Graue Energie in Außenwand sinnvoll investiert
Die im Betrieb eines Gebäudes realisierte Energieeinsparung kann sich deutlich gegenüber den zusätzlichen Aufwendungen an Grauer Energie auszahlen, die durch eine monolithischen Außenwandkonstruktion aus hochwärmedämmenden Ziegeln möglich ist.
Energieeffizientes Bauen hat zu einer deutlichen Senkung des nicht erneuerbaren Primärenergiebedarfs von Gebäuden während ihrer Nutzungsphase geführt: So konnte der mittlere Endenergiebedarf bis zur ersten Wärmeschutzverordnung (1984) von über 200 kWh/(m²·a) bei heutigen Neubauten auf oft unter 40 kWh/(m²·a) reduziert werden. Markant ist der Rückgang der Transmissionswärmeverluste über die Gebäudehülle.
Verringerte Wärmeverluste bringt Graue Energie in den Fokus
Der beeindruckende Erfolg bei der Senkung des Energieverbrauchs in der Nutzung rückt die sogenannte Graue Energie (siehe Kasten) in den Fokus. Dieser Energieaufwand umfasst die gesamte nicht erneuerbare Primärenergie vom Rohstoffabbau über die Baustoffherstellung und -verarbeitung bis zur späteren Entsorgung, inklusive der erforderlichen Transporte.
In den letzten Jahren wurde intensiv diskutiert, ob ein noch weiter verbesserter Wärmeschutz eventuell mehr Graue Energie benötigt als in der Nutzungsphase an Betriebsenergie eingespart werden kann. Dieser Prüfung müssen sich Baustoffe heute stellen, weshalb die Deutsche Poroton das Forschungsinstitut für Wärmeschutz e. V. (FIW) und das Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden (ITG) mit einer Untersuchung zur „Gesamtenergetischen Nachhaltigkeitsbewertung von Poroton-Mehrfamilienhäusern im Niedrigstenergiegebäudestandard“ beauftragt hat.
Ökobilanzen zeigen großen Einfluss der Innenbauteile
Herzstück der Studie ist eine Ökobilanzierung über den gesamten Lebenszyklus für ein realitätsnahes Typenhaus in Massivbauweise der Arge Kiel. In diesem Gebäaude verteilen sich 12 Wohneinheiten auf fünf Geschossen und 1.064 Quadratmeter Nutzfläche. Die Außenwände bestehen aus einer monolithischen Konstruktion perlitgefüllter Ziegel, wodurch keine zusätzlichen Dämmschichten erforderlich sind.
Für dieses Gebäude wurde die Ökobilanz mit drei verschiedenen energetischen Niveaus (GEG-Referenz, EH 55 und EH 40) sowie sechs unterschiedlichen Haustechnikvarianten aufgestellt, anhand derer sich der Einfluss der Grauen Energie – dargestellt als kumulierter, nicht-erneuerbarer Energieaufwand (PENRT) – untersuchen ließ.
Die Aufteilung der Grauen Energie für die Gebäudeerstellung nach Bauteilen und Materialien in den drei verschiedenen energetischen Niveaus zeigt die Abbildung oben. Der Anteil für die Poroton-Ziegel der Außenwände liegt in allen drei Varianten bei etwa 20 Prozent. Die über die Jahre deutlich verbesserte Betriebsenergieeffizienz beim Sprung vom GEG-Referenzniveau zu KfW-geförderten Gebäuden hat verhältnismäßig wenig Einfluss auf die Graue Energie.
Auffällig ist nach Angaben von Poroton hingegen der große Anteil Grauer Energie bei Innenbauteilen. Geschossdecken und Innenwände haben zusammen mit dem Keller einen etwa doppelt so großen Anteil wie die Außenwände, weshalb hier der größte Hebel für die Reduzierung liegt. Ähnliches gilt für die Fenster, die im Vergleich zu ihrer Fläche den höchsten Anteil an Grauer Energie unter allen Bauteilen benötigen.
Betriebsenergie bleibt ausschlaggebend
Für eine Bewertung über den gesamten Lebenszyklus muss die Graue Energie mit den notwendigen Erneuerungen von Bauteilen kombiniert und in Relation zum Primärenergiebedarf in der Nutzung gesetzt werden. Aus der Studie geht laut Poroton hervor, dass der Energiebedarf für den Betrieb deutlich größer ist als die Graue Energie für die Errichtung. Je nach berechneter Gebäudevariante benötigt der Betrieb 56 bis 75 Prozent der gesamten Energie über den Lebenszyklus. Die Reduzierung der Transmissionswärmeverluste auf die heutigen Level sei deshalb die effizienteste Maßnahme zur Senkung des Gesamtenergiebedarfs.
Den wesentlichen Unterschied mache die Nutzungsdauer, durch die lange Nutzungszeit der Ziegelkonstruktionen – weit über 80 Jahre hinaus. Allein durch längere Nutzung und die Vermeidung von Erneuerungen seien jährliche Einsparungen an Primärenergie von 6 bis 14 Prozent möglich, wie ein Vergleich der Berechnungen für 50 und 80 Jahre Nutzungsdauer ergab.
Energieeffizienz in Betrieb und Errichtung
Die Studie komme zum Ergebnis, dass die im Betrieb realisierte Energieeinsparung sich deutlich gegenüber den zusätzlichen Aufwendungen an Grauer Energie auszahlt. Guter Wärmeschutz und effiziente Anlagentechnik sind also nachhaltig und ökologisch sinnvoll. Die Graue Energie sollte berücksichtigt, aber nicht gegen einen guten Wärmeschutz ausgespielt werden, konstatieren die Forschenden unter Leitung von Prof. Andreas Holm.
Aus Sicht der Deutschen Poroton belegt die Studie eindrücklich, dass die Kombination von sehr gutem Wärmeschutz und moderner Anlagentechnik der effizienteste Weg zur Senkung des Primärenergiebedarfs ist. Das gilt gerade dann, wenn die Ökobilanz über den gesamten Lebenszyklus aufgestellt wird.
Empfehlung der Redaktion – das könnte Sie auch interessieren:
- Nachhaltige Zementproduktion: Grünes Licht für CO2-Abscheidung im Industriemaßstab
- Kreislaufwirtschaft: Erstes deutsches Zementwerk mit CO2-Abscheideanlage
- Treibhausgasemissionen verringern: Weltweit ersten solaren Zementklinker produziert
- Nachhaltigkeit: Klimaneutraler Büroturm mit Überschuss-Power in der Fassade
- Biodiversität: Tongruben als Rückzugsräume für bedrohte Arten
- Wichtige Abkürzungen aus der Baubranche