BIM und modulare Planung
Roche baut neu und um: Bis 2022 entsteht auf dem Firmengelände in Basel ein zweites Bürohochhaus. Dabei setzt der Pharmakonzern auf Building Information Modeling (BIM) sowie eine modulare und nachhaltige Bauweise.
Im Wettbewerb um Mitarbeiter hat sich die F. Hoffmann-La Roche AG, kurz Roche, ein großes Ziel vorgenommen: Bis 2022 will der Pharmakonzern neben dem 2015 fertiggestellten Bau 1 den sogenannten Bau 2 – und damit das nächste höchste Gebäude der Schweiz – auf dem Roche Areal in Basel fertigstellen. Hinter dem neuen 205 Meter hohen und 50 Stockwerke umfassenden Turm steht die Idee eines motivierenden Arbeitsumfelds mit rund 3 100 Büroarbeitsplätzen unter Berücksichtigung eines flexiblen Arbeitsplatz-Konzepts ohne festen Arbeitsplatz.
Ein Projekt in BIM
Das Bauvorhaben stellt Drees & Sommer vor viele Herausforderungen. So will Roche den Neubau in nur sechs Jahren Planungs- und Bauzeit fertigstellen und den vorgegebenen Kostenrahmen von 550 Millionen Schweizer Franken konsequent einhalten. Hinzu kommt die Lage des Gebäudes am Oberrheingraben, in einem der aktivsten Erdbebengebiete im deutschsprachigen Raum. Das bedeutet höchste Anforderungen an die Tragstruktur. Zudem soll der 50-Geschosser den Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) erfüllen, den sich der Pharmakonzern 2018 als ideelle Basis für die Entwicklung der eigenen Immobilien auferlegt hat. Beim Bau 2 wird er unter anderem durch neueste Technologien eingehalten, aber auch durch die konsequente Umsetzung der Materialökologie realisiert. Der ganzheitliche Planungsansatz basiert auf dem Cradle-to-Cradle-Prinzip, das im Sinne der Rezyklierbarkeit bereits in der Planungsphase auch den Rückbau des Gebäudes berücksichtigt. Darüber hinaus werden beim Neubau gesunde und schadstoffarme Baustoffe wie etwa CO2-armer Zement oder grüne Wände zum Einsatz kommen. So entsteht ein Gebäude, das an die internationalen Anforderungen an Green Buildings erfüllt, den ökologischen Fußabdruck minimiert und durch minimale Lebenszyklus- und Unterhaltskosten brilliert.
Modellbasiertes Arbeiten mit BIM
Bereits 2014 hat der Pharmakonzern festgelegt, dass künftige Bauprojekte mit Building Information Modeling (BIM) abgewickelt werden, und den Aufbau eines „Owner-BIM ìs“ gestartet. So findet auch beim Bau 2 die digitale Planungsmethode von Beginn an Anwendung. Hierfür entwickelte Roche in Abstimmung mit dem Generalplaner Drees & Sommer und den Architekten Herzog & de Meuron zunächst eine BIM-Strategie. Sie legt BIM-Abwicklung und -Infrastruktur fest und hat die Steigerung von Effizienz und Qualität zum Ziel. Die modellgestützte Planungskoordination, eine transparente Schnittstellendefinition, die wirksame Verknüpfung aller vorliegenden Informationen sowie klar definierte Planungsabläufe sorgen dafür, dass Drees & Sommer als Gesamtkoordinator und Leiter des BIM-Prozesses gemeinsam mit den Architekten und Fachplanern die BIM-Ziele erreicht.
Bei der Umsetzung ermöglicht eine sogenannte „ProjectCloud“ die modellbasierte Zusammenarbeit der Planungsteams. Als Softwaremodell kommt „Open BIM“ mit direkt kompatiblen Software-Lösungen von Revit und TriCAD zum Einsatz, um den Modell-Austausch mit möglichst geringen Verzögerungen und Verlusten zu gestalten. Regelmäßige „Digitale Koordinationssitzungen“ unterstützen diesen Prozess und helfen, Kollisionen frühzeitig zu identifizieren und Planungsfehler zu minimieren. Durch den Einsatz von Virtual Reality (VR) ist es darüber hinaus möglich, die Planungsergebnisse virtuell erlebbar zu machen und Aspekte des späteren Gebäudebetriebs (zum Beispiel die Revisionierbarkeit der technischen Anlagen und Installationen) im Modell zu überprüfen. Durch den konsequenten Einsatz von BIM – und zwar von der Planung über die Ausschreibung bis hin zum Betrieb – nimmt der Roche Bau 2 eine Vorreiterrolle in der Schweizer Bauwirtschaft ein.
Mit modularem Planungsansatz
Um die Komplexität zu reduzieren und die Ausbauflexibilität für die Phase der Belegungsplanung zu erhalten, wird beim Bau 2 das Prinzip der modularisierten Planung angewendet. Es basiert auf einem Projektkoordinatensystem, das die Geometrie des Gebäudes von den kleinsten bis zu den größten Strukturen auf der Grundlage einer homogenen Maßordnung in möglichst regelmäßige Teilflächen einordnet. Ist ein Gebäudeplan einmal durch das Projektkoordinatensystem fixiert, startet die Modularisierung des Entwurfs. Dabei wird die Gebäudestruktur in Teilaufgaben (Module) zerlegt. Die Modularisierung umfasst die gesamte Gebäudestruktur vom Rohbau über die Fassade, die Gebäudetechnik, den Innenausbau bis zur Ausstattung. Innerhalb der Module werden wie bei einem Baukastensystem wiederkehrende Elemente aus Gebäudetechnik und architektonischem Ausbau definiert. Darauf aufbauend entstehen Modulkataloge für jede Fachdisziplin. Dies ermöglicht eine Standardisierung und erlaubt Einsparungen durch die Vorfertigung von Modulen und Just-in-time-Logistik. Das Prinzip Modularisierung garantiert ein Höchstmaß an Wirtschaftlichkeit: Je häufiger sich ein Modul verwenden lässt, umso effizienter werden die Planung, der Bau und der Betrieb des Gebäudes.
Für den Bauherrn bringen die modulare Vorgehensweise und die Anwendung der BIM-Methode viele Vorteile: Sie reichen von der Reduktion der Komplexität und Verbesserung der Zusammenarbeit der Planungs- und Baubeteiligten über die Möglichkeit der schnellen Anpassung bei geänderten Bedürfnissen bis zur besseren Planungs- und Ausführungsqualität, sowie einer höheren Wirtschaftlichkeit und Effizienz.
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Prof. Jürgen M. Volm, Partner und Geschäftsführer von Drees & Sommer Schweiz