Staubfrei Asbest sanieren
Der Gebäudebestand in Deutschland ist unsere Graue Energie, die ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Dekarbonisierung ist. Doch in einigen Bestandsgebäuden ist das Thema Asbest noch lange nicht beseitigt und durch die Sanierungswelle wieder präsent.
Seit 1993 ist Asbest in Deutschland verboten. Doch von 1950 bis 1989 kamen Asbest-Baustoffe unter anderem in Faserzementplatten, Fliesenkleber oder Leichtbauplatten intensiv zum Einsatz. Bei jetzigen Sanierungsarbeiten kann der krebserregende Stoff freigesetzt werden. Carsten Burckhardt, zuständig für Bauwirtschaft und Arbeitsschutz im Bundesvorstand der IG BAU, erklärt: „Wir stehen am Anfang von zwei Sanierungsjahrzehnten. Die energetische Gebäudesanierung wird enorm an Fahrt aufnehmen. Gleichzeitig baut sich Deutschland um: Aus bestehenden Gebäuden wird neuer und zusätzlicher Wohnraum. Wohnhäuser werden modernisiert, senioren- und familiengerecht umgebaut oder aufgestockt. Mit der Sanierungswelle droht deshalb jetzt eine ‚Asbest-Welle‘ auf dem Bau.“ Über 9,4 Millionen Wohnhäuser wurden von 1950 bis 1989 in Deutschland neu gebaut. In dieser Zeit wurden nach Angaben des Pestel-Instituts rund 4,35 Millionen Tonnen Asbest in Ost- und Westdeutschland importiert und circa 3.500 Produkte hergestellt. Die meisten Produkte waren dabei für den Baubereich vorgesehen. Für Asbest-Zementprodukte wurden 73 Prozent des importierten Asbests genutzt.
Maßnahmen zum Schutz vor Asbest
Der Baustaub und das Einatmen von Asbestfasern werden häufig als „unsichtbare Gefahr“ bezeichnet. Hier möchte die IG BAU einschreiten und hat ein Maßnahmenpaket entwickelt. In einer „Asbest-Charta“ hat sie zentrale Forderung für den Schutz vor Asbest aufgenommen. „Es geht dabei um bessere Informationen über Asbest-Gefahren bei Gebäuden, um die Förderung von Asbest-Sanierungen und vor allem auch um konsequenten Arbeitsschutz. Denn der bevorstehende Sanierungsboom darf nicht zu einer Krankheitswelle führen“, meint Burckhardt. Fünf Forderungen wurden hierfür entwickelt.
Asbest-Gebäudepass und Asbest-Kataster
Ein Asbest-Gebäudepass soll für mehr Transparenz sorgen und vor Baumaßnahmen deutlich machen, ob bei dem zu sanierenden Gebäude Asbest vorkommt. Dieser Gebäudepass sollte nach IG BAU sogar auf einen Schadstoff-Gebäudepass erweitert werden. Dadurch sind dann auch andere Belastungen wie Holzschutzmittel erkennbar. Bei Eigentümerwechsel sollten Häuser, bei denen der Verdacht auf Asbest besteht, ein Asbest-Gebäude-Check unterzogen werden. Dies soll, so IG BAU, zu einer Gefährdungseinstufung des Gebäudes führen. Diese Ergebnisse sollen in einem Asbest-Kataster erfasst werden. Hier verweist Burckhardt auf Frankreich, die einen verpflichtenden Schadstoff-Ausweis für Gebäude haben, der auch Asbest umfasst.
Sanierungs- und Abwrack-Prämie für Asbest-Häuser
Bei Asbest-Sanierungen müssen die erforderlichen Arbeitsschutzstandards eingehalten werden und die asbesthaltigen Baustoffe müssen ordnungsgemäß entsorgt werden. Da diese Maßnahmen kostenintensiv sind, fordert die IG BAU vom Staat, die Sanierungsarbeiten finanziell zu unterstützen. Renovierungs-, Sanierungs- und Abwrack-Prämie für Asbest-Häuser fördert die fachgerechte Ausführung und Entsorgung.
Nationaler Asbest-Gipfel von Bund, Ländern und Kommunen
Damit das Problem einer drohenden Zunahme der Asbest-Gefahr gemindert wird, schlägt die IG BAU eine übergreifende stattliche Kooperation vor. Ein möglicher Austausch von Bund, Ländern und Kommunen sollte auf einen nationalen Asbest-Gipfel erfolgen.
Informations-Offensive „Asbest auf dem Bau“
Der Schutz vor Asbest auf der Baustelle muss zur Routine werden. Hier sei der Arbeitsschutz gefragt, der die Asbest-Gefahr in den Fokus rücken muss. Um dies zu erreichen, fordert die IG BAU eine Aufklärungskampagne. Dabei sollen Baubeschäftigte und Heimwerker vor den Gefahren gewarnt werden und über den fachlich richtigen Umgang mit Maschinen und Schutzausrüstungen informiert werden. Die Aufklärung muss auch die Beschäftigten auf dem Bau erreichen und sollte daher in unterschiedlichen Sprachen bereitgestellt werden.
Intensivere staatliche Arbeitsschutz-Kontrollen
Um den Asbest-Arbeitsschutz effektiv umsetzen zu können, fordert die IG BAU mehr staatliche Kontrolleure. Derzeit kommt auf einen Kontrolleur oder Kontrolleurin 23.085 Beschäftigte. Die Internationale Arbeitsorganisation der Europäischen Union fordert hier eine Quote von 1 zu 10.000. Dieses sollte umgesetzt werden und die Baustellen müssen in den Fokus der Kontrollen gerückt werden.