Bautätigkeit zieht an – in Deutschland und weltweit
Trotz Materialkosten und Fachkräftemangel steigt die Bautätigkeit in Deutschland und weltweit weiter an, während Europa insgesamt etwas Dynamik verliert. Dies zeigt der RICS Global Construction Monitor (GCM) für das vierte Quartal 2021.
Die Ergebnisse des RICS Global Construction Monitor (GCM) für das vierte Quartal 2021 zeigen eine zunehmende Bautätigkeit weltweit im Vergleich zum dritten Quartal 2021. Susanne Eickermann-Riepe FRICS, Vorstandsvorsitzende der RICS Deutschland: „Dennoch wirken Herausforderungen wie steigende Materialkosten und der Mangel an Fach- und Arbeitskräften hemmend.“ 86 Prozent der Befragten benannten steigende Materialkosten als größte Hindernisse (im Vorquartal: 83 %), den Mangel an Fach- und Arbeitskräften führten 66 Prozent (Q3: 61 %) der Befragten an.
Weltweit steigende Bauaktivitäten
Weltweit stieg der von der RICS erhobene Index der Bautätigkeit (Construction Activity Index, CAI) im vierten Quartal leicht an und erreichte einen Wert von +23 im Vergleich zu +18 im Vorquartal. Dies ist ein Anzeichen für eine leichte Verstärkung der Dynamik. Nach Weltregionen aufgeschlüsselt, weist Nord-, Mittel- und Südamerika nun mit +32 den stärksten CAI-Wert auf (Q3: +27). In der Region APAC (Asia Pacific) drehte der CAI-Wert von einem flachen (+3) zu einem leicht positiven Wert von +15, wenngleich die Dynamik immer noch etwas schwächer als zu Beginn des Jahres 2021 ist.
Europa etwas schwächer, aber über globalem Niveau
Unterdessen hat sich der CAI in Europa von +34 auf +29 leicht abgeschwächt, obwohl die Q4-Zahlen immer noch eine solide Belebung widerspiegeln und weiterhin etwas über dem weltweiten Durchschnitt von +23 liegen. In Europa ist erneut der private Wohnungsbau der stärkste Wachstumsbereich. Dennoch geben fast drei Viertel der Befragten an, dass sich der Mangel an Fach- und Arbeitskräften, neben den bestehenden Herausforderungen durch gestiegene Materialkosten, zukünftig stärker auf die Aktivität auswirken könnte.
Länderspiegel: Niederlande hinter Saudi-Arabien
Die stärkste Dynamik unter allen erfassten europäischen Ländern verzeichnen weiterhin die Niederlande. Das Land erreicht mit +49 den zweitstärksten CAI-Wert weltweit hinter Saudi-Arabien mit +60. Italien zeigt eine spürbare Verbesserung im vierten Quartal, der CAI stieg hier von +27 auf +38. Gleiches gilt für Frankreich, wo der CAI von zuletzt +16 auf +31 angezogen hat. Auch Deutschland verzeichnet einen steigenden Bautätigkeitsindex, der im vierten Quartal 2021 auf +31 gestiegen ist (Vorquartal +27).
Privater Wohnungsbau mit starken Wachstumserwartungen
Im vierten Quartal waren die Zwölfmonatserwartungen in Europa in den meisten Sektoren im Vergleich zum Vorquartal leicht gedämpft. Dennoch erwartet ein starker Saldo von +49 % der Befragten einen Anstieg der Bautätigkeit im Bereich Wohnungswesen für das kommende Jahr. Auf Länderebene meldeten die Niederlande (+78 %), Rumänien (+73 %), Deutschland (+68 %) und die Schweiz (+67 %) hier besonders optimistische Aussichten.
Bei Gewerbeimmobilien blieben die Erwartungen im Vergleich zum dritten Quartal weitgehend unverändert. Ein Nettosaldo von +40 % der Befragten erwarten dort einen positiven Trend. Dieser spiegelt sich in Deutschland nicht wider, wo der Wert von +29 % auf +26 % gesunken ist.
Eickermann-Riepe: „Die politischen Prioritäten beim Wohnungsbau zeigen sich auch in der Erwartungshaltung im Construction Monitor in Deutschland, obwohl auch bei Gewerbeimmobilien aufgrund der anstehenden Klima-bedingten Bestandsoptimierung einiges passieren müsste.“
Fach- und Arbeitskräftemangel verschärfen sich
In ganz Europa nannten 90 % der Befragten die Materialkosten als ein Hemmnis für die Bautätigkeit (Q3: 82 %). In Deutschland stimmten dem 86 % Prozent zu. Außerdem stiegen in Europa die Zwölfmonatsprognosen bei den Materialkosten auf 8,8 % (von zuvor 8,2 %). Hier liegt der Wert für Deutschland sogar bei 9,45 %. „Das Thema der steigenden Materialkosten stellt auch in Zukunft eine erhebliche Belastung dar“, so Eickermann-Riepe.
Darüber hinaus geben 73 % der europäischen Befragten an, dass der Mangel an qualifizierten Fachkräften den Markt behindert (Vorquartal: 66 %). In Deutschland ist der Anstieg noch höher: Hier waren es im dritten Quartal 56 %, die einen Fachkräftemangel verzeichnet haben, im vierten Quartal stiegt der Anteil auf 73 %. Die Umfrageteilnehmer in Europa gehen davon aus, dass sowohl die Kosten für qualifizierte (+5 %) als auch ungelernte Arbeitskräfte (+5 %) in den nächsten in den nächsten 12 Monaten stark ansteigen.
„Es wird mehr und mehr deutlich, dass die Nachhaltigkeits-Transformation für alle Wirtschaftstätigkeiten und alle Branchen große Herausforderungen mit sich bringt. Wir sollten allerdings nicht nur die Risiken in Bezug auf Hemmnisse sehen, sondern auch die Chancen für neue Geschäftsfelder“, so Eickermann-Riepe abschließend.
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