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Bauprozesse steuernWieso ist Lean Construction für ein Bauunternehmen wichtig? 17.04.2020, 08:00 Uhr

Lean Construction ermöglicht effiziente Bauprozesse

Große Bauunternehmen und Ingenieurbüros haben das Thema Lean Construction bereits aufgegriffen. Sie nutzten die Methodik, um ihre Bauprozesse zu optimieren und agiler zu arbeiten. Doch was ist Lean Construction und wieso sollte es im Bauwesen eingesetzt werden?

Bauarbeiter

Lean Construction Verbessert die Prozesse auf der Baustelle.

Foto: panthermedia.net/ArturVerkhovetskiy

Lean Construction optimiert das Bauwesen. Adaptiert wurde das System aus der Autoindustrie. Dort wurde das Toyota Production System, auch Lean Management genannt, dazu entwickelt, damit Verschwendungen vermieden werden. Und genau hier setzt auch Lean Construction an: Der Bauprozess wird analysiert, um unnötige Prozesse zu erkennen. Somit können Bauzeiten optimiert, Kosten reguliert und Bauprojekte agil entwickelt werden. Das Prinzip kann an einem einfachen, jedem geläufigen Bild, deutlich gemacht werden: Der Optimist sieht ein halb volles Glas und der Pessimist ein halb leeres Glas. Der Lean Denker stellt sich die Frage „Warum ist das Glas doppelt so groß, wie es sein sollte?“.

Was ist Lean Construction?

Die Methodik Lean Construction entwickelt einen neuen Blick auf den Bauprozess. Dabei wird nicht nur der Bau eines Gebäudes betrachtet. Die Planung, Ausführung, Nutzung und der eventuelle Rückbau werden mit einbezogen: Der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes steht im Fokus. Bei Lean Construction wird herausgefiltert, welche Prozesse notwendig sind und in wie weit diese optimiert werden können, um Verschwendungen zu vermeiden. Durch die Individualisierung der Bauprojekte sowie ein gestiegener Zeit- und Kostendruck werden die Bauprozesse komplexer. Hier hat Lean Construction das Ziel, Bauprojekt effizient zu gestalten und dadurch einen gleichmäßigen Baustellenbetrieb zu ermöglichen. In der Planungsphase werden agile Ansätze genutzt, der Ablauf der Ausführung wird dann flexibel gesteuert. Bei der Analyse der Prozesse werden die Arbeits- und Taktbereiche des Bauprozesses untergliedert und angepasst. Um im Bauprozess den optimierten Prozess einzuhalten, unterstützt eine Tafel über den Ablauf, Fortschritt und Steuerung auf der Baustelle. Dadurch ist der Bauprozess stets transparent.

Das Prinzip Lean Construction hilft den Unternehmen des Bauwesens durch eine systematische Herangehensweise, die Veränderung der Arbeitskultur vorzunehmen. Die Bauindustrie hat an einigen Stellen ein Problem mit der Produktivität. Hierzu kommt, dass sie vor den gleichen spezifischen und gesellschaftlichen Problemen wie jede andere Industrie steht:

  • zunehmende Digitalisierung,
  • neue Mitarbeiter / Generation Y und Z,
  • alternde Gesellschaft und fehlende Fachkräfte,
  • wachsende Projektkomplexität,
  • steigender Kostendruck,
  • immer kürzere Projektlaufzeiten.

Die derzeitigen Strukturen, die Marktsituation und die Denkweise führen zu einem Deadlock-Problem. Die unterschiedlichen Prozesse blockieren sich gegenseitig, und die Lösungen für einen Ausweg werden nicht akzeptiert. Eine Veränderung in diesen Bereichen führt zu Effektivität im Bauwesen. Dieses ist durch das Einsetzen von Lean Construction möglich. Die stetige Weiterentwicklung des technischen Management Systems ist dabei unterstützend. Jedoch muss sich auch das soziale Management System verbessern, damit die Verbesserungen der Digitalisierung und Automatisierung etwas bewirken. Die Baubranche muss sich die Frage stellen „Warum will ich was ändern?“. Hieraus muss sie Ziele entwickeln. Eine kontinuierliche Verbesserung der Prozesse ist nur dann möglich, wenn die bisherigen Muster geändert werden und die operativen Routinen einen Wandel erhalten. Die neuen Lösungen und anderen Denkweisen durch Lean Construction, führen zu einer kontinuierlichen Steigerung der Leistung.

Wie wird Lean Construction im Unternehmen eingeführt?

Lean Construction als ganzheitliche Betrachtung der Planung und Ausführung von Bauprojekten basiert nicht darauf, dass in jedem Unternehmen die Prozesse genau gleich ablaufen. Jedes Unternehmen muss seine Prozesse analysieren und filtern, um zu sehen wo Verschwendung auftritt und Prozesse optimiert werden können. Hierzu nutzt ein Unternehmen unterschiedliche Methoden für die Projekt- und Prozessdiagnose, für die Organisation und Steigerung von Bauprojekten und für die kontinuierliche Verbesserung der Prozesse.

Methoden zur Projekt- und Prozessdiagnose:

  • Gesamtprojekt-Prozessanalyse – Ermittlung der Schritte von Lean Construction gemeinsam durch das gesamte integrale Projektteam
  • Wertstromanalyse – Darstellung der Prozesse und Flüsse eines Wertschöpfungsprozesses
  • Spaghettidiagramm – Darstellung von Laufwegen und Materialflüssen
  • Material- und Informationsflussanalyse – Visualisierung der Material- und Informationsflüsse
  • Waste Walk – durch Begehungen systematische Feststellungen von Verschwendungen
  • Hands-on-Tool-Time – Analyse der Zeit, in der tatsächlich gearbeitet wird

Methoden zur Organisation und Steuerung

  • Big Room – Ein Raum, in dem alle Projektbeteiligten zusammenarbeiten und vielfältige Besprechungsmöglichkeiten bietet
  • Projektsteuerungsraum – Ein Raum auf dem Baufeld in dem unterschiedliche Aspekte des Projektes, wie Taktplanung oder kritische Situationen, besprochen werden
  • Letzte Planner Methode – taggenaue Erarbeitung des Terminplans durch eine gemeinsame Planung aller Projektbeteiligten
  • Taktplanung und Taktsteuerung – der Prozessfluss steht im Mittelpunkt
  • Scrum – agiles Projektmanagement

Methoden zur kontinuierlichen Verbesserung

  • Ursachenanalyse
  • Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
  • Problemlösungs-Entscheidungsfindungsprozess

Dabei ist die Einführung von Lean Construction in einem Bauunternehmen nie ganz abgeschlossen. So wie sich jedes Bauprojekt ändert, ändern sich auch die Prozesse, die dann wieder analysiert und angepasst werden.

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Von Heike van Ooyen