Zementfreier Baustoff von Deutscher Bahn im Fildertunnel eingesetzt
Erstmals eingesetzt wurde ein mittlerweile patentierter Ringspaltmörtel beim Fildertunnel. Der Baustoff wird statt mit Zement mit dem Recyclingprodukt Hüttensand gebunden.
Acht Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen kommen aus der Zementherstellung. Zement findet in vielen Bauprodukten Verwendung, unter anderem auch bei Spritzbeton und Ringspaltmörtel. Man beschäftige sich daher verstärkt mit neuen Lösungen, sagt Karl-Heinz Strauss, CEO der Porr AG. Nachhaltig an den neuen Produkten ist, dass statt Zement Recyclingprodukte beigemischt werden – die Umwelt werde daher doppelt entlastet.
Das österreichische Unternehmen hat nun für den im Rahmen von Stuttgart 21 gebauten Fildertunnel gemeinsam mit dem deutschen Unternehmen MC-Bauchemie einen Ringspaltmörtel entwickelt und eingesetzt. Er ersetzt Zement durch Hüttensand. Diese feingemahlene Hochofenschlacke ist ein Abfallprodukt der Stahlerzeugungsindustrie.
„Aufgrund der Beschaffenheit des Bodens wäre ein zementgebundener Baustoff nicht geeignet gewesen“, schildert Strauss die spezielle Ausgangssituation. „Das hat uns die Möglichkeit geboten, diesen völlig neuen Baustoff einzusetzen.“
Hüttensand spielt (noch) eine große Rolle
„Vor allem Hüttensand aus der Roheisenherstellung und Flugasche aus der Kohleverstromung spielen eine große Rolle“, erläuterte Dr. Martin Schneider, Hauptgeschäftsführer des VDZ (Verein Deutscher Zementwerke e.V.), erst vor wenigen Tagen bei der Vorstellung der neuen VDZ-Studie „Ressourcen der Zukunft für Zement und Beton – Potenziale und Handlungsstrategien“.
Bereits heute werden laut VDZ mithilfe solcher Neben- und Recyclingprodukten jährlich mehr als 10 Millionen Tonnen Primärrohstoffe pro Jahr eingespart. „Beides sind jedoch Stoffe, die uns mit Blick auf die Dekarbonisierung der Industrie perspektivisch in deutlich geringerem Maße oder gar nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Es braucht daher Alternativen“, schränkte Schneider allerdings ein.
Weitere Partner müssen noch überzeugt werden
Das Pilotprojekt mit der Deutschen Bahn war nach Angaben von Porr jedenfalls ein „voller Erfolg“. Abgesehen vom Beitrag zur CO2-Reduktion habe dieser Baustoff zwei grundsätzliche Vorteile, erklärt Strauss: „Er ist gegenüber Umwelteinflüssen unsensibler als zementhaltiger Beton. Und man kann ihn vor der Verarbeitung auch über lange Zeit problemlos transportieren, da er einen Aktivator benötigt, um vollends zu erhärten.“
Der neue Ringspaltmörtel sei bereits patentiert worden. Porr suche nun weitere Partner, die bereit sind, gemeinsam mit ihr diesen Baustoff einzusetzen. „Auftraggeber sind oft sehr konservativ in ihren Ausschreibungsbedingungen und verlangen einen bestimmten Zementanteil“, sagt Strauss. „Hier muss noch Überzeugungsarbeit geleistet werden.“
Zusätzlich lässt Porr nach eigenen Angaben bereits weitere Recyclingprodukte auf ihre Einsatzfähigkeit als Bindemittel in Baustoffen prüfen, darunter auch Ziegelsand. Gruppenweit recycele Porr pro Jahr 2,2 Millionen Tonnen an Baustoffen. 1,7 Millionen Tonnen davon ersetzen auf den eigenen Baustellen und Anlagen Primärrohstoffe.
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