Wie eine künstliche Intelligenz in 3 Tagen zum Schachprofi wird
Giraffe lässt andere Schachprogramme alt aussehen: Die künstliche Intelligenz hat sich in nur drei Tagen das Schachspielen auf Weltniveau beigebracht. Schon schlägt sie 98 % der Schachspieler auf der Welt. Und die Software wird jeden Tag klüger.
Matthew Lai sorgt für frischen Wind in der Erforschung der künstlichen Intelligenz: Der Programmierer am Londoner Imperial College hat Giraffe erfunden – eine Maschine mit einem simulierten neuronalen Netzwerk, das dem menschlichen Gehirn nachempfunden ist. Es besteht aus mehreren Ebenen von Knotenpunkten, die neue Verbindungen schaffen und Lernen möglich machen.
Um Giraffe das Schachspielen beizubringen, hat Lai eine gigantische Datenbank entwickelt. Der Programmierer legte eine Sammlung von fünf Millionen Zufallspositionen an und erweiterte sie um 170 Millionen zufällig gewählte zulässige Züge. Dann spielte Giraffe gegen sich selbst. Dabei lernte die künstliche Intelligenz eine Schlüsselfähigkeit menschlicher Spieler: Je nach Position den wechselnden Wert der Figuren einzuschätzen und zu bewerten.
Giraffe putzt 98 % der Turnierspieler vom Brett
Zwar benötigte die Maschine für jeden Zug zehnmal länger als ein herkömmlicher Schachcomputer. Dafür konnte sie neu erworbenes Wissen mittels Deep Learning sofort auf nächste Spielschritte anwenden. 72 Stunden später erreichte Giraffe ein Spielniveau, das dem der oberen 2,2 % aller Spieler der Welt entspricht, berichtet das MIT Technology Review. Sprich: 97,8 % der Turnierspieler putzt Giraffe vom Brett. Andere Schachcomputer benötigen monatelange Verbesserungen, um dieses Niveau zu erreichen.
Giraffe versteht auch spielerische Konzepte
Der wohl bislang bekannteste Schachcomputer ist Deep Blue von IBM: Er gewann im Jahr 1996 eine erste von sechs Partien gegen Schachweltmeister Garry Kasparow. Die Taktik von Deep Blue war die sogenannte Brute-Force-Methode: Der Computer probierte pro Sekunde bis zu 200 Millionen Züge aus, um sich dann für den effektivsten zu entscheiden.
Warum Kasparov den Computer zum Schluss trotzdem 4:2 schlug? Weil er nicht stoisch alle möglichen Spielzüge durchging, sondern mit Erfahrungswerten vorfilterte und so in puncto Taktik der Maschine immer noch voraus war.
Giraffe könnte hier zum neuen Herausforderer werden: „Im Gegensatz zu den meisten heutigen Schachcomputern liegt die Stärke von Giraffe nicht darin, besonders weitblickend zu spielen, sondern kniffelige Positionen zu erkennen und komplizierte spielerische Konzepte, mit denen Menschen intuitiv umgehen, zu verstehen“, erklärt Lai in seinem Paper. „Das ist besonders in den Eröffnungs- und Endsequenzen des Spiels von großer Bedeutung.
Ein Beitrag von: