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Abbruch 05.11.2020, 09:24 Uhr

Tunnelwände zurückbauen und recyceln

Die 1,60 Meter dicken Betonwände eines Stadtbahntunnels in Stuttgart müssen für das Bahnbauprojekt „Stuttgart 21“ weichen. Der Abbruch erfolgt dabei schrittweise durch vorfräsen und durchschneiden. Bei der Sortierung des Abbruchmaterials müssen die Vorgaben der Recyclingwirtschaft beachtet werden.

Ein Stadtbahntunnel in Stuttgart wird in mehreren Arbeitsschritten abgebrochen, hier mit einem Tunnelbagger und Schneidrad. Foto: KEMROC

Ein Stadtbahntunnel in Stuttgart wird in mehreren Arbeitsschritten abgebrochen, hier mit einem Tunnelbagger und Schneidrad.

Foto: KEMROC

Das Bahnprojekt „Stuttgart 21“ verändert das Gesicht der baden-württembergischen Landeshauptstadt. Vieles passiert im Untergrund. Tunnel werden gebaut und Tunnel werden verändert. Dies betrifft auch die Schillerstraßen. Hier wird die Verbindungstrasse zwischen der Stadtbahnhaltestelle „Staatsgalerie“ und dem Halt „Hauptbahnhof“ umgebaut. Um dies zu ermöglichen, muss zunächst auf einer Länge von rund 120 Metern der bestehende Tunnel abgebrochen werden. Das Unternehmen Fischer Weilheim hat von Züblin als Generalunternehmen den Auftrag für den Abbruch erhalten. Zunächst hat man sich für eine klassische Methode entschieden. Dabei wurde zuerst die Tunneldecke schrittweise zerkleinert. Dies geschah immer in Abhängigkeit zu den benötigten Rohrsteifen, die zur Aussteifung der Baugrube eingebaut wurden. Bei diesem Arbeitsschritt wurde die Tunneldecke sowohl von unten als auch von oben durch den Einsatz eines Hydraulikbaggers mit Hammer und Schere abgebrochen.

Der Tunnel wurde geöffnet, jetzt werden die Tunnelwände abgebrochen

Nach der Tunneldecke sollen die Tunnelwände abgebrochen werden. Die klassische Methode kann hier nicht zum Einsatz kommen, da sich zwischen Beton und Boden ein Ziegelmauerwerk und bituminöse Abdichtung befinden. Mit dem Hydraulikhammer und Bagger kann eine Vermischung der Materialien nicht umgangen werden. Die Trennung der verschiedenen Materialien ist jedoch nach den Vorgaben der Recyclingwirtschaft nötig. Sie müssen voneinander getrennt und separat weiterverarbeitet oder entsorgt werden. Um dies zu ermöglichen, setzte sich das ausführende Unternehmen mit Otmar Riester, Handelsvertreter für Kemroc in Baden-Württemberg und der Schweiz zusammen. Dabei wurde das mögliche Arbeitsverfahren entwickelt. Die neue Methode umfasst dabei einen Tunnelbagger, der die Schlüsselmaschine vom Abbruch der Tunnelwände darstellt, zusammen mit einem Hammer und Schere sowie zwei Anbaufräsen. Durch den Einsatz dieser Maschinen ist es möglich, die Tunnelwände in Etappen zu bearbeiten und in vier bis sechs Meter breite Segmente zu schneiden, umzuklappen und weiterzuverarbeiten.

Die Schritte des Wandabbruchs

Die einzelnen Arbeitsschritte sehen dabei wie folgt aus: Der Baggerfahrer verjüngt die Betonwand mit einer Querschneidkopffräse. So bleibt eine senkrechte, 150 Zentimeter breite, auf 100 Zentimeter starke Wand übrig. Mit dem Schneidrad wird dann die Betonwand von oben nach unten in der Vertiefung durchgeschnitten. In einem gewissen Abstand wird dieser Arbeitsschritt wiederholt. Dadurch wird ein Betonsegment freigelegt. Oberhalb der Bodenplatte wird dieses Segment mit Bagger und Hydraulikhammer geschwächt. Dann kommt der Baggerlöffel zum Einsatz. Er klappt das Betonsegment zu Boden. So ist nun die Rückseite der Betonwand sichtbar und das anhaftende Erdreich, die bituminöse Abdichtungsschicht und das Ziegelmauerwerk können getrennt werden. Jetzt ist das Betonstück freigelegt und muss noch aus der Baugrube befördert werden. Damit dieser Arbeitsschritt leichter fällt, bearbeiten Bagger, Hydraulikammer und die Schere das Stück, bis es entsprechend verkleinert ist. „Schon nach kurzer Zeit erwies sich diese Methode als das wirksamste und rationellste Verfahren für Abbruch und Materialtrennung. Wir erzielen sicherlich die doppelte Leistung, verglichen mit dem Einsatz von Hydraulikhämmern, weil sich im engen Tunnelgebäude ein Bagger nicht sehr günstig für den Hammereinsatz aufstellen kann“, kommentiert Christoph Fischer, Gesellschafter der vierten Generation bei Fischer Weilheim sowie verantwortlich für Maschinentechnik und Speziallösungen im Familienunternehmen, die Vorgehensweise. Einen größeren Effekt bringt laut Fischer der Abbruch in Etappen: „Durch das Loslösen einzelner Wandelemente schaffen wir viele günstige Angriffspunkte für die weitere Zerkleinerung per Bagger und Hydraulikhammer. Zudem können gleich mehrere Maschinen am selben Einsatzort arbeiten. Der Aufwand an Maschinentechnik ist natürlich sehr hoch, aber der Zeitfaktor spielt bei den enormen Kubaturen auf dieser Baustelle eine weitaus wichtigere Rolle. Darüber hinaus“, so Christoph Fischer abschließend, „stellt dies auch einen Schritt in Richtung der immer mehr geforderten emissionsarmen Abbruchweise dar.“ Durch die Verbindung der klassischen Methode mit diesem schrittweisen Abbruch hat das Unternehmen bereits nach zwei Monaten knapp die Hälfte der Tunnelwände abgebrochen.

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Von KEMROC / Heike van Ooyen