Schutz vor NSA 24.06.2014, 16:55 Uhr

Russland baut eigene ARM-Prozessoren für Staatscomputer

Für Computer in Behörden und Industrie will Russland jetzt den eigenen ARM-Chip Baikal herstellen. Er soll das Land von den amerikanischen Herstellern AMD und Intel unabhängig machen. Denn hartnäckig hält sich das Gerücht, dass der US-Geheimdienst NSA die Chiptechnologie infiltriert hat. 

Russlands Präsident Wladimir Putin sieht die nationale Computerlandschaft nur ungern abhängig von amerikanischer Technologie. Der neue Computerchip Baikal soll zukünftig in Alt- und Neugeräten zum Einsatz kommen und Schutz vor der NSA bieten. 

Russlands Präsident Wladimir Putin sieht die nationale Computerlandschaft nur ungern abhängig von amerikanischer Technologie. Der neue Computerchip Baikal soll zukünftig in Alt- und Neugeräten zum Einsatz kommen und Schutz vor der NSA bieten. 

Foto: dpa

Wie die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass meldet, will Russland sich mit der Entwicklung eigener Computerprozessoren von amerikanischen Anbietern unabhängig machen. Dabei beruft sich Itar-Tass auf einen Bericht der überregionalen russischen Wirtschaftszeitung Kommersant. Das Projekt wurde von offizieller russischer Seite bisher noch nicht bestätigt.

Russischer Prozessor soll auf ARM-Architektur basieren

Bis 2015 soll der erste Baikal-Prozessor fertig sein. Entwickelt wird er von Baikal Electronics, einer Tochterfirma des Herstellers von Supercomputern, T-Platforms. Basieren soll Baikal auf dem Kern Cortex A-57. Dieser 64-Bit-SoC verfügt über acht Kerne bei einer Taktung von zwei Gigahertz und ist das schnellste Prozessordesign, das das britische Unternehmen Advanced Risc Machines (ARM) derzeit im Angebot hat.

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Anders als die amerikanischen Prozessorhersteller AMD und Intel fertigt ARM selbst keine Prozessoren, sondern verkauft modulare Designs zum Bau von Prozessoren. Chiphersteller können ARM-Lizenzen kaufen und dann um zusätzliche Peripherieelemente, wie Grafikkerne oder standardisierte Schnittstellen, erweitern und so einen eigenen System-on-a-chip entwickeln. Das beschleunigt die Entwicklung und verringert das Fehlerrisiko, weil das lizensierte Design bereits vielfach getestet worden ist.

Außerdem bekommen Unternehmen mehr Einblick und Kontrolle über das, was sie in ihre Geräte einbauen. Heute stecken auch in den meisten Tablets und Smartphones ARM-Kerne.

Russland hat scheinbar kein Vertrauen mehr in die Prozessoren von Intel. Es hält sich das Gerücht, dass die NSA sie als Einfallstor für Spionageangriffe nutzt. 

Russland hat scheinbar kein Vertrauen mehr in die Prozessoren von Intel. Es hält sich das Gerücht, dass die NSA sie als Einfallstor für Spionageangriffe nutzt.

Quelle: dpa

Hartnäckig halten sich aber immer wieder Gerüchte, das die amerikanische Sicherheitsbehörde NSA Hintertüren in die Chips von Intel und AMD einbauen lässt, mit denen sie sich Zugang und Kontrolle zu den Geräten verschafft. Ein Intel-Sprecher sagte dazu letztes Jahr, es gäbe „keine Basis für solche hochspekulativen Anschuldigungen“.

Russland kauft jährlich 700.000 PCs und 300.000 Server

In Russland will man ab kommendem Jahr nicht mehr auf amerikanische Anbieter angewiesen sein. Geplant ist offenbar eine Fertigung mit der derzeit am weitest verbreiteten Herstellungstechnik mit 28 Nanometern Strukturbreite. Laut Kommersant würden in Russland derzeit noch Chips mit einer Strukturbreite von 90 Nanometern hergestellt. Der Sprung auf 28 Nanometer würde riesige Mengen an Geldern verschlingen. Für 2016 soll dann sogar auf 16 Nanometer umgestellt und die Zahl der Kerne auf 18 erhöht werden.

Als Betriebssystem für die neuen russischen Rechner sind Linux-Systeme vorgesehen, auf die Russland ohnehin seit Ende 2010 verstärkt setzt. Der neue Baikal-SoC würde sowohl in PCs als auch in Mikroservern eingebaut, die für russische Behörden und vom Staat betriebene Unternehmen gebaut werden. Laut Itar-Tass kauft Russland jährlich 700.000 PCs zum Marktwert von 500 Millionen US-Dollar und 300.000 Server zum Marktwert von 800 Millionen Dollar.

 

Ein Beitrag von:

  • Gudrun von Schoenebeck

    Gudrun von Schoenebeck

    Gudrun von Schoenebeck ist seit 2001 journalistisch unterwegs in Print- und Online-Medien. Neben Architektur, Kunst und Design hat sie sich vor allem das spannende Gebiet der Raumfahrt erschlossen.

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