Innovative Methoden im Bauprozess
In Ludwigsburg entsteht ein neues Bürogebäude. Um den Bauprozess so flexibel wie möglich zu gestalten ist nicht nur BIM im Einsatz. Lean Management und die App „BPO Projektsteuerung“ unterstützen den digitalen Bauprozess. Welche Erfahrungen das Bauunternehmen Wolff und Müller dabei sammelt, zeigen wir hier in Teil 2.
Das Bauprojekt in der Wilhelm-Fein-Straße ist ein Beispiel für die Nutzung von BIM über den gesamten Lebenszyklus des Bauwerks. Denn die Methode kommt in allen Phasen zum Einsatz und wirkt so weit über die Fertigstellung hinaus in die Betriebsphase hinein. Der Bauherr wird ein sogenanntes As-built-Modell erhalten, ein detailgenauer digitaler Zwilling des fertigen Gebäudes – von Klimaanlagen bis zu Lichtschaltern ist sämtliche Technik hinterlegt. Das Modell dient als Basis fürs BIM-betriebene Facility Management: Anhand der digital hinterlegten Informationen kann der Betreiber zum Beispiel Reinigungskosten oder den Energiebedarf von Räumen berechnen oder auch spätere Umbauten planen.
Lean Management auf der Baustelle
Das neue Bürogebäude in Ludwigsburg steht nicht nur für digitales, sondern auch für schlankes Planen und Bauen. Bei Lean Management geht es darum, fortlaufend Prozesse zu verbessern und die gesamte Wertschöpfungskette effizient zu gestalten. Dabei soll Verschwendung vermieden werden. In der Bauwirtschaft sind damit zum Beispiel Suchprozesse oder Wartezeiten auf Baustellen gemeint. Wolff & Müller sammelt derzeit Erfahrungen mit Lean-Methoden, die speziell auf die Bauwirtschaft zugeschnitten sind. Beim Ludwigsburger Bauprojekt kommt das Last Planner System zum Einsatz. Ziel der Methode ist, die Nachunternehmer der einzelnen Gewerke aktiv und gemeinschaftlich in die detaillierte Terminplanung miteinzubinden. Da jeder Baupartner in seinem Bereich die größte Erfahrung hat, verteilt die Bauleitung keine fertigen Terminpläne, sondern erarbeitet gemeinsam mit den Baupartnern einen tagesgenauen Terminplan. Die täglichen etwa zehnminütigen Besprechungen fördern die Zusammenarbeit sowie das Vertrauen im Projektteam und helfen, Probleme frühzeitig zu erkennen und gemeinsam zu lösen. Zudem können sich mit dem gemeinsamen Plan alle Beteiligten identifizieren, Absprachen werden verstärkt eingehalten und die Terminsicherheit erhöht. Das Last Planner System eignet sich besonders für Schlüsselfertigbau-Projekte mit einer hohen Anzahl unterschiedlicher Ausbaugewerke. Denn das Verfahren ist sehr flexibel: Während die klassische Projektentwicklung von oben nach unten in Richtung Baupartner wirkt, funktioniert das Last Planner System in umgekehrter Richtung von den ausführenden Gewerken in Richtung Bauleitung. Die Bauleitung gibt – abhängig von vertraglichen Vereinbarungen – lediglich Meilensteine in der Bauausführung vor.
Bauinformationen per App
Um das Last Planner System noch effizienter zu nutzen, testet und entwickelt Wolff & Müller derzeit ein neues Modul des Softwaresystems BPO. Der Begriff steht für „BauProzessOptimierung“ und ist ein mobiles Planungs- und Echtzeitsystem von Volz Consulting, einem Beratungsunternehmen für digitales Bauen. Das neue Modul „BPO Projektsteuerung“ unterstützt Lean-Methoden wie das Last Planner System und ist eine Plattform zur digitalen Darstellung und Vernetzung der Termin- und Taktplanung. Während die Desktop-Version für die vollständige Darstellung der Plantafel beziehungsweise zur Erstellung dieser genutzt wird, dient die App in erster Linie der Terminplanung und der Aufnahme des Ist-Standes. So können beispielsweise Termine im Nachgang von den Baupartnern gleich als erledigt markiert werden, die Bauleitung wird in Echtzeit darüber informiert, kann zeitnah eine Qualitätskontrolle durchführen und bei Bedarf eine Nachbesserung veranlassen. Das digitale Werkzeug zeigt alle Einsatzdaten mit Lageplan während der Bauausführung an und speichert Leistungsstände. Die erfassten Daten werden dann in Echtzeit für die nächste Besprechung und Projektsteuerung zur Verfügung gestellt. So kann das Team in der Wilhelm-Fein-Straße jederzeit die aktuelle Entwicklung der Baustelle auf dem Handy, Tablet oder einem anderen Endgerät einsehen, analysieren und übersichtlich darstellen. Außer der App verfügt das Softwaresystem BPO noch über weitere Module, wie zum Beispiel das Modul „BPO Transportbeton“. Es kann Bestellvorgänge auslösen, den Betoniervorgang vom Antransport bis zum Einbau dokumentieren und die Daten in das Betoniertagebuch übergeben.
BIM und Lean getestet
Ein gutes halbes Jahr vor der schlüsselfertigen Übergabe des Neubaus an den Bauherrn ist ein passender Zeitpunkt für ein erstes Fazit zum Einsatz der Methoden und Werkzeuge. Aus Sicht von Wolff & Müller zeigt die intensive Nutzung von BIM über den gesamten Lebenszyklus des Bauwerks hinweg einen großen Vorteil: Bereits zu Beginn trug die BIM-Methodik zu einer guten Kommunikation und Abstimmung zwischen Fachplanern, Bauherren und Bauunternehmen bei. Da das gesamte Team einen gemeinsamen Datenraum nutzt und jederzeit auf das BIM-Gesamtmodell zugreifen kann, hat jeder immer den aktuellen Planungsstand des jeweils anderen im Blick. Aus Sicht von Wolff & Müller zeigen sich bei diesem Projekt auch einige Vorteile des Last Planner Systems und von BPO. Zunächst gilt es jedoch, bei den Mitarbeitern die erlernten, routinierten Arbeitsabläufe durch verschwendungsarme Prozesse zu ersetzen – hierfür muss zunächst ein Bewusstsein geschaffen werden. Das fordert Geduld und Zeit. Ist diese Voraussetzung jedoch gegeben, kann das Team flexibler arbeiten und sich besser abstimmen. In Kombination mit der App „BPO Projektsteuerung“ kann innerhalb des gesamten Projektteams ein Maximum an Transparenz geschaffen werden.
Die Anwendung von BIM im Bauprozess zeigt Teil 1.