Bäume schreien bei Durst im Ultraschallbereich
Bäume senden bei Wassermangel Ultraschallwellen aus – jedes Mal, wenn der Wassernachschub abreißt. Dieses Geräusch und somit der Grad des Wassermangels ist mit feinen Mikrophonen messbar, wie französische Forscher nachgewiesen haben – ein wichtiger Beitrag zum Kampf gegen die Folgen des Klimawandels.
Wenn der Mensch ein feineres Gehör hätte, wäre es in Dürreperioden nicht auszuhalten in manchen Wäldern: überall Klagen und Schreien wegen akuten Wassermangels, und all das im Ultraschallbereich. Es sind aber keine Tiere, die diese Laute höchster Not von sich geben, sondern Bäume. Das haben französische Forscher jetzt bewiesen.
Im Fachblatt Journal of the Royal Society Interface beschreiben der Physiker Alexandre Ponomarenko vom Laboratoire Interdisciplinaire de Physique in Grenoble und sein Team, wie es zu den Ultraschallwellen kommt, die mit feinen Mikrophonen messbar sind. Ursache ist ein Abreißen des Wasserfadens, den der Baum nach oben saugt, und die daraus resultierende Bläschenbildung.
Phänomen war 30 Jahre unerklärt
Dass Bäume Ultraschallwellen erzeugen, ist schon seit den 1980er Jahren bekannt. 20 Jahre zuvor hatten Forscher sogar Klicklaute im hörbaren Bereich registriert. Sie bemerkten, dass diese Wellen besonders bei Wassermangel auftraten – die Ursache allerdings konnten sie damals nicht feststellen. Diese liefern die Grenobler Physiker jetzt nach. Für ihre Forschung lagerten sie fünf Zentimeter dicke Scheiben der Waldkiefer in Hydrogel. Das lässt Wasser, aber keine Luft durch. In trockener Umgebung verdunstete die Flüssigkeit aus dem Gel – die Kiefer-Stücke litten an Wassermangel.
Sie reagierten, wie auch vollständige Bäume reagieren: Bei starker Verdunstung in den oberen Bereichen der Pflanze entsteht Unterdruck. Über feine Gefäße saugt die Pflanze so Flüssigkeit nach oben. Auf diese Weise kann das Wasser nicht nur fünf Zentimeter in einer Holzscheibe überwinden, sondern von den Wurzeln eines ausgewachsenen Baums bis in die äußersten Spitzen gelangen. Problematisch wird es, wenn der Wassernachschub ausbleibt – es kommt zu Spannung in der Flüssigkeit und in den Gefäßen. Schließlich reißt die dünne Wassersäule ab. Es entsteht ein Vakuum, das sich mit Wasserdampf oder Luft füllt, die im Wasser gelöst war.
Zusammenhang zwischen Bläschenbildung und Geräuschentwicklung
Diesen Vorgang beobachteten die französischen Forscher mit einer hoch auflösenden Kamera. Zusätzlich verwendeten sie Mikrophone, fein genug, um die von Bäumen ausgesandten Ultraschallwellen zu registrieren. Das Ergebnis: Bis auf wenige Ausnahmen konnten die Forscher einen Zusammenhang zwischen der Bläschenbildung und den Geräuschen nachweisen. Wie die akustischen Signale entstehen, erklären sie so: In dem Moment, in dem die Wassersäule abreißt und sich das Bläschen bildet, geraten die dünnen Gefäßwände der Wasserbahn für Millisekunden in Schwingung: Ultraschallwellen entstehen.
Wie stark die Wellen sind, hängt davon ab, wie groß die Gefäße sind und wie trocken es ist. Der Baum – oder in diesem Fall die Versuchs-Kieferscheibe – schreit mit fortschreitender Trockenheit also stärker: unhörbar für Menschen, aber durchaus wahrnehmbar für feine Mikrophone. Die Ausnahmen, bei denen einem Bläschen kein Ton zugeordnet werden konnte, erklären die Forscher damit, dass das Signal selbst für diese zu schwach war.
Wichtige Erkenntnisse für den Schutz der Wälder
Die Ergebnisse der Grenobler Physiker tragen viel zum Schutz der Wälder bei, die wegen des fortschreitenden Klimawandels zunehmend von Trockenheit bedroht sind. „Es gibt nun ein großes Potenzial, mit einem einfachen und nicht invasiven Ultraschallsensor die Auswirkungen schwerwiegender Trockenperioden auf das Überleben der Wälder zu verfolgen“, erklären Alexandre Ponomarenko und seine Kollegen im Journal of the Royal Society Interface.
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