Digitales Fachunternehmermanagement führt zu Projekterfolg
Bauen ist Vertrauenssache. Man kennt sich, man ist durch dick und dünn gegangen. Irgendwie hat es am Ende immer geklappt. Gerade bei der Zusammenarbeit mit den Partnern am Bau geht es um den persönlichen Kontakt. Daher ist und bleibt Fachunternehmermanagement eine der wichtigsten Aufgaben von Unternehmen in der Bauwirtschaft. Wieso aber nun digital?
Laut den aktuellen Zahlen des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie lag der Umsatzanteil der Subunternehmertätigkeit bei Generalunternehmern (GU) bei 30 Prozent. Für GUs ab 500 Mitarbeiter liegt der Wert sogar bei 40 Prozent. Das heißt, gut ein Drittel des eigenen Erfolges als GU hängt von der Leistung der Fachunternehmer ab. Da ist es von fundamentaler Bedeutung, dass es mit allen Beteiligten gut läuft, sonst wird es teuer – Bauverzug, Mängelanzeigen, Nachträge, Auseinandersetzungen. In einer Studie von KPMG nennen 69 Prozent aller Generalunternehmer eine schlechte Leistung von Nachunternehmern als Hauptgrund für einen unzureichenden Projektabschluss.
Vertrauen zum Fachunternehmen
Wird das Projekt zu teuer, dann ist das Vertrauen schnell verspielt und es wird aussortiert. Hier stellt sich die Frage, warum sich niemand traut zu fragen, ob man die Entwicklung nicht schon früher hätte erkennen können. Denn vieles deutet sich schon frühzeitig an. Oft wird mit schlechten Fachunternehmer-Angeboten kalkuliert und das ganze Gewerk hat dadurch ein zu geringes Budget. Bei der Submission wird daraufhin deutlich, dass durchaus 100.000 Euro mehr kalkuliert werden hätten können. Das Ergebnis ist nicht selten, dass ein Partner zu einem Preis gezwungen wird, der nicht seine Kosten deckt und im Projekt ist die Baustelle unterbesetzt, die Qualität leidet, Nachträge machen Ärger. Manchmal lässt sich die Situation mit dem Bauherren klären, manchmal leider auch nicht. Im schlimmsten Fall eskaliert dann der Streit und man steht mit einem guten Partner der Vergangenheit auf Kriegsfuß.
Projektentwicklung früher erkennen
Kann man ein solches Szenario wirklich frühzeitig erkennen? Kilian Winnen von Tenera meint eindeutig: „Ja”. Er erklärt weiter, dass ein Vergleich der vorliegenden Angebote üblich ist. Wenn man drei Angebote pro Gewerk hat, geht man davon aus, einen marktgerechten Preis erkennen zu können. Meistens liegt man damit richtig, aber nicht immer. Besser wäre sicherlich, ein Vielfaches an Referenzpreisen zu haben. Diese werden aber in der Regel nicht auswertbar dokumentiert, auch wenn es aus Projekten der Vergangenheit mit entsprechendem Aufwand sicherlich möglich wäre. Nicht selten hat man sogar weniger als drei Angebote pro Gewerk. Das macht das Problem dann ungleich komplizierter.
Häufig sind auch langjährige Mitarbeiter erfahren genug, um einzelne Ausreißer oder insgesamt schlecht kalkulierte Angebote zu erkennen. Diese Mitarbeiter sind jedoch auch gut bezahlt. Da vor Vergabe noch unklar ist, ob man den Auftrag bekommt, möchte man vielleicht jüngeren Mitarbeitern die Prüfung der Fachunternehmerangebote überlassen. Doch müssten diese dann erst recht nach Vergleichsangeboten recherchieren, was letztlich auch nicht wirtschaftlich sein kann.
Eine konsequente Nachbetrachtung der Kalkulation würde sicherlich helfen, Preise besser zu prüfen und präziser zu kalkulieren. Laut einer Studie von Dodge Analytics & Autodesk von 2018 nehmen jedoch 53 Prozent aller Bauunternehmen keine Nachbetrachtungen hinsichtlich der Qualität und des Preises abgeschlossener Projekte vor.
Fachunternehmerangebote digitalisieren
Also vielleicht doch etwas Digitales? Mit Texterkennung und datenbasierter Preiseinschätzung? Etwas, wo man mit einem Rutsch alle Fachunternehmerkontakte hochladen kann? Etwas, dass man ergänzend zur eigenen AVA-Software nutzen kann? Etwas, wo die Angebote der Fachunternehmer automatisch eingespielt werden und man sofort sieht, ob das Angebot marktgerecht ist? In der VDI Jahresausgabe Bautechnik von Bauingenieur 2019/2020 schrieben die Vorstände der STRABAG, Dr. Krammer und Hr. Harder, über die wachsende Bedeutung von Plattformlösungen in der Baubranche und ihren Nutzen für alle Beteiligten. Dem ist nichts hinzuzufügen. Als Unternehmensentscheider muss man eigenverantwortlich den Bedarf im Unternehmen abschätzen und die richtigen Maßnahmen treffen. Klar ist, dass plattformbasiertes Arbeiten in der Bauwirtschaft kein Thema der Zukunft, sondern für viele Innovationsführer heute schon Realität ist. Winnen zitiert in diesem Zusammenhang gerne Eberhard von Kuenheim, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der BMW AG: „Wettbewerb ist immer mehr und mehr eine Frage richtiger Beherrschbarkeit von Zeit. Nicht die Großen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen überholen die Langsamen.“
Dipl.-Ing. Kilian Winnen ist seit zehn Jahren in unterschiedlichen Rollen in der Bauwirtschaft tätig. Aktuell leitet er den Bereich Business Development bei Tenera in Berlin. www.tenera.io