Hängegerüst in Millimeterarbeit vom Kölner Dom gehoben
Die Sicht auf die Westfassade des Kölner Doms mit seinen zwei rund 157 Meter hohen Türmen ist wieder frei, nachdem dort in einer spektakulären Aktion die letzten Gerüstteile vom Nordturm entfernt wurden.
Das am 7. Oktober entfernte Gerüst bestand ursprünglich aus drei Teilen und wog in Summe rund 30 Tonnen. Bereits in den Sommermonaten hatten die Gerüstbauer der Dombauhütte mehr als 20 Tonnen Material aus dem Gerüst ausgebaut und sein Gewicht so auf 10 Tonnen reduziert.
Bis Ende September war das aus leichten Aluminium-Elementen zusammengesetzte Gerüst bis auf die beiden großen seitlichen Gerüstpfeiler und die obere Plattform vollständig entkernt worden. Da deren Abbau vor Ort einen unverhältnismäßig hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand bedeutet hätte, wurden diese Teile des Gerüsts in drei Stücken vom Turm abgenommen.
Fingerspitzengefühl gefragt
Das 30 Meter hohe Gerüst hing in rund 105 Metern an der Nordwestecke des Nordturms des Kölner Domes und war mit Kettenzügen am Maßwerkhelm des Turmes verankert. Nachdem die Seile und Bolzen, die zum Aufhängen des Gerüsts nötig waren, entfernt wurden, schwebte die Stahlkonstruktion frei in der Luft.
Rund fünf Zentimeter betrug nun der Abstand zwischen Baugerüst und Dom. Aus der Entfernung von 65 Metern musste der Kran millimetergenau fahren, um nichts zu beschädigen.
Alles lief jedoch wie geplant. Dombaumeister Peter Füssenich zeigt sich erleichtert über die gelungene Aktion und dankte neben den beteiligten Unternehmen auch dem Dompatron Petrus, der sich offenbar für einen windstillen Vormittag verwendet hatte.
Der Kranführer legte die Stahlkonstruktion am Ende auf der Domplatte ab, wo sie mithilfe eines weiteren Krans auf die Seite gekippt, auf spezielle Rollwagen gelegt und auf den Roncalliplatz transportiert wurde, wo es Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Dombauhütte im Laufe der kommenden Wochen in seine Einzelteile zerlegen. In ähnlicher Form ist dies bereits 2006 und 2013 bei den früheren Hängegerüsten geschehen.
Absturz eines 3-Meter-Elements als Auslöser für die Restaurierung
Bei dem Gerüst, mit dessen Aufbau im März 2011 begonnen wurde, handelte es sich um das dritte Hängegerüst am Nordturm. Auslöser für den Beginn der Restaurierungsarbeiten war ein Steinschlag während eines schweren Sturmes am 24. November 1984. Damals war ein 3,25 Meter hohes Element einer Turmfiale aus etwa 100 Metern Höhe abgestürzt und hatte schwere Schäden an den Seitenschiffdächern verursacht.
Anschließende Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, dass die Schadensursache in der Verwendung von Messing- und Eisenarmierungen während der Turmvollendung in den 1870er-Jahren liegt. Während die Messingelemente oft gebrochen sind, führt die Oxidation des Eisens zu Rostsprengungen, die den ansonsten hervorragend erhaltenen Obernkirchener Sandstein zerstören.
Tonnenschwere Aufbauten durch Rost angehoben
Die fraglichen Metallelemente finden sich an den vier gewaltigen, etwa 30 Meter hohen Fialaufbauten an den Ecken beider Türme und hier ausschließlich in einem Bereich zwischen 80 und 100 Metern Höhe. Teilweise wurden bereits tonnenschwere Aufbauten durch den Rost um mehre Millimeter angehoben. Die Versetzsteinmetzen der Dombauhütte müssen daher alle Anker und Dübel aus Messing und Eisen ausbauen und durch neue, nicht rostende Elemente aus Edelstahl ersetzen.
Die Restaurierungsarbeiten an den Türmen begannen 1996 mit dem Aufbau des ersten Hängegerüsts an der Südwestecke des Nordturms; es hing bis 2006. Das zweite Gerüst befand sich von Frühjahr 2002 bis 2013 an der Südostecke des Turms. In den kommenden Jahren soll die Restaurierung der Nordostecke des Turms erfolgen. Das hierfür benötigte Hängegerüst wird frühestens 2023 aufgebaut, um im Jubiläumsjahr 2022, in dem sich die Weihe des Domchores zum 700. Mal jährt, die Westfassade weitgehend gerüstfrei zu halten. Zuvor werden die kriegsbeschädigten Fialen auf der Westseite des Helmumgangs in 100 Metern Höhe restauriert und ergänzt. Hierfür sind kleinere Gerüste notwendig.
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