Architektenkammer veröffentlicht Handlungsvorschläge für mehr Wohnungsbau in NRW
Präsident Ernst Uhing stellte auf dem Neujahresempfang der Architektenkammer NRW die „Düsseldorfer Erklärung“ vor. Rund 200 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung sowie der Planungs- und Baubranche waren im Düsseldorfer Medienhafen zusammengekommen.
Der Präsident der Architektenkammer, Ernst Uhing, stellte die in einer „Düsseldorfer Erklärung“ zusammengefassten 16 Handlungsvorschläge vor, die die Kammer formuliert hatte. Deren Umsetzung soll die Bautätigkeit anregen und insbesondere den bezahlbaren Wohnungsbau in NRW mit neuen Impulsen beleben. „Der Handlungsbedarf ist groß“, betonte Uhing. „Durch eine reduzierte Besteuerung von Bauleistungen und Grunderwerb, durch Beschleunigung von Genehmigungsprozessen und eine Erleichterung von Umnutzungen kann die gegenwärtige Stagnation im Wohnungsbau jedoch effektvoll überwunden werden.“
Baugenehmigungsverfahren beschleunigen
Uhing appellierte an die nordrhein-westfälische Landesregierung, die Bauantrags- und Baugenehmigungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Die 45.000 neuen mietpreisgebundenen Wohnungen, die bis 2027 in NRW entstehen sollen, seien nicht ausreichend. Der Präsident forderte stattdessen: „Gebaut werden müssten mindestens 25.000 Wohneinheiten – in jedem Jahr.“ Zwar stelle NRW mit seinem Wohnraumförderprogramm für dieses Jahr insgesamt 1,7 Milliarden Euro bereit. Dies allein reiche jedoch nicht. Uhing: „Es müssen weitere Anreize geschaffen werden, damit das Geld auch für den Neubau von geförderten, preisgedämpften Wohnungen abgerufen wird.“
Einfach und experimentell bauen
AKNW-Präsident Uhing warb auch für die Einführung eines neuen „Gebäudetyps E“ im Bundes- und Landesbaurecht, mit dem es kundigen Baufrauen und Bauherren sowie Architektinnen und Architekten ermöglicht werden soll, „einfach“ und „experimentell“ zu bauen. Er verwies dabei auf Bayern, wo aktuell in ersten Pilotprojekten nach dem Gebäudetyp E in nicht sicherheitsrelevanten Bereichen von den gesetzlichen Vorschriften, Technischen Baubestimmungen und anerkannten Regeln der Technik abgewichen werde – etwa beim Schallschutz, bei der Haustechnik, bei alternativen Baustoffen oder beim Stellplatzschlüssel. „Wir brauchen mehr baupolitischen Mut, um endlich zu einem besseren Wohnungsangebot zu kommen“, sagte Ernst Uhing. Er rief die NRW-Landesregierung auch dazu auf, Modellprojekte auszuloben, um neue Wege zu erproben und bot an. „Dazu stehen wir, die Architektenschaf dieses Landes, gerne zur Verfügung!“
16 Handlungsempfehlungen für den Wohnungsbau in NRW
Und das sind die 16 konkreten Vorschläge, mit denen die Architektenkammer das Bauen in NRW ankurbeln möchte:
- Die Umsatzsteuer für den Neubau von geförderten Wohnungen reduzieren.
- Die Grunderwerbsteuer zugunsten des geförderten Wohnungsbaus differenzieren.
- Die additive Besteuerung unbebauter und baureifer Wohnbaugrundstücke ermöglichen.
- Renaissance des Erbbaurechts nutzen.
- Den Innovationstreiber Gebäudetyp E einführen.
- Aufstockungspotenziale nutzen, Auflagen abbauen.
- Die Umwandlung von Gewerbeimmobilien in Wohnraum erleichtern.
- Parallelstrukturen abbauen, eine Ökobilanz anstatt unzähliger Einzelauflagen.
- Baugenehmigungsverfahren digitalisieren, Bauverwaltung in 24/7 umbauen.
- Das Bauordnungsrecht des Bauens führen lassen, Bestandsschutz für die Regeln der Technik!
- Einstellungsoffensive in den Planungs- und Genehmigungsbehörden starten.
- Nachrüsten statt aufrüsten.
- Auf den verpflichtenden Bau von Stellplätzen oder Tiefgaragen verzichten.
- Wohnraumförderbedingungen entschlacken und vereinfachen – schnell und einfach bauen!
- Serielles und modulares Bauen bietet Chancen.
- Kommunen zu Bauherren machen, Entschuldigung umsetzen.
Die einzelnen Punkte werden in der Erklärung selbst näher ausgeführt. Diese wird auf der Startseite der Architektenkammer NRW zum Download angeboten: www.aknrw.de.
Bauministerin Scharrenberg: Wohnungen müssen bezahlbar bleiben
Die nordrhein-westfälische Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, Ina Scharrenbach, kündigte ihrerseits an, die Genehmigungsverfahren für das Planen und Bauen im Lande weiter beschleunigen und vereinfachen zu wollen. Dazu habe die Novellierung der Landesbauordnung, die zu Jahresbeginn in Kraft getreten ist, bereits beigetragen. Die Ministerin kündigte an: „Im nächsten Schritt wollen wir die untergesetzlichen Vorschriften und Normen reduzieren. Dazu werden wir ein Bürgerbeteiligungsverfahren starten.“ Die NRW-Bauministerin wünschte sich darüber hinaus eine breite Fachdebatte über Standards und mögliche Freiheiten. „Wir müssen für den Wohnungsbau einen Standard finden, der dazu führt, dass sich auch Menschen ohne hohe Einkommen noch Wohnungen in unseren Ballungsräumen leisten können“, sagte Ina Scharrenbach.
Kammerpräsident rief zu mehr Solidarität auf
Kammerpräsident Ernst Uhing hatte den Neujahrsempfang der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen mit einem Aufruf zu mehr Solidarität eröffnet. „Es ist ermutigend, dass in den letzten Tagen viele hunderttausend Menschen öffentlich für Toleranz und Demokratie eingetreten sind“, bekräftigte Ernst Uhing. „Unser Land wäre ohne Vielfalt ärmer – auch aus baukultureller Sicht!“
Von Architektenkammer Rheinland-Pfalz / Melanie Schulz