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Baustoffe 01.02.2015, 00:00 Uhr

Verwendete Materialien in der Wasserversorgung bei Betreibern von Versorgungsnetzen kleinerer und mittlerer Größe

Aufgrund fehlender Modelle bzw. lückenhafter Daten ist man bei der Rehabilitierungsplanung von kleineren Wasserversorgungsnetzwerken zumeist auf Experteneinschätzungen angewiesen. Da in Österreich diese Expertendaten aber nicht strukturiert verfügbar sind, wurde in zehn (Markt-)Gemeinden bzw. Städten in Tirol und Vorarlberg, jeweils fünf pro Bundesland, eine Befragung über die Betreiberkennwerte (wie z. B. Schadensraten, Wasserverluste, etc.) sowie über die Einschätzung der Eigenschaften und Lebensdauern von verwendeten Materialien durchgeführt und mit Literaturwerten verglichen. Die Ergebnisse dieser Befragung zeigen die Diversität nicht nur der verschiedensten Einflussfaktoren auf die Entscheidungsfindung sondern auch die unterschiedlichen Erfahrungen der Betreiber bei der Materialwahl und später bei der Instandhaltungs- und Rehabilitierungsplanung mit den gewählten Werkstoffen. Weiters wurden die Unterschiede zwischen den Einschätzungen der Betreiber sowie den vorhandenen Modellen thematisiert.

 

 

Foto: PantherMedia / boyda

1 Einleitung

Durch die Alterung unserer Wasserversorgungsnetze rückt deren Erhalt und Erneuerung immer mehr in den Fokus. Bei einem Anschlussgrad von 91,8 % in Österreich wird der Anteil der benötigten Mittel für die Neuerschließung immer geringer während er für die Sanierung der bestehenden Netze immer weiter zunimmt – von 51,6 % der Investitionen im Jahr 2013 auf prognostizierte 71,5 % im Jahr 2021 [1].

Verschiedene Untersuchungen zeigen die Modellierung des Alterungsverhaltens von Trinkwasserleitungen [2], [3], [4], [5], beziehen sich dabei aber meist auf größere Netze bei größeren Betreibern. Dies liegt daran, dass hier üblicherweise die bessere Datengrundlage gegeben ist. Neunteufel et al. [6] weisen allerdings darauf hin, dass in den nächsten zehn Jahren größere Leitungsstrecken in ländlichen Gebieten zu sanieren sind als in städtischen. Ländlich strukturierte Wasserversorgungsbetriebe verwalten zumeist lange Leitungsnetze mit dünner Besiedelung. Dies schlägt sich auch in den veranschlagten Gesamtkosten nieder [1]: der größte Teil der Kosten fällt in Gemeinden unter 50.000 Einwohner an, wo auch ein großer Anteil der Gesamtbevölkerung (67,44 % [7]) lebt. Ähnliches wurde bereits im Kanalbereich beobachtet [8], wo ebenfalls kleinere Gemeinden eine längere spezifische Haltungslänge aufweisen und dadurch auch höhere spezifische Kosten.

Aufgrund fehlender bzw. lückenhafter Daten ist man bei der Rehabilitierungsplanung von kleineren Netzwerken zumeist auf Experteneinschätzungen angewiesen. Scholten et al. [9] zeigten, wie man mit diesen Expertenmeinungen und den wenigen vorhandenen Daten ein Rehabilitierungsmodell realisieren kann. Da in Österreich diese Expertendaten aber nicht strukturiert verfügbar sind, wurde in zehn (Markt-) Gemeinden bzw. Städten in Tirol und Vorarlberg, jeweils fünf pro Bundesland, eine Befragung über die Betreiberkennwerte (wie z. B. Schadensraten, Wasserverluste, etc.) sowie über die Einschätzung der Eigenschaften und Lebensdauern von verwendeten Materialien durchgeführt und mit Literaturwerten verglichen.

2 Durchführung der Befragung

Es wurde an die teilnehmenden Betreiber ein Fragebogen ausgegeben. Durch gezieltes Nachfragen konnte eine Rücklaufquote von 100 % der verteilten Fragebögen erreicht werden, welche aufgrund des Wunsches der Betreiber nur in der anonymisierten Form ausgewertet wurden. In Tabelle 1 sind die angegebenen Grunddaten der befragten Betreiber zusammengestellt.

Von den befragten Organisationen versorgen zwei unter 5.000 Einwohnern, zwei zwischen 5.000 und 10.000 Einwohner und vier zwischen 10.000 und 20.000 Einwohner. Ein Betreiber liegt im Bereich zwischen 20.000 und 50.000 Einwohner und einer darüber. Fast alle Teilnehmer der Befragung (mit jeweils einer Ausnahme) führen einen Leitungskataster sowie eine Schadensaufzeichnung, wenn auch die meisten erst seit kürzerer Zeit (ab 2000). Weiters existieren bei den meisten Befragten hydraulische Modelle zur Netzberechnung. Die Betrachtung der Netzlängen zeigt auf den ersten Blick, dass die längsten Netze (ohne Hausanschlüsse (HA)) mit den höchsten Einwohnerzahlen korrelieren was sich allerdings bei der Betrachtung der Netzlänge pro angeschlossenem Einwohner (Bild 1) relativiert. Hier zeigt sich, dass die Betreiber mit der geringsten Anschlusszahl für jeden Einwohner eine längere Leitungslänge vorhalten müssen als die Betreiber mit höherer Einwohnerzahl.

Bild 1. Netzlänge pro angeschlossenem Einwohner

Bild 1. Netzlänge pro angeschlossenem Einwohner

 

3 Ergebnisse und Diskussion

Als erste Parameter wurden der tägliche Wasserverbrauch und die ermittelten Wasserverluste ausgewertet (Bild 2). Zwei von zehn Fallstudien gaben dazu keine Auskunft. Der Vergleich des gesamten täglichen Wasserverbrauches der Gemeinden (wie er angegeben wurde) erwies sich als nicht zielführend, daher wurde ein täglicher Wasserbedarf bezogen auf die angeschlossenen Einwohner ermittelt und mit den Durchschnittswerten einer anderen Studie [10] unterschieden nach Strukturgruppen (städtisch, ländlich, etc.) verglichen. Mit Ausnahme der Fallstudien B und F liegen alle Werte nahe des Durchschnittes. Während die Fallstudie F diesen weit übertrifft und sich schon im Bereich des in der Literatur angegebenen Maximalwerts befindet, ist Fallstudie B eher im Bereich des Minimums angesiedelt. Allerdings liegen sie immer noch in einer plausiblen Bandbreite [10].

Bild 2. Wasserverbrauch und –verluste in den Fallstudien

Bild 2. Wasserverbrauch und –verluste in den Fallstudien

Die Wasserverluste wurden als prozentuelle Wasserverlustrate angegeben [11], wobei dies in Fallstudie H nicht der Fall war und für Fallstudie D zwar eine sehr hohe Verlustrate (30 %) angeben wurde aber keine Netzeinspeisemenge, um diese in Volumeneinheiten zu überführen. Da die prozentuelle Verlustrate nur als Richtwert für die Einschätzung der Wasserverluste dienen kann, wurden mithilfe der bekannten Netzlängen die Verluste bezogen auf die Leitungslänge qL [11] berechnet (Bild 3).

Bild 3. Wasserverlustrate in den Fallstudien

Bild 3. Wasserverlustrate in den Fallstudien

Dieser Kennwert ist nur für die Fallstudien mit niederer Anschlussdichte aussagekräftig, da die Anschlussdichte nicht berücksichtigt wird. Demzufolge ergeben sich für Betreiber mit einer höheren Anschlussdichte höhere reale Verluste bezogen auf Kilometer Leitungslänge [11]. Da die Anschlussdichte in den Fragebögen allerdings nicht berücksichtigt wurden und eine Berechnung anderer Kennwerte (z. B. Infrastruktur Leckverlust Index – ILI [12]) aufgrund der Datenlage nicht möglich ist, wird diese Kennzahl für alle Fallstudien ermittelt. Für die Fallstudien A und E wird das Ergebnis nur unter Vorbehalt betrachtet, da dort aufgrund der hohen Einwohnerzahl mit einer höheren Anschlussdichte zu rechnen ist. Dadurch sind auch die sehr hohen Werte für qL in diesen Fallstudien zu erklären. Von den restlichen Fallstudien liegen bis auf Fallstudie J alle im Bereich von geringen bzw. mittleren Wasserverlusten.

Als nächster Kennwert wurde die mittlere jährliche Sanierungsrate ermittelt. Sechs von zehn Betreibern gaben hierzu plausible Daten an. Betreiber H gab eine Sanierungsrate von 100 % an, was unplausibel ist (wahrscheinlich wurde eine 100%ige Reparatur aller auftretenden Schäden angenommen) und wird daher als ungültige Angabe und somit ebenfalls als 0 % gewertet (Bild 4).

Bild 4. Mittlere jährliche Sanierungsrate (links) und Wasserbezug (rechts)

Bild 4. Mittlere jährliche Sanierungsrate (links) und Wasserbezug (rechts)

Von den plausiblen Daten ist auffällig, dass keine der Fallstudien eine Sanierungsrate unter 1 % aufweist (Bild 4). Wenn man eine durchschnittliche Lebensdauer von 60 Jahren [6] annimmt, würde eine jährliche Sanierungsrate von 1,67 % notwendig sein und dieser Wert wird von der Hälfte der plausiblen Fallstudien erreicht. Im Durchschnitt werden 1,45 % der Leitungslängen rehabilitiert.

Keiner der befragten Betreiber bezieht das Wasser aus Oberflächengewässer. Es wird österreichweit das Wasser zu 99 % aus Grund- und Quellwasser bezogen und lediglich zu 1 % aus Oberflächenwasser. Wie die Befragung zeigt (Bild 4), erzielen Grundwasserbrunnen eine höhere Abdeckungsrate als Quellfassungen. Außerdem ist bei dieser Stichprobe ein eindeutiger Trend der Bundesländer zu erkennen. Die befragten Betreiber aus Tirol beziehen im Mittel zu 88 % ihr Wasser aus Quellen, die aus Vorarlberg zu 93 % aus Grundwasserpumpen. Diese vergleichsweise große Menge an genutztem Grundwasser kann allerdings nicht durch die Nähe zum Bodensee begründet werden. Der Bodensee gibt das Grundwasser nicht ab, sondern tendiert eher zu dessen Aufnahme. Vielmehr könnte das Fehlen von nutzbaren Quellen im Zusammenspiel mit einem großen Grundwasserangebot bedingt durch die Gletscherschmelzen in der Eiszeit und die relativ vielen Niederschläge, von denen circa 25 % versickern, als Begründung angeführt werden.

Die Frage, ob eine aktive Schadenssuche betrieben wird wurde lediglich bei zwei von zehn befragten Betreibern verneint. Aus ihren Erläuterungen zur Vorgehensweise werden aber einige Antworten korrigiert, da die Befragten etwas unterschiedliche Auffassungen von “aktiv” hatten. Eine tägliche Überprüfung des Verbrauches bzw. Nachtverbrauches führen neun von den zehn Befragten durch. Dies wird in dieser Befragung allerdings nicht als aktiv gewertet. Sechs Betreiber gaben an, seit wann sie aktiv nach Schäden im Wasserverteilungsnetz suchen. Unter diesen wird durchschnittlich seit 1986 aktiv nach Schäden gesucht. Für die aktive Leckortung werden akustische Messmethoden angewandt, zum Teil durch den Betreiber selbst oder auch durch Fremdfirmen. Diese werden meist für den geringeren Anteil der Schäden eingesetzt, welche nicht durch die Selbstkontrolle erfasst werden konnten. Die aktive Lecksuche wird allerdings in sehr unterschiedlichen Zeiträumen angewandt. Die am häufigsten genannte Strategie ist dabei die, bei der bei Bedarf (meist bei Unregelmäßigkeiten in der Verbrauchsüberprüfung) bzw. bei öffentlicher Wahrnehmung aktive Schadensuche betrieben wird. Bei zwei Betreibern werden diese Maßnahmen jährlich bzw. vierteljährlich durchgeführt. Weiterhin wurden die Schadensraten der Jahre 2009 bis 2013 ermittelt (Bild 5).

Bild 5. Schadensraten der verschiedenen Fallstudien von 2009 – 2013

Bild 5. Schadensraten der verschiedenen Fallstudien von 2009 – 2013

Man sieht hier, dass bei den meisten Fallstudien die Schadensraten unter der in ÖVGW W100 [13] festgelegten hohen Schadensrate liegen. Nur zwei der Fallstudien stechen hier heraus: Bei Fallstudie I kann eine hohe Schadensrate für die Jahre 2010, 2011 und 2012 festgestellt werden. Der Medianwert liegt bei 28,6 Schäden auf 100 km (Bild 6).

Bild 6. Boxplot (Median, Box – Interquartilsabstand, Ausreißer mit x markiert) der Schadensraten für die verschiedenen Fallstudien sowie der Mittelwert (MW)

Bild 6. Boxplot (Median, Box – Interquartilsabstand, Ausreißer mit x markiert) der Schadensraten für die verschiedenen Fallstudien sowie der Mittelwert (MW)

Dem gegenüber stehen hier niedrige Wasserverluste (Bild 3). Dies kann entweder aus fehlerhafter Wasserverlustermittlung bzw. fehlerhaftem Dateneintrag in den Fragebogen oder wenn man das Bewertungsdreieck von Neunteufel et al. [14] anwendet durch sehr gute Instandhaltung, Reparatur und Sanierung resultieren. Dies wird durch die relativ hohe Sanierungsrate von 1,79 % gestützt. Die zweite Fallstudie mit hoher Schadensrate ist die Fallstudie D. Hier liegt der Median niederer, bei 20,2 Schäden pro 100 km. Dazu kommt hier allerdings auch ein hoher Wasserverlust (angegeben als 30 %). Sollten diese Annahmen so stimmen wären sie, wieder unter Verwendung des Bewertungsdreiecks [14], ein Anzeichen für dringend notwendige Rehabilitierungsmaßnahmen. Leider fehlt zur Beurteilung der Rehabilitierung für diese Fallstudie die Datenlage. Im Median über alle Fallstudien liegen wir bei einer mittleren Schadensrate von 10,77 Schäden pro 100 km (Bild 6).

Bei acht von zehn befragten Wasserversorgern besteht das Wasserversorgungsnetz überwiegend aus Rohren aus Grau- und Duktilguss (Bild 7).

Bild 7. Materialverwendung in den Netzen der Fallstudien und im Mittel (MW)

Bild 7. Materialverwendung in den Netzen der Fallstudien und im Mittel (MW)

Bei Betreiber A überwiegt PE mit einem minimal längeren Anteil an eingebauten Kilometern als Gusseisen und bei Betreiber J die Stahlleitungen. Im Mittel bestehen die betrachteten Netze zum größten Teil noch aus Graugussrohren (43,26 %) und Duktilgussrohren (26,16 %). Danach folgen PE-Rohre (2,54 % PE80, 11,50 % PE100, 1,27 % PE-X) und Stahlrohre (10,77(%)). Nur kleinere Anteile von anderen Materialien wie Asbest- und Faserzement, PVC und glasfaserverstärktem Kunststoff finden Anwendung bzw. sind nicht bekannt. Diese mittlere Zusammensetzung widerspricht der typischen österreichischen Netzzusammensetzung [6], die 26 % Asbestzementrohre annimmt. Dies kann allerdings auf lokale Gegebenheiten zurückzuführen sein, da diese Befragung auf zwei Bundesländer konzentriert ist.

Für Neuverlegungen verwenden 60 % der Betreiber Duktilgussrohre, 100 % PE-Rohre und 10 % Stahlrohre, allerdings nur noch für Spezialleitungen mit hohen Durchmessern. Den Duktilgussrohren wird eine hohe Lebensdauer zugewiesen, außerdem kann aufgrund der weiten Verbreitung auf Erfahrungswerte anderer Betreiber zurückgegriffen werden. Ein weiterer Vorteil ist die gute Ortbarkeit und die Eignung für akustische Leckortung. Nachteile, die von 40 % der Befragten als Gründe für eine Nichtverwendung angegeben werden, sind vor allem der Preis, hauptsächlich für den Korrosionsschutz und die Schwierigkeit der Verlegung. Diese wird wahrscheinlich an der nur bedingt vorhandenen Schweißbarkeit des Materials liegen [15]. Stahl wird von den meisten Betreibern nicht mehr als Stand der Technik betrachtet und nur noch für Sonderanwendungen (Transport- oder Kraftwerksleitungen) aufgrund der für den Preis guten Eigenschaften, z. B. der hohen Zug- und Biegefestigkeit [15], in Betracht gezogen. PE hingegen wird für die meisten Anwendungen aufgrund des geringen Preises, der einfachen Verlegung und der einfachen Verbindungstechnik bevorzugt. Auffällig ist, dass vor allem die kleineren Gemeinden PE bevorzugen.

Die restlichen Materialien spielen beim Neubau keine Rolle mehr und werden im Zuge der Sanierungen ausgetauscht. Bei Asbestzementrohren stehen vor allem die Gesundheitsbedenken im Vordergrund. Die bereits eingebauten Leitungen können zwar bei Einhaltung der Grenzwerte der Trinkwasserverordnung [16] weiter betrieben werden, beim Austausch der Leitungen ist aber auf die Arbeitssicherheit zu achten [17]. Außerdem melden einige Betreiber erhöhte Schadensraten an den Asbestzementrohren. PVC-U und GFK werden aufgrund des Verlegeaufwandes sowie der qualitativen Unterlegenheit gegenüber PE von keinem Betreiber mehr verwendet.

Es wurde neben der Netzzusammensetzung auch der Zeitraum der Materialnutzung abgefragt. In Bild 8 werden die Zeiträume der Verwendung dargestellt: durchgezogen falls Anfangs- und Endjahr der Verlegung bekannt sind und strichliert, falls nur eines der beiden Jahre bekannt ist. Als Vergleichswerte wurden Angaben aus der Literatur angegeben [2], [18], [19].

Bild 8. Zeitraum der Materialverwendung in den Fallstudien und aus Literaturwerten L1 – L3 [2], L4 [18], L5 – L6 [19]

Bild 8. Zeitraum der Materialverwendung in den Fallstudien und aus Literaturwerten L1 – L3 [2], L4 [18], L5 – L6 [19]

Wenn man die Verlegeperioden zusammenfasst (Bild 9) und mit den Werten aus der Literatur vergleicht, sieht man dass die angegebenen Werte plausibel sind und in den bereits in der Literatur angegebenen Zeitspannen liegen. Die einzige Ausnahme bilden die Graugussrohre, wo scheinbar noch Restbestände bis 1995 verlegt wurden. Eine weitere Fragestellung war die Frage nach den erwarteten Lebensdauern der einzelnen Materialien (in Bild 10 den mittleren Leitungsaltern gegenüber gestellt).
Bild 9. Verlegeperioden aus Befragungsdaten und Literaturwerten

Bild 9. Verlegeperioden aus Befragungsdaten und Literaturwerten

 

Bild 10. Durchschnittsalter der Netze (Balken) und Lebenserwartung (Kreuze) unterteilt nach Materialien

Bild 10. Durchschnittsalter der Netze (Balken) und Lebenserwartung (Kreuze) unterteilt nach Materialien

Es zeigt sich, dass den historischen Materialien geringe Lebensdauern (Grauguss im Mittel 61 Jahre und Stahl 60 Jahre) zugeschrieben werden und diese auch schon bald von den Durchschnittsaltern der bestehenden Netze erreicht werden (bei Grauguss im Mittel 51 Jahre und Stahl 55 Jahre). Bei den Materialien, welche immer noch im Neubau genutzt werden (PE und Duktilguss) ist das Bild heterogener. Während die Betreiber Duktilguss im Mittel eine kürzere Lebenserwartung zutrauen (50 Jahre – damit sogar noch niedriger als Grauguss), sind sie der Meinung, dass PE eine mittlere Lebensdauer von 74 Jahren erreichen kann. Mit Expertenmeinungen aus der Schweiz [9] stimmen die Aussagen der Befragung, mit Ausnahme der Einschätzung von GG, recht gut überein (Bild 11).

Bild 11. Vergleich der Befragungsdaten mit Expertenmeinungen aus der Schweiz [9] und verschiedenen Modellen [20], [21], [22], [23], [24]

Bild 11. Vergleich der Befragungsdaten mit Expertenmeinungen aus der Schweiz [9] und verschiedenen Modellen [20], [21], [22], [23], [24]

Vergleicht man die Ergebnisse allerdings mit Alterungsmodellen [20], [21], [22], [23], [24], dann zeigt sich, dass es zum Teil erhebliche Unterschiede gibt. Vor allem die Einschätzung der Duktilgussrohre ist hier ein gutes Beispiel. Während die Betreiber eher skeptisch sind, was hauptsächlich mit Korrosionsproblemen begründet wird, wird bei den Alterungsmodellen von einer höheren Lebensdauer ausgegangen. Der genau entgegengesetzte Fall tritt bei PE Rohren auf: die Betreiber sind sehr viel optimistischer in punkto Lebensdauer bei diesem Material als die Modelle.

Als Gründe für die Materialwahl wurden hauptsächlich baupraktische Gründe, Lebenszykluskosten, Anschaffungskosten sowie entsorgungspraktische Gründe angegeben. Bild 12 zeigt, welche Wichtigkeit im Mittel diesen Einflüssen von den Betreibern zugebilligt wurde.

Bild 12. Gründe für die Materialwahl

Bild 12. Gründe für die Materialwahl

Die Materialien unterscheiden sich dabei durchaus. Bei PVC-U waren die Anschaffungskosten das Hauptargument für den Einbau (es wird ja von keinem Betreiber mehr verwendet – Bild 9). Für Asbestzementrohre wurde keine eindeutige Präferenz der Gründe ermittelt. Bei den noch verwendeten Materialien stehen bei Stahlrohren die finanziellen Aspekte klar im Vordergrund (Anschaffungs- und Lebenszykluskosten). Bei PE Rohren spielen dazu noch die baupraktischen Gründe eine gleichberechtigte Rolle, welche bei Duktilgussrohren das Hauptkriterium darstellten. Die entsorgungstechnischen Gründe spielen meist eine untergeordnete Rolle.

Fortsetzend zur Schadenssuche sollten die Betreiber Angaben machen, aus welchen Gründen ihre Wasserleitungen hauptsächlich zu Schaden kommen. Die Befragung erfolgte nach dem System, dass Bewertungszahlen von 1 bis 4 angegeben werden sollten, wobei 4 eine sehr hohe Bedeutung zugeteilt wird und 1 eine sehr geringe bis gar keine Bedeutung. „Verlegequalität“ beinhaltet den Einfluss der Ausführung beim Bau, „Fremdeinwirkungen“ Schäden durch naheliegende Baustellen und „betriebliche Eigenschaften“ die Qualität des Wassers oder der Druck in den Leitungen. Dazu wurden noch das Alter der Rohre und mangelnde Qualität der verwendeten Materialien zur Auswahl gestellt. Bild 13 zeigt das Ergebnis dieser Befragung.

 

Bild 13. Gründe für das Auftreten von Schäden

Bild 13. Gründe für das Auftreten von Schäden

Auffällig und wenig überraschend ist, dass bei allen Materialien die Verlegequalität und das Rohralter die wichtigsten Einflussfaktoren sind. Eine Ausnahme bildet hier nur PVC bei dem neben dem Rohralter auch Fremdeinwirkungen und betriebliche Eigenschaften als wichtigste Faktoren angeführt wurden. Vor allem die betrieblichen Eigenschaften sind bei allen anderen Materialien eher als zweitrangig zu betrachten. Die Fremdeinwirkungen werden allerdings auch bei Asbestzementrohren und Stahlrohren als wichtig eingestuft, während Materialfehler hauptsächlich bei Grau- und Duktilgussrohren eine Rolle spielen.

4 Schlussfolgerungen

Die Ergebnisse dieser Befragung zeigen die Diversität nicht nur der verschiedensten Einflussfaktoren auf die Entscheidungsfindung sondern auch die unterschiedlichen Erfahrungen der Betreiber bei der Materialwahl und später bei der Instandhaltungs- und Rehabilitierungsplanung mit den gewählten Werkstoffen. Ein wichtiger Punkt hierbei ist die Verlegequalität welche für alle Betreiber bei allen Materialien einen wichtigen Faktor darstellt, aber durch die Alterungsmodelle schwer zu quantifizieren ist. Ein Ansatz könnte hier die Priorisierung von Abschnitten mit erhöhter Schadensanzahl (z. B. Straßenabschnitte [19]) sein.

Das Fehlen dieses Faktors könnte auch die zum Teil gezeigten Unterschiede zwischen den Einschätzungen der Betreiber und den betrachteten Modellen erklären. Um diese Lücke, die zum Teil auch durch fehlende Akzeptanz der Modelle bei den Betreibern und das nichtvorhandensein von Modellen für kleine Netze (auch aufgrund fehlender Daten) zustande kommt, zu schließen ist eine größer angelegte Datenerfassung über die hier benannten Faktoren und Erfahrungen notwendig. Dies könnte z. B. im Zuge von Benchmarking von weiteren Betriebsfaktoren [25] geschehen. Damit könnte man eine gute Datenbasis für die weitere Verbesserung der Modelle in der Rehabilitationsplanung schaffen, die Nutzung dieser Modelle für die Betreiber attraktiver machen und durch die Verbreitung der Informationen eine Entscheidungshilfe bei der Materialwahl Netz bieten.

Literatur

[1] KPC: Ergebnisse der Investitionskostenerhebung Siedlungswasserwirtschaft 2012 (2013).

[2] Gangl, G.: Rehabilitationsplanung von Trinkwassernetzen. Graz. Verl. der Techn. Univ., 2008.

[3] Fuchs-Hanusch, D. et al.: Wasserverluste und Schadensraten als Qualitätsparameter für Trinkwassernetze in Wasserverluste in Trinkwassernetzen. ÖVGW-TU-Graz-Symposium, Graz, 08. – 09. Juli. H. Kainz, Ed. Graz: Verl. der Techn. Univ., 2009, S. G1-G16.

[4] Kleiner, Y.; Rajani, B.: Comprehensive review of structural deterioration of water mains: statistical models. In: Urban Water, Vol. 3 (2001), Iss. 3, pp. 131–150.

[5] Malm, A. et al.: Replacement predictions for drinking water networks through historical data. In: Water Research, Vol. 46 (2012), Iss. 7, pp. 2149–2158.

[6] Neunteufel, R. et al.: Technische Herausforderungen in der Siedlungswasserwirtschaft (2012).

[7] Statistik Austria, Gemeindegrößenklassen mit Einwohnerzahl, http://www.statistik.at/web_de/klassifikationen/regionale_gliederungen/gemeinden/index.html, 2014.

[8] Maurer, M.; Wolfram, M.; Herlyn, A.: Factors affecting economies of scale in combined sewer systems. In: Water Sci. Technol., Vol. 62 (2010), Iss. 1, pp. 36–41.

[9] Scholten, L. et al.: Combining expert knowledge and local data for improved service life modeling of water supply networks. In: Environmental Modelling & Software, Vol. 42 (2013), pp. 1–16.

[10] Neunteufel, R.; Laurent, R.; Perfler, R.: Wasserverbrauch und Wasserbedarf-Auswertung empirischer Daten zum Wasserverbrauch (2012).

[11] ÖVGW W 63. Wasserverluste in Trinkwasserversorgungssystemen. ÖVGW Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach, 2009.

[12] Lambert, A. O.: International report-Water Losses Management and Techniques. In: Water Science & Technology: Water Supply, Vol. 2 (2001), Iss. 4, pp. 1–20.

[13] ÖVGW W 100. Wasserverteilleitungen -Betrieb und Instandhaltung. ÖVGW Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach, 2007.

[14] Neunteufel, R.; Mayr, E.; Perfler, R.: Rating-Triangle Water Loss, Failure Rate and Active Leakage Control – An evaluation scheme using Austrian and German guidelines and Austrian Benchmarking results. In: Water Loss 2014. IWA, Ed. (2014).

[15] Fritsch, P. et al.: Mutschmann/Stimmelmayr – Taschenbuch der Wasserversorgung (2011).

[16] Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung – TWV). Bundeskanzleramt Österreich, 2001.

[17] TRGS 519. Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten. Bundesanstalt für Arbeitsschutz, Jan. 2014.

[18] Roscher, H.: Zustandsbewertung städtischer Wasserrohrleitungen zur Vorbereitung der Rehabilitation in ROHRBAU-Kongress 2000 in Weimar. Konferenzband. FITR – Forschungsinstitut für Tief- und Rohrleitungsbau Weimar e.V, Ed., 2000.

[19] Tscheikner-Gratl, F. et al.: Integrated Rehabilitation Management for Different Infrastructure Sectors gwf-Wasser-Abwasser, Special (2013).

[20] Baur, R.: Einsatz von Zustandsbewertungsprogrammen für Gas- und Wasserversorgungsnetze-KANEW (2004).

[21] Fuchs, D.: Decision Support Systeme für die Rehabilitationsplanung von Wasserrohrnetzen. Graz, Austria, 2001.

[22] Roscher, H.; Mischner, J.; Sorge, C.: Abschlussbericht – Vergleich von Bewertungssystemen für Rohrleitungen-Wasser- und Gas- Rohrnetze (2005).

[23] Trujillo Álvarez, R.: Bedarfsprognose und Strategieentwicklung für die Rehabilitation städtischer Wasserrohrnetze. Karlsruhe, Germany, 1995.

[24] Sorge, C.: Technische Zustandsbewertung metallischer Wasserversorgungsleitungen als Beitrag zur Rehabilitationsplanung. Weimar, Germany, 2006.

[25] Neunteufel, R. et al.: Benchmarking und Best Practices in der österreichischen Wasserversorgung – Öffentlicher Abschlussbericht zum ÖVGW-Benchmarking 2008 (Stufe C.) (2009).

 

Von F. Tscheikner-Gratl, T. Vonach, W. Rauch, M. Kleidorfer

Dipl.-Ing. Franz Tscheikner-Gratl
franz.tscheikner-gratl@uibk.ac.at, Tel. 0043 512 507–62118 Fax 0043 512 507 – 62199

Tanja Vonach
BSctanja.vonach@uibk.ac.at

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Wolfgang Rauch
wolfgang.rauch@uibk.ac.at

Ass.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Manfred Kleidorfer
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