Verkehrsminister Dobrindt beschleunigt Neubau der Leverkusener Brücke
Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will den Neubau der maroden Rheinbrücke in Leverkusen beschleunigen, indem er ein neues Gesetz auf den Weg bringt: Es soll den Klageweg der Bürger erschweren und dafür sorgen, dass der erste Teil des 500 Millionen Euro teuren Neubaus bis zum Jahr 2020 fertig wird.
Rumpel-Deutschland ist wahrlich kein schöner Begriff. Diesen benutzte Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) gestern beim gemeinsamen Besuch der Rheinbrücke Leverkusen mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). „Es kann nicht sein, dass der Westen zum Rumpel-Deutschland wird“, sagte Groschek.
Dobrindt will die Planung des Neubaus durch ein neues Gesetz beschleunigen. „Erstmals wird eigens für eine Brücke ein solches Beschleunigungsverfahren eingeführt“, sagte der Minister gestern in Leverkusen. Durch dieses Gesetz soll den Bürgern der Klageweg gegen den Brückenneubau weitgehend verbaut werden. Statt über mehrere Instanzen könnten sich Kläger dann nur direkt an das Bundesverwaltungsgericht wenden. Laut Dobrindt bringt diese Einschränkung der Bürgerrechte eine Zeitersparnis von eineinhalb Jahren. 2020 soll der erste Teil der neuen Brücke stehen, 2023 soll es vollbracht sein. Dann ist das „Mahnmal für den katastrophalen Zustand der deutschen Infrastruktur“, wie es Verkehrsminister Groschek formulierte, endgültig Geschichte.
Neubau der Rheinbrücke in Leverkusen kostet halbe Milliarde Euro
Alexander Dobrindt verkündete, dass ein Viertel aller Mittel, die der Bund zwischen 2015 und 2017 für die Brückenerneuerung ausgibt, nach NRW fließen wird. Das scheint notwendig zu sein: Nach derzeitigen Schätzungen wird alleine der Neubau der Leverkusener Rheinbrücke eine halbe Milliarde Euro kosten. Noch einmal das Gleiche kosten die Anschlüsse und die Weiterführung der A1 bis zum Leverkusener Kreuz und der weitere Autobahnausbau.
Es ist eine Verkettung vieler Faktoren, die einen Neubau dieser für den europäischen Fernverkehr so wichtigen Rheinquerung erfordert. Die Misere beginnt mit dem bei Bau in den 1960er Jahren verwendeten Stahl. Zu dieser Zeit herrschte ein großer Mangel an hochwertigem Baustahl. So kamen wohl auch Stahlreste aus den Lagern verschiedener Hersteller beim Bau der Brücke zum Einsatz. So finden sich heute Klumpen verschiedener Chemikalien im Baumaterial. Mit fatalen Folgen: „An vielen Stellen haben wir schon Stahlteile ausbauen müssen und durch neue ersetzt“, berichtet der Brückenbauexperte von Straßen.NRW, Norbert Palm, und stellt unmissverständlich klar: „Die Brücke ist nicht zu retten.“
Täglich fahren 120.000 Fahrzeuge über die Brücke
Als die Leverkusener Stahlträgerbrücke 1965 für den Verkehr freigegeben wurde, rollten nur wenige Autos und auch nur verhältnismäßig leichte Lkw darüber. Die kühnsten Verkehrsprognosen der Ingenieure sagten damals eine maximale Belastung der Brücke von 40.000 Fahrzeugen am Tag voraus. Vor wenigen Wochen waren es in Spitzenzeiten 120.000 Fahrzeuge, die täglich über den Rhein bretterten. Dazu kommt: Die Belastung des Brückenbauwerks durch Lastwagen ist überproportional stark. So beansprucht ein einziger 30-Tonner die Brücke 100.000-mal mehr als ein normaler Pkw von einer Tonne Gewicht.
So war es ein Akt der Notwehr, als das Verkehrsministerium Nordrein-Westfalen am 16. Juni dieses Jahres die Brücke für Fahrzeuge mit einem Gewicht von mehr als 3,5 Tonnen sperrte. Trotz der Androhung verschärfter Bußgelder bei Missachtung der Sperrung, donnern immer noch bis zu 1000 Lastwagen pro Tag über die marode Brücke. „Den Lastwagen-Fahrern muss endlich klar werden, dass sie sich mit diesem Verhalten auf Dauer selbst schaden“, sagte Groschek gestern beim Besuch der Leverkusener Rheinbrücke. „Vor allem gefährden sie durch diese Fahrlässigkeit den Erfolg der Reparaturarbeiten.“
Reißverschlussartiges Versagen der Schweißnähte droht
Bei den aktuell aufgetretenen Schäden handelt es sich um einen völlig neuen Typus von Rissen in den Seilkammern der Brücke. Dieser Typus ist besonders tückisch, weil dabei die Gefahr eines reißverschlussartigen Versagens der Schweißnähte droht. Dann könnten die Seilkräfte nicht mehr aufgenommen werden und die Standsicherheit der Brücke wäre ernsthaft gefährdet. Die Risse in den Seilkammern wieder zu verschweißen, ist deshalb nicht möglich, weil der verwendete Stahl von zu schlechter Qualität ist. Deshalb sollen es nun große Stahlplatten richten, die zur Verstärkung der Seilkammern aufgeschraubt werden sollen. Das ist technisches Neuland, denn auf diese Weise ist in Deutschland noch keine Brücke verstärkt worden.
Abbau der Betonschutzwände brachte 500 Tonnen Gewichtsreduktion
Anfang der Woche sind die ersten beiden acht Meter langen, einen Meter fünfzig breiten und drei Zentimeter dicken Stahlbleche aus Thüringen angeliefert worden. In den nächsten Monaten werden insgesamt 16 dieser Stahlplatten mit 32 Winkelblechen mit Hilfe von 6500 Schrauben fest miteinander verbunden. Die Winkelbleche messen acht Meter. Jede der Seilkammern wird durch die Notreparatur um acht Tonnen schwerer, die gesamte 687 Meter lange Schrägseilbrücke um 64 Tonnen. Um das Gewicht auf der Brücke zu reduzieren, wurden schon in der vergangenen Woche die Betonschutzwände abgebaut und durch leichtere Stahlschutzwände ersetzt. Das hat die Brücke immerhin um 500 Tonnen leichter gemacht.
Ein Beitrag von: