Die richtige Temperatur von Frischbeton erreichen
Während des Mischvorgangs von Beton muss die Temperatur des Baustoffes reguliert werden. Dadurch wird sichergestellt, dass sich beim Einbau des Betons keine rissbildenden Spannungen entwickeln. Doch klimatisch extreme Regionen und bautechnische Anforderungen stellen die Temperaturregulierung von Frischbeton vor Herausforderungen.
Für viele Bauwerke ist Beton der Baustoff, der für Stabilität sorgt. Doch häufig treten nachträglich Probleme mit der Festigkeit des verbauten Betons auf. Meist liegt es daran, dass der Beton nicht ausreichend temperiert wurde. Dann können innerhalb eines Bauteils bei der Aushärtung Risse entstehen. Nachträglich können diese Risse gekittet werden, doch unter Umständen sorgen sie für gefährliche Schwachstellen in der Statik, die zu einem Bruch führen können. Aus diesem Grund ist eine Senkung der Betontemperatur in klimatisch anspruchsvollen Regionen wie dem Nahen Osten, Südostasien oder Afrika, wo extreme Temperaturen herrschen, noch beim Mischen erforderlich. In Regionen, die kalt oder wechselhaft sind, muss der Beton hingegen temperiert und damit beheizt werden. Neben dem Beachten der regionalen Temperaturen muss auf den Baustellen der Umgang mit Beton beachtet werden. Hier sind die Anforderungen stetig gestiegen. Gesetzgeber in vielen Ländern stellen höhere Ansprüche an Festigkeit, Beständigkeit und Haltbarkeit des Betons, was sich auch in den geforderten Grenzwerten der Betontemperatur niederschlägt. Zudem verlangen öffentliche wie private Auftraggeber zur Vermeidung von nachträglichen Problemen mit der Qualität des Betons oftmals noch strengere Temperaturgrenzen für den Frischbeton. So darf diese beispielsweise in Ländern der arabischen Halbinsel trotz gesetzlicher Vorgabe von 30 °C je nach Projekt nur 25 °C und weniger betragen und das bei bis zu 50 °C Außentemperatur im Sommer. Zudem kommen oftmals neuartige High-Performance-Zemente zum Einsatz, die deutlich höhere Temperaturen beim Aushärten entwickeln als Standard-Zemente. Auch die Frage nach der Energieeffizienz stellt eine neue Herausforderung dar. Hierzu bedarf es Anlagen, die zwar einerseits eine signifikante Beeinflussung der Temperatur erreichen, aber auch andererseits Alternativen zu energieintensiven Methoden, wie beispielsweise dem Einsatz von Stickstoff, ermöglichen.
Eis kühlt Beton ab
In Abhängigkeit von den klimatischen Bedingungen und dem konkreten Bauvorhaben fallen die möglichen Lösungen zur Temperierung des Betons unterschiedlich ausfallen. Der Einbau von Beton in einen Tunnel dient als Beispiel bei gemäßigtem Klima in der DACH-Region. Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen muss der Beton besonders dicht gegenüber Sickerwasser sein. Dies verhindert das Eindringen von Feuchtigkeit und damit langfristige Schäden. Das hydratationsbedingte Entstehen von Rissen muss somit unbedingt vermieden werden. Damit steigen die Anforderungen an die Temperatur der Beton-Mischung: Maximal 20 °C sind für den einzubringenden Baustoff erlaubt. Dazu ist trotz des milden Klimas vor allem im Sommer der Einsatz einer effizienten Kühlvorrichtung nötig. Um diese Grenze nicht zu überschreiten und gleichzeitig ausreichend Beton bereitstellen zu können, werden für die Vorkühlung mehr als 50 Tonnen Eis pro Tag benötigt. Da bei diesem Projekt vonseiten des Auftraggebers großer Wert auf Energieeffizienz gelegt wurde, fiel die Wahl auf die energieeffiziente Erzeugung von Platteneis anstelle von Scherbeneis. Platteneisanlagen sind je nach Umgebungsbedingung mit einem Verbrauch von circa 30 Prozent bis 45 Prozent weniger Energie pro Tonne Eis sparsamer als Scherbeneisanlagen.
Aggregatkühlung ist eine Alternative zu Eis
In tropischen Regionen, in denen Temperaturen um die 45 °C oder mehr herrschen können, kommen weitere Herausforderungen hinzu. So sollen in einem weiteren Beispiel täglich 1.000 Kubikmeter in einem Werk für Transportbeton produziert werden, der als Fundament verwendet wird. Um hier die regional vorgegebene Zieltemperatur von 23,5 °C zu erreichen, könnte man wie im europäischen Fall auf den Einsatz von Platteneis zurückgreifen, die wenn gewünscht gleichzeitig auch Kaltwasser erzeugen können. Jedoch wäre in diesem Fall selbst mit Einsatz von über 78 Kilogramm Eis und 36 Liter Kaltwasser pro Kubikmeter Beton nur eine Frischbetontemperatur von 28 °C erreicht worden. Aufgrund des Wasser-Zement-Verhältnisses war dies nicht möglich und die Festigkeit des Betons hätte nicht mehr gewährleistet werden können. Daher ist nun die Zuschlagstoffkühlung als Ergänzung zu Eis und Kaltwasser eingesetzt worden. Der für das Anmischen des Betons ebenfalls notwendige Kies wird dabei in entsprechend großen Silos mithilfe von durch Düsen eingeblasener Kaltluft vor dem Mischvorgang herabgekühlt. Dabei wird die Außenluft angesaugt und gereinigt, damit sich die Wärmetauscher nicht zusetzen und somit eine konstante Kühlleistung gewährleistet werden kann. Auf diese Weise wird die mechanische Wartung der Anlage auf ein Minimum reduziert. Die Luft gelangt schließlich über ein mehrstufiges Kühlsystem mit Wärmetauscherpaketen von unten in das Siloinnere zum Kies. Dadurch sinkt die Temperatur der Zuschlagstoffe in diesem Beispiel auf circa 20 °C. In anderen Fällen dient die Zuschlagstoffkühlung auch als vollständige Alternative zur Kühlung durch Eis. Im Ergebnis bleibt die Kombination von gekühltem Kies und Kaltwasser energetisch deutlich unter der Variante mit Eis, da die Abkühlung von Wasser ebenso wie von Luft weniger energieintensiv ist als die Herstellung von Eis. Aufgrund der Zusammensetzung von Beton (40 bis 60 Prozent Kies) wirkt sich die Kühlung dieses Zuschlagstoffes außerdem erheblich auf die Mischtemperatur aus und macht sie somit effektiv. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass eine Änderung der Frischbetontemperatur um 1 K durch eine Änderung der Temperatur der Gesteinskörnung um ca. 1,6 K bewirkt wird. Im Gegensatz dazu muss das zugegebene Wasser um 3,6 K abgekühlt werden, um den gleichen Abkühlungseffekt zu erzielen.
Massive Beton-Bauteile richtig temperieren
Ein drittes Beispiel soll schließlich eine der größten Herausforderungen bei der Kühlung und Heizung von Beton zeigen: der Staudammbau. Das Szenario spielt diesmal in einer weit im Süden gelegenen Region des amerikanischen Kontinents, in der sowohl niedrige Temperaturen im Winter als auch höhere Temperaturen im Sommer auftreten. Kennzeichnend für jedes Staudamm-Projekt sind die komplexen Anforderungen an den temperaturkontrollierten Beton, welche vor allem aus den Dimensionen der massiven Beton-Bauteile resultieren. So findet beim Aushärten ab einer gewissen Distanz zwischen Bauteilkern und Oberfläche praktisch kein Wärmeaustausch mehr zwischen Kern und Umgebung statt. Infolgedessen steigt auch die Wärme- und Volumenentwicklung im Inneren durch Hydratation, was die Struktur negativ beeinflusst – sei es das Nicht-Erreichen der gewünschten Druckfestigkeit oder eine verstärkte Bildung von Rissen durch thermische Ausdehnungen. Daher muss in diesem Fall beim Anmischen darauf geachtet werden, eine Anfangstemperatur von gerade mal 10 °C nicht zu überschreiten. Gleichzeitig dürfen die kalten Temperaturen im Winter nicht dazu führen, dass die Betonmischung unter einen Wert von 10 °C fällt, da ansonsten die Gefahr der Bildung von Lunkern besteht, also Löchern mit gefrorenem Wasser im Beton. Diese stellen eine erhebliche Beeinträchtigung der Festigkeit und Struktur des Betons dar. Hier bietet sich nun aufgrund der klimatischen Bedingungen eine Kombination aus Anlagen zur Betonkühlung und -heizung an. Als Grundlage dient dabei erneut eine Platteneisanlage, die in diesem Fall gegenüber Scherbeneis den Vorteil hat, dass für die täglich benötigten 110 Tonnen Eis nur eine anstatt zwei Anlagen erforderlich sind. Zudem kann die Platteneisanlage ebenfalls die Versorgung mit Kaltwasser sicherstellen, sodass keine separate Kaltwasseranlage nötig ist, um die täglichen 200 Kubikmeter Wasser zur Kühlung der Betonmischung zu liefern. Allein durch diese Maßnahmen sinkt der Energieverbrauch um circa 185 kW und die benötigte Menge an Kältemittel um über 50 Prozent. Nicht zuletzt wären durch zwei Scherbeneisanlagen zusätzliche Transport-, Installations- sowie Anlagenkosten entstanden, was bei besonders abgelegenen Gebieten wie diesem eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Um den Beton jedoch auf die sehr niedrigen Temperaturen von 10 °C zu kühlen, kommt ergänzend eine Aggregatkühlung durch Kaltluft zum Einsatz. Der besondere Vorteil besteht nun darin, dass mit den gleichen Kies-Silos, die im Sommer für die Kühlung verwendet werden, auch im Winter eine Beheizung gewährleistet werden kann. Hierfür ist lediglich eine Anlage zur Erzeugung von Kaltluft sowie eine von Warmluft erforderlich, sodass ganzjährig eine gleichmäßige Temperatur des Betons sichergestellt ist. Je nach Bedarf wird die entsprechende Anlage dem Silo zugeschaltet und die warme beziehungsweise kalte Luft durch den Kies geleitet. Zum Einsatz kommen in diesem Fall drei Heißluftanlagen sowie eine Heißwasseranlage für das Anmischen des Betons. Da auf abgelegenen Baustellen eine Versorgung mit grünen Brennstoffen nur schwer möglich ist, entsteht die Wärme jeweils durch das Verbrennen von einfach zu lagerndem Heizöl nach EU-Standards. In urbanen Regionen wird jedoch auch oft Erdgas oder Biogas verwendet.
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