Materialmangel und Bauzeitverzögerungen verursachen angespannte Lage
Krisenbedingte Störungen der Projektabläufe sind laut einer aktuellen Umfrage des Verbands Beratender Ingenieure für eine schwierige wirtschaftliche Situation der Ingenieurunternehmen in Deutschland verantwortlich. Dabei wäre ein höheres Sanierungstempo – insbesondere bei Brücken – durchaus möglich.
Die wirtschaftliche Situation der Ingenieurunternehmen in Deutschland ist zu Jahresbeginn weiter angespannt. Dies zeigt die nun veröffentlichte Konjunkturumfrage des Verbands Beratender Ingenieure (VBI). Demnach sind insbesondere krisenbedingte Störungen der Projektabläufe – wie Materialmangel und Bauzeitverzögerungen – für wirtschaftliche Einbußen und Mehraufwände verantwortlich. Dies beklagen 49 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden 440 Unternehmen.
Verschärfte Situation durch gekündigte oder zurückgestellte Aufträge
Die Situation wird verschärft durch gekündigte oder zurückgestellte Aufträge durch Auftraggeber. Bei öffentlichen Aufträgen sind laut der VBI-Umfrage hiervon 38 Prozent der Unternehmen betroffen und bei privaten Aufträgen sogar 52 Prozent. Der Auftragsbestand hat sich dementsprechend um rund einen Monat auf zehn Monate reduziert. Einen weiteren Auftragsrückgang erwarten 35 Prozent, dies ist eine Verdoppelung gegenüber der Lage vor einem Jahr.
Hinzu kommt die Limitierung der Kapazitäten durch Personalmangel bei den Ingenieurinnen und Ingenieuren sowie Fachkräften. Dies beklagen 63 bzw. 40 Prozent der Ingenieurunternehmen. Ganze 90 Prozent der Unternehmen können Ingenieurstellen nicht zügig besetzen. Insgesamt führt die angespannte Lage zu einer zurückhaltend skeptischen Perspektive auf das neue Jahr. Insgesamt erwartet jedes dritte Unternehmen 2023 einen Umsatzrückgang.
Investitionen gefordert
Hierzu erklärt VBI-Präsident Jörg Thiele: „Die Umfrage zeigt die weiterhin angespannte Lage der gesamten Baubranche. Wir brauchen Investitionen und Verlässlichkeit, nur so können Kapazitäten erhalten und ausgebaut werden, um die Klimawende, Verkehrswende, mehr Wohnungsbau und die Sicherung unserer Infrastruktur garantieren zu können. Bei der weiteren Streichung oder Stornierung von Projekten aufgrund gestiegener Material- und Energiekosten besteht die Gefahr, dass die Krise über Jahre verschleppt wird.“
Angesichts der aktuellen politischen Diskussionen um den Sanierungshochlauf bei Brückenbauwerken wurden in einem Sonderteil der Umfrage die vorhandenen Kapazitäten abgefragt. Allein die an der Umfrage beteiligten 185 im Brückenbau tätigen Ingenieurunternehmen sind derzeit an der Planung von über 2.000 Brückenprojekten beteiligt. Bei längeren Streckenabschnitten der Bahn und der Autobahn kann dies auch mehrere Brücken beinhalten.
Sanierungsrate von 400 Autobahnbrücken pro Jahr wäre machbar
Die Unternehmen verfügen laut Umfrage über erhebliche weitere Kapazitäten für Brückensanierungen und Neubauprojekte in allen Bereichen. Im Durchschnitt hat jedes Unternehmen Kapazitäten für weitere fünf Brückenprojekte. Die Zielsetzung der Autobahngesellschaft, die Sanierungsrate allein bei den Autobahnbrücken auf 400 jährlich hochzuschrauben, ist demnach aus Sicht der Planungsbüros kein Problem.
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