. Das Besondere: Dieser Nachrüstsatz wiegt nur 1,6 Kilogramm und bringt trotzdem bis zu 600 Watt an das Hinterrad. „Unser Antrieb ist definitiv der leichteste, den es gibt“ ist sich Albrecht Ogando von Velogical sicher. Bei einem normalen E-Bike wiegt das elektrische Antriebs-Set acht bis elf Kilogramm.

Nachrüstsatz besteht aus zwei Miniaturmotoren

Der Velospeeder genannte Nachrüstsatz besteht aus zwei Miniaturmotoren, die eine mittlere Antriebsleistung von 300 Watt und in der Spitze sogar 600 Watt liefern. Sie erzeugen ein Drehmoment von bis zu 40 Newtonmeter. Der zum Velospeeder gehörende Akku liefert 92 Wattstunden. Die Lithium-Polymer-Batterie erlaubt einen tretunterstützten Radius von rund 25 bis 50 Kilometern. Die unauffällige Konstruktion erinnert eher an einen Dynamo. Und das hat einen Grund: Die Firma Velogical hat nämlich einen Felgendynamo entwickelt, der mit einer minimalen Bremswirkung von weniger als einem Newton unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegt.

Winziger Felgendynamo wiegt keine 60 Gramm

Auch dieser Felgendynamo besticht durch sein geringes Gewicht von unter 60 Gramm, was ihn zum Einbau in Sport- und Rennräder eignet, wo bekanntlich um jedes Gramm erbittert gerungen wird. Mit diesem Gewicht wiegt er nur ein Achtel eines Nabendynamos. „Die vermeintlichen Vorteile des Nabendynamos sind auch gleichzeitig seine Nachteile“, erklärt Ingenieur Frieden. „Er dreht nur mit Radfrequenz und für eine Elektromaschine damit viel zu langsam, ist folglich zu schwer und zu teuer und vor allem, er dreht sich immer mit und erzeugt zusätzliche Reibung, selbst wenn er nicht gebraucht wird.“

Bei 30 km/h ein Wirkungsgrad von über 60 Prozent

Der Compact Dynamo dreht etwa 20 Mal schneller als ein Nabendynamo und kann entsprechend klein und leicht gebaut werden. Das Kraftpaket hat bei 30 Kilometer pro Stunde Fahrtgeschwindigkeit einen Wirkungsgrad von mehr als 60 Prozent. Bei Geschwindigkeiten, die darüber liegen steigt der Wirkungsgrad bis auf 75 Prozent an. Der Seitenläufer-Dynamo kann bei Nichtgebrauch einfach weggeklappt werden. Doch durch die unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegende Bremswirkung kann der kleine Dynamo als Tagfahrlicht die Sicherheit im Straßenverkehr deutlich erhöhen.

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Der Dynamo ist mechanisch und elektrisch bis zu einer Spitzengeschwindigkeit von 100 Kilometer pro Stunde ausgelegt. Zudem ist er extrem wartungsarm. Velogical hat einen Dauer-Betriebstest mit dem Dynamo gemacht und nennt einen Wert für den Austausch des O-Ringes von 5000 bis 7000 Kilometern Dynamo-Dauerbetrieb. Der Dynamo erfüllt alle Vorschriften der Straßenverkehrsordnung und befindet sich derzeit im Zertifizierungsprozess.

Der Velogical-Dynamo ist nicht geregelt, das heißt je mehr der Radler tritt, desto mehr an Leistung kommt raus. Das macht den Dynamo interessant als Akku-Ladegerät, um zum Beispiel bei einer längeren Radtour Smartphone oder Laptop aufladen zu können. „Ein normaler geregelter Nabendynamo braucht rund acht Stunden Fahrtzeit, bis die Akkus voll sind“, sagt Ogando, „unser Dynamo schafft das in ein bis zwei Stunden.“ Er schränkt aber ein: „Dynamos sind keine Atomkraftwerke, es sind Minikraftwerke.“

Die Antriebskonstruktion findet den optimalen Anpressdruck von selbst

Mit den Erfahrungen aus der Dynamokonstruktion hat sich Ingenieur Frieden daran begeben, den kleinsten E-Bike-Nachrüstsatz für Fahrräder zu konstruieren. Er hat eine sogenannte frequenzabhängige Ansteuerung gewählt, um beim Anfahren Ampere zu sparen und bei Topspeed Ampere hinzugeben zu können. Es handelt sich beim Velospeeder um eine dynamisch passive Antriebskonstruktion, die bei jeder Fahrtgeschwindigkeit den optimalen Anpressdruck von selbst findet. „Für die Sicherheit bei Nässe gibt es eine mechanische Kopplung des feinjustierbaren Kontaktschalters mit einem Bowdenzug, der über einen modifizierten Gripshift am Lenker betätigt wird und über einen Tretsensor in Gang gesetzt wird“, erklärt Ogando.

2015 serienreif

Sein geringes Gewicht macht den Velospeeder zu einem alltagskompatiblen Helfer. Das Fahrrad kann weiterhin leicht über der Schulter getragen werden und ist gut in öffentlichen Verkehrsmitteln transportierbar. Der Fahrer kann jederzeit entscheiden, ob er den elektrischen Rückenwind dazu schalten will. Eine ganze Reihe von Untersuchungen haben ergeben, dass das Fahrradfahren insbesondere innerstädtisch mehr als nur ein Sommertrend ist. Und dieser Trend, das kann als sicher gelten, wird sich noch verstärken. Städte und Gemeinden werden daher ihre Verkehrskonzepte so ändern müssen, dass den Fahrradfahrern ein besseres Angebot zum Beispiel durch Fahrrad-Schnellwege gemacht wird. So wird der Velospeeder auch für Menschen interessant, die niemals ein E-Bike kaufen würden. Im Prinzip kann der elektrische Rückenwind an jedes Hollandrad montiert werden. Velogical plant aber, eigene Fahrradserien mit dem Velospeeder unter eigener Dachmarke zu vertreiben. Der Velospeeder – derzeit noch eine Vorserie – soll im nächsten Jahr auf den Markt kommen und preislich deutlich unterhalb bisheriger Nachrüst-Sets liegen.

Eine ebenfalls kreative Lösung hat sich die US-Firma Superpedestrian einfallen lassen: Das Start-up hat ein einzelnes Rad mit eingebautem Elektromotor, Akku und Sensoren entwickelt, das sich einfach anstelle des normalen Hinterrads montieren lässt und so ebenfalls jedes Standard-Fahrrad in ein E-Bike verwandeln kann.

 

Ein Beitrag von:

  • Detlef Stoller

    Detlef Stoller ist Diplom-Photoingenieur. Er ist Fachjournalist für Umweltfragen und schreibt für verschiedene Printmagazine, Online-Medien und TV-Formate.

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