Projektleitung im konstruktiven Ingenieurbau bei der Deutschen Bahn
In einer Welt, in der Mobilität und Infrastruktur ständig im Wandel sind, spielt der konstruktive Ingenieurbau eine Schlüsselrolle für die Zukunft des Schienenverkehrs. Bei der Deutschen Bahn wird dieser Bereich nicht nur als technisches Handwerk, sondern als kreative Herausforderung verstanden, die innovative Lösungen und nachhaltige Ansätze erfordert. In unserem Interview haben wir die Möglichkeit, mit Tugce Sezgin (Leiterin Konstruktiver Ingenieurbau Hannover) über die Rolle der Projektleitung bei der Deutschen Bahn zu sprechen. Tugce teilte mit uns ihre Erfahrungen, die Herausforderungen und die Visionen, die sie für eine moderne und umweltfreundliche Bahnlandschaft hat. Entdecke, wie die Deutsche Bahn die Weichen für eine zukunftsfähige Mobilität stellt und informiere dich hier über deine Möglichkeiten.
Gib uns gerne einen kurzen Überblick über die Rolle der Projektleitung im Bereich des konstruktiven Ingenieurbaus bei der Deutschen Bahn.
Die Projektleitung im konstruktiven Ingenieurbau ist grundsätzlich zuständig für die Kosten, Termine und die Qualität der Projekte und ist der/die erste Ansprechpartner:in für alle Stakeholder. Verantwortlich ist die Projektleitung offiziell ab der Vorplanung des Projektes und begleitet die Maßnahme im besten Fall bis zum Projektabschluss.
Welche Qualifikationen und Erfahrungen sind aus deiner Sicht besonders wichtig, um in dieser Position erfolgreich zu sein?
Neben fachlichen Kenntnissen im konstruktiven Ingenieurbau, ganz klar Teamwork, gute Kommunikationsfähigkeiten und ein Organisationstalent. Die Projektleitung im KIB-Bereich betreut das Projekt von der Vorplanung bis zur IBN (Inbetriebnahme) und zum Abschluss. Während dieser Zeit arbeitet die Projektleitung mit vielen Projektbeteiligten und unterschiedlichen Charakteren zusammen. Die Kunst liegt darin, alles unter einen Hut zu kriegen. Wichtig hierbei ist – das Team gut mitzunehmen und immer wertschätzend mit allen umzugehen. Das ist die Zauberformel.
Welche Faktoren müssen bei der Planung eines Infrastrukturprojekts berücksichtigt werden?
Neben einem vorgegebenen Zeitrahmen, Budget sowie Ressourcen müssen unter anderem weitere Faktoren berücksichtigt werden: Handelt es sich um eine innerstädtische Maßnahme oder ist diese außerhalb? Handelt es sich um ein Kreuzungsbauwerk? Innerhalb unserer Brückenprojekte müssen auch weitere Gewerke berücksichtigt werden. Demnach ist es nicht unüblich, dass die Oberleitungsanlage in den betroffenen Bereichen angepasst und Kabelarbeiten geplant und ausgeführt werden müssen. Weiterhin spielen auch der Denkmalschutz eine große Rolle sowie weitere Betroffenheiten, wie Naturschutz oder wasserrechtliche Themen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Risikomanagement. Je früher man Risiken aushebelt und minimiert, desto vorteilhafter ist es für das Projekt.
Wie gehst du bei der Umsetzung komplexer Bauprojekte vor, die möglicherweise mehrere Stakeholder involvieren?
Ganz wichtig: eine frühe Kommunikation! Bereits in der Grundlagenermittlung/Vorplanung stellen wir den betroffenen Stakeholdern unsere Projekte vor. Im Rahmen der weiteren Planung werden die Stakeholder ständig auf dem Laufenden gehalten. Unser Ziel ist es, vor dem Einreichen des Planrechtes, Einigungen zu erzielen.
Welche Herausforderungen treten bei der Umsetzung von Projekten im Bereich des Ingenieurbaus häufig auf, und wie gehst du damit um?
Sowohl in der Planung als auch in der Ausführung können Herausforderungen und Risiken eintreten. Diese können beispielsweise bedingt durch den Baugrund sein. Auch Kampfmittelthemen spielen immer wieder eine große Rolle. Wichtig hierbei ist, ein gutes Risikomanagement zu betreiben und fortlaufend die Risiken zu minimieren. Frühzeitige Qualitätssicherungen durchführen zu lassen, finde ich persönlich sehr wichtig. Sollten tatsächlich unvorhersehbare Risiken eintreten, lernen wir daraus und geben unsere Erfahrungen weiter. Umso wichtiger ist es, dass meine Kolleg:innen lösungsorientiert sind. Es ist kein Geheimnis, dass man innerhalb des Projektes oftmals vor Herausforderungen steht. Wichtig ist, dass das Problem gelöst wird. Dies kann man nur, wenn man innerhalb seiner Möglichkeiten über Lösungsansätze spricht und gemeinsam Wege definiert.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein in den Projekten?
Wir möchten durch den Bau und die Erneuerung unserer Brücken mehr Verkehr auf die Schiene bekommen. So leisten wir einen Beitrag zum Klimaschutz. Passend dazu fällt mir spontan ein Pilotprojekt in naher Zukunft ein: Bei der Teilerneuerung eines Gewölbes setzen wir Ultra-Hochleistungs-Faserverbund-Baustoff (UHFB) ein. Dieser Baustoff zeichnet sich durch eine besonders hohe Dichtigkeit und Festigkeit aus. Durch die Materialzusammensetzung besitzt UHFB eine hohe Dauerhaftigkeit und kann bei richtiger Anwendung die Lebensdauer beispielsweise einer Gewölbebrücke bei einer Teilerneuerung um mindestens 50 Jahre verlängern. Wir scheuen uns nicht davor, neue Projekte anzugehen und nachhaltige Materialien auszuprobieren. So können wir zum einen unsere denkmalgeschützten Brücken, ohne große Eingriffe in die Substanz und den Betrieb, teilerneuern und zum anderen ressourcenschonend bauen.
Das Spannende an meinem Job ist, dass ich, gemeinsam mit meinem Team, an etwas Tollem mitwirken kann. Wir leisten einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft, das Klima und die Infrastruktur. Man sagt nicht umsonst, dass Brücken verbinden 🙂 und so ist es tatsächlich.
Wie wirst du und deine berufliche Weiterentwicklung bei der Deutschen Bahn gefördert?
Tatsächlich spielen hier mehrere Aspekte hinein. Zum einen ist es mir möglich, an Seminaren und Fortbildungen teilzunehmen, die meine Weiterentwicklung fördern. Zum anderen gibt es bzw. gab es auch weitere Möglichkeiten, die ich wahrgenommen habe. Als ich im Januar 2022 meine Leitungsfunktion angetreten bin, habe ich beispielsweise an einem Mentoring-Programm teilgenommen. Ebenfalls absolvierte ich Seminare, die speziell für die neue Funktion als Führungskraft gestrickt waren. Diese Punkte waren enorm hilfreich für mich.
Berichte gerne einmal über deinen persönlichen Werdegang bei der Deutschen Bahn.
Ich hatte in diesem Jahr tatsächlich mein 10-jähriges Jubiläum und wenn ich darüber nachdenke, habe ich bereits sehr viel erlebt. Ich habe 2014 als Projektleiterin begonnen und habe viele EKrG-Maßnahmen (Eisenbahnkreuzungsgesetz) umgesetzt, die teilweise auch politisch brisant waren. Einige Jahre später durfte ich mein eigenes kleines Team leiten und habe mich somit als fachliche Führungskraft weiterentwickeln können. Im Anschluss bin ich die Vertretungsfunktion meiner ehemaligen Führungskraft angetreten, somit hatte ich die Möglichkeit, auch disziplinarisch zu führen. Seit Anfang 2022 leite ich die Organisationseinheit Konstruktiver Ingenieurbau, in der ich quasi aufgewachsen bin. Die Abteilung besteht aus ca. 40 Personen, welche als Projektleiter und Teamleiter, BIM (Building Information Modeling)-Manager und Projektassistenten zum Einsatz kommen. Parallel engagiere ich mich seit 2015 ebenfalls als Hochschulbotschafterin für die Bahn. Sehr gerne nehme ich an Bildungsmessen teil, halte Fachvorträge oder Vorlesungen an Universitäten und Hochschulen.
Was macht die Arbeit für dich bei der Deutschen Bahn so besonders?
Neben der Vielfältigkeit und den sehr spannenden Aufgaben steht für mich das Arbeitsklima an erster Stelle. Seit meinem ersten Tag bei der DB fühle ich mich sehr wohl. Tatsächlich ist es so, als ob man „nach Hause“ kommt. Als Bahnerin kann ich sagen, dass ich sehr stolz bin, ein Teil der Bahnfamilie zu sein. Dieses Gefühl versuche ich auch meinem Team weiterzugeben und zu übermitteln.
Vielen Dank, liebe Tugce für den Austausch!
Informiere dich hier über deine Möglichkeiten bei der Deutschen Bahn.
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