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Historisches 31.07.2023, 10:36 Uhr

Eine kurze Geschichte des Bauingenieur

Über 100 Jahre alt ist die Fachzeitschrift Bauingenieur und wird doch erst 2025 ihren 100. Jahrgang publizieren– wie geht das zusammen? Ein Rückblick auf wechselvolle Jahrzehnte löst das Rätsel.

Parkhaus-Vision in der jungen Fachzeitschrift „Der Bauingenieur" (6. Jahrgang, 1925, S. 959): „Es wird die Zeit kommen, wo das Auto Gemeingut des Volkes genau wie in Amerika sein wird“, stellte der „Architekt und Bauing.“ Max Schröder fest und beschrieb zur Linderung der „Garagennot“ in den Großstädten einen mehrgeschossigen „Stockwerk-Depot-Hochhausbau“ für 1000 Fahrzeuge. Foto: Springer / VDI Fachmedien / K. Klotz

Parkhaus-Vision in der jungen Fachzeitschrift „Der Bauingenieur" (6. Jahrgang, 1925, S. 959): „Es wird die Zeit kommen, wo das Auto Gemeingut des Volkes genau wie in Amerika sein wird“, stellte der „Architekt und Bauing.“ Max Schröder fest und beschrieb zur Linderung der „Garagennot“ in den Großstädten einen mehrgeschossigen „Stockwerk-Depot-Hochhausbau“ für 1000 Fahrzeuge.

Foto: Springer / VDI Fachmedien / K. Klotz

„Der Bauingenieur“, wie die Fachzeitschrift – samt vorangestelltem bestimmtem Artikel – ursprünglich noch hieß, „berichtet über das Gesamtgebiet des Bauwesens, über Baustoff und Konstruktionen, über wirtschaftliche Fragen und verfolgt auch die für den Bauingenieur wichtigen Normungsfragen“.

So lautete die Selbstbeschreibung der 1920 im Verlag Julius Springer in Berlin aufgelegten Publikation. Schon der Untertitel „Zeitschrift für das gesamte Bauwesen“ brachte diese breite Ausrichtung prägnant zum Ausdruck.

„Der Bauingenieur“ startete im Jahr 1920 mit fünf Herausgebern im Verlag Julius Springer. Der Untertitel unterstreicht die Absicht, eine Zeitschrift für das gesamte Bauwesen aufzulegen.

Foto: Springer / VDI Fachmedien / K. Klotz

Der Bauingenieur: Zeitschrift für das gesamte Bauwesen

Fünf Gründungsherausgeber aus ganz unterschiedlichen Fachbereichen garantierten dafür, dass dieses Versprechen schon in den ersten Jahren eingehalten werden konnte – einige davon mit bereits existierenden Publikationen.

Max Foerster und Emil Probst beispielsweise, die von 1908 bis 1919 bereits die „Monatsschrift für Theorie und Praxis des gesamten Betonbaus“ mit dem Namen „Armierter Beton“ herausgegeben hatten, unterstützten als Herausgeber den Start, indem sie die Monatsschrift in den Bauingenieur einbrachten.

Interessante Bauprojekte (hier die „Kniprodestrassenbrücke in Königsberg i. Pr.“) gehörten schon früh (hier ein Ausschnitt aus dem 10. Jahrgang 1929) zu den Themen der Fachzeitschrift.

Foto: Springer / VDI Fachmedien / K. Klotz

Normen im Bauingenieurwesen

1935 gingen auch die Mitteilungen des Normenausschusses, die von 1922 bis 1934 unter dem Namen „Die Baunormung“ im Springer-Verlag erschien, ebenfalls im Bauingenieur auf.

Eindrücke einer Studienreise: „Die Entwicklung des Beton- und Eisenbetonbaues in den Vereinigten Staaten“ schilderte Herausgeber Emil Probst von der Technischen Hochschule Karlsruhe im 7. Jahrgang (1926) mit zahlreichen Fotos und Zeichnungen.

Foto: Springer / VDI Fachmedien / K. Klotz

Organschaften

Die Fachzeitschrift war immer schon mit wichtigen Körperschaften ihrer Zeit verbunden. So startete sie mit dem Deutschen Eisenbahn-Verband (1920–1927) und dem Deutschen Beton-Verein (1920–1931). Später kam die Deutsche Gesellschaft für Bauingenieurwesen (1922–1930) hinzu.

Unerwähnt bleibt hier etwa ein halbes Dutzend kurzlebigerer Partnerschaften vor oder bis in den Zweiten Weltkrieg. Aktuell ist der Bauingenieur Organ der VDI-Gesellschaft Bautechnik.

In der Fachzeitschrift enthalten waren auch Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Bauingenieurwesen, die hier (10. Jg. 1929, Heft 36) an die Beitragszahlung erinnert und unter anderem feststellt: „Wenn die Arbeiten der D. G. f. B. Erfolg haben sollen, muß sich der Mitgliederkreis noch weiter vergrößern.“

Foto: Springer / VDI Fachmedien / K. Klotz

Internationales Ansehen

Bei der Wahl der Autoren hatten die Herausgeber – soweit sie nicht selbst Beiträge verfassten – offenbar ebenfalls eine glückliche Hand: „Als interessant kann beim Studium der Veröffentlichungen vermerkt werden, daß vorerst völlig unbekannte Autoren mit der Zeit ein internationales Ansehen erlangt haben“, lobt Konrad Sattler, der von 1958 bis 1975 tätige Herausgeber, in seinen „Gedanken zum 50. Jahrgang des Bauingenieur“ (1975, S. 1–3) die frühen Veröffentlichungen.

Herausgeber Wilhelm Petry, der auch Direktor des Deutschen Beton-Vereins war, beschreibt im 11. Jahrgang (1930) ausführlich „Fortschritte im Eisenbeton-Hochbau“.

Foto: Springer / VDI Fachmedien / K. Klotz

Unfreiwillige Unterbrechung von 1943 bis 1948

Obwohl vier weitere Herausgeber ausscheidende Kollegen ersetzten, war 1942 nach dem 23. Jahrgang das (vorläufige) Ende der Fachzeitschrift gekommen – der Zweite Weltkrieg forderte auch hier seinen Tribut.

Dem geschäftsführenden Herausgeber Ferdinand Schleicher und seinem Mitherausgeber Alfred Mehmel gelang allerdings 1949 der Neuanfang mit dem 24. Jahrgang.

Stabilität in der Nachkriegszeit und Hoffnung auf die Zukunft

1975, zur Feier des 50. Jahrgangs, konnte der damals bereits 27 Jahre für den Bauingenieur tätige Herausgeber Sattler feststellen: „Die Bauingenieure werden auch in der kommenden Zeit mit ihren Taten und Erkenntnissen das Leben der Umwelt beeinflussen. Der ‚Bauingenieur‘ wird ihnen dabei weiter ein Sprachrohr bleiben.“

Und er schloss daran einen hellsichtigen Wunsch an: „Mögen die Bauingenieure dazu beitragen – wenn möglich auch im politischen Leben –, dass eine Harmonie zwischen dem technischen Fortschritt und dem inneren Menschenleben gewahrt bleibt.“

Zahlreiche Veränderungen im Erscheinungsbild brachte der 69. Jahrgang 1994.

Foto: Springer / VDI Fachmedien / K. Klotz

Umgestaltung in den 1990er-Jahren

„Mit dem 69. Jahrgang zeigt sich unsere Zeitschrift in einem neuen Gewand“, freute sich Anfang 1994 Joachim Scheer, der von 1976 bis 1998 als geschäftsführender Herausgeber für 23 Jahrgänge verantwortlich war.

Und zwei Jahre später, also 1996, konnte Scheer verkünden: „Zu Beginn des 71. Jahrgangs hat der Springer-Verlag für unsere Zeitschrift eine Redaktion eingerichtet.“

Neuer Heftteil „Forum“ wird redaktionell betreut

Eine Redaktion übernahm ab 1996 die Betreuung eines neuen Heftteils: das sogenannte Forum. Ansprechpartnerin dafür war die „erfahrene Redakteurin“ Sigrid Cuneus, wie der geschäftsführende Herausgeber in seinem Geleitwort in der Januar-Ausgabe mitteilte.

Ansprechpartnerin für den „Forum“ genannten neuen Heftteil war ab 1996 die „erfahrene Redakteurin“ Sigrid Cuneus, wie der geschäftsführende Herausgeber in seinem Geleitwort der Januar-Ausgabe mitteilte.

Foto: Springer / VDI Fachmedien / K. Klotz

Im Forum wurden ab 1996 Beiträge zu Hard- und Software, Buchbesprechungen und kürzere Mitteilungen gebündelt, zusätzlich sollten „Beiträge über Bauunternehmungen, Baustoffhersteller und Ingenieurbüros erscheinen“. Und „es werden Gespräche mit Persönlichkeiten aus Forschung und Praxis sowie Eindrücke von Firmen- und Messebesuchen veröffentlicht“, legte Scheer die redaktionelle Linie fest.

Die Bildung des Springer-VDI-Verlags

Auch der nächste Jahreswechsel brachte eine Veränderung: Der Springer-Verlag und der VDI bildeten einen Gemeinschaftsverlag, in dem insgesamt elf Titel, darunter der Bauingenieur, ab 1997 herausgegeben wurden.

Für die Autoren- und Leserschaft relativ geräuschlos vollzog sich der Wechsel vom Springer-Verlag zu einem Gemeinschaftsverlag mit Sitz in Düsseldorf.

Foto: Springer / VDI Fachmedien / K. Klotz

Als Sitz des neuen Springer-VDI-Verlags, dessen Mehrheitsgesellschafter der VDI war, wurde Düsseldorf festgelegt. Für den Bauingenieur war dort ab dem 72. Jahrgang nun Thomas H. Burska-Erler redaktionell zuständig.

Optisch trieb es der Bauingenieur nun – zumindest vorübergehend – bunt: Außer im traditionellen Rot erschienen in diesem Jahr nun Titelseiten mit blauer, grüner und violetter Grundfarbe.

Im neu gebildeten Springer-VDI-Verlag erschien der Bauingenieur auch mit blauer, grüner oder violetter Titelseite.

Foto: Springer / VDI Fachmedien / K. Klotz

Strukturwandel in Herausgeberschaft

„In eigener Sache“ meldete sich der neue Sprecher der Herausgeber Prof. Konrad Zilch Anfang 1999 zu Wort, nachdem sein langjähriger Vorgänger Scheer Ende 1998 das Amt des geschäftsführenden Herausgebers aufgegeben hatte.

Die bei dieser Gelegenheit veränderten Funktionsbezeichnungen waren Zeichen eines Strukturwandels: Die Herausgeber verstanden sich ab sofort als Kollegium gleichberechtigter Fachexperten, in dem Prof. Zilch die Funktion eines Sprechers innehatte.

Wechsel in der Redaktion

Ab Dezember 2007 nennt das Impressum Dietmar Hauke als Verantwortlichen für den Bereich „Produkte & Projekte“. Nachfolgerin für diesen redaktionellen Abschnitt des Bauingenieur wird Ende 2013 Heike van Ooyen (damals noch unter ihrem Geburtsnamen Heike Weßel), die seit 2020 den Titel Chefredakteurin führt. In dieser Funktion wurde sie von Dr. Karlhorst Klotz vertreten, als sie während ihrer Elternzeit (Oktober 2021 bis Februar 2023) pausierte.

In den vergangenen Jahren wurde die Fachzeitschrift Bauingenieur digital ausgebaut. Die Fachinformationen zu Bauthemen sind somit über unterschiedliche Kanäle zugänglich.

Foto: VDI Fachmedien / K. Klotz

Angekommen im Verlag VDI Fachmedien

Schon zwei Jahre zuvor, zum 1. Januar 2019, hatte sich der VDI Verlag die fehlenden 45 Prozent der Unternehmensanteile am Springer-VDI-Verlag gesichert und den ihm nun komplett gehörenden Verlag in „VDI Fachmedien“ umfirmiert. Die Leitung übernahm Ken Fouhy zusätzlich zu seiner Geschäftsführertätigkeit beim VDI Verlag.

Mit der Übernahme des Verlags wurden auch die Weichen für eine digitale Weiterentwicklung des Bauingenieur sowie eine engere Anbindung an ingenieur.de gestellt. Das ist heute noch sichtbar: Die „Homepage“ des Bauingenieur ist zwar über die eigene Adresse www.bauingenieur.de erreichbar, liegt aber tatsächlich als Unterseite https://www.ingenieur.de/fachmedien/bauingenieur in der Domain von ingenieur.de.

Digitale Entwicklung

Dort hat sich die Website bauingenieur.de jedoch prächtig entwickelt: Startete sie im Jahr 2020 noch mit wenigen Tausend Zugriffen pro Monat, hat sich diese Zahl auf monatlich über 26.000 Aufrufe im Jahr 2023 innerhalb von drei Jahren vervierfacht.

Erfolgreich unterwegs ist der Bauingenieur seit Oktober 2021 auch auf der Social-Media-Plattform LinkedIn. Ende Juli 2023 wurde der Bauingenieur auf LinkedIn bereits von über 7800 Followerinnen und Followern unterstützt, und jede Woche kommen etwa 100 neue dazu.

Längst sind die Leserinnen und Leser des Heftes nicht mehr auf Papier angewiesen: Seit 2020 sind die Hefte im Abonnement (ab Jahrgang 2015) auch digital als E-Paper verfügbar, und auf technische und wissenschaftliche Artikel kann seit 2021 ebenfalls über die eLibrary digital zugegriffen werden.

Die Ausgabe 07-08|2015 enthielt einen ausführlichen „Rückblick auf 90 Jahre Bauingenieur“. Seit diesem Jahrgang ist der Bauingenieur auch in digitaler Form verfügbar.

Foto: VDI Fachmedien / K. Klotz

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Von Dr. Karlhorst Klotz