Sto trauert um Firmengründer Stotmeister
Vor einer Woche verstarb Fritz Stotmeister, der sein südbadisches Unternehmen und damit auch die Baubranche maßgeblich geprägt hatte.
Am 21. April 2022 verstarb Sto-Firmengründer Fritz Stotmeister im Alter von 94 Jahren. Um den badischen Unternehmer und Ehrenvorsitzenden des Aufsichtsrats der Sto Management SE trauern seine Familie und die Mitarbeiter der Sto-Gruppe. Sein Leben habe „strahlendes Glück und bitteren Schmerz“ sah, sei zu Ende gegangen, wie sein ältester Sohn Jochen Stotmeister schreibt, der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Sto Management SE. „In tiefer Trauer nehmen wir Abschied von unserem Vater und der prägenden Persönlichkeit unseres Unternehmens. Er ist in seinem Haus entschlafen und hat sein erfülltes Leben in Frieden beenden dürfen.“
Wie kaum ein Zweiter habe Fritz Stotmeister das südbadische Unternehmen und damit auch die Baubranche geprägt. Unter seiner Leitung wuchs Sto vom regionalen Putz- und Farbenhersteller zu einer international führenden Unternehmensgruppe, die heute 50 Tochtergesellschaften in 38 Ländern zählt und über 5700 Mitarbeiter beschäftigt. Seine Persönlichkeit präge die Werte des Unternehmens bis zum heutigen Tag: Ein persönliches Miteinander, das auf gegenseitiger Hilfsbereitschaft, Respekt und Disziplin beruht, lag ihm nach Angaben des Unternehmens sehr am Herzen. So habe er ein außergewöhnliches Unternehmensklima geschaffen, in dem sich Kunden und Mitarbeiter als Teil der „Sto-Familie“ fühlten.
Die Geburtsstunde des gelben Eimers
Geboren 1927 in Villingen, legte Fritz Stotmeister 1943 das Notabitur ab, wurde als Luftwaffenhelfer zum Arbeitsdienst zur Wehrmacht eingezogen und geriet 1945 in Gefangenschaft. Weil in der Bundesrepublik ein Numerus Clausus sein Wunschstudium der Architektur verhinderte, trat er in das Unternehmen seines Vaters Wilhelm Stotmeister ein, eine Firma mit Namen „Cement- und Kalkwerk Weizen Stotmeister & Cie.“ Als Anfang der 1950er-Jahre die Nachfrage nach Kalk zurückgeht, begann die Suche nach neuen Produkten.
1954 entdeckte Fritz Stotmeister eine Zeitungsanzeige, in der nach einem Lizenznehmer für einen neuartigen organisch gebundenen Putz gesucht wird. Stotmeister überzeugte seinen Vater zu investieren. Mit einer Anekdote blickte er gerne auf die Anfänge zurück: „Zu Dritt fing alles an: Einer, der den Putz in einem ehemaligen Ziegenstall anrührte – Wilhelm Hamburger. Ein Zweiter, der als Vorführmeister den Handwerkern zeigte, wie es geht – Fritz Stotmeister. Und der Dritte, der den Putz verkaufte – das war auch Fritz Stotmeister.“
Der mutige Start unterstreicht den Pioniergeist der damaligen Zeit – mit Verkaufstouren im VW-Käfer, um die Handwerker vom neuen Produkt zu überzeugen. Massiv unterstützt wurde er von seiner Ehefrau Ingeborg († 2.9.1979), der Mutter ihrer vier Kinder, mit der er seit 1948 verheiratet war. Das neue Material ging schnell auf Erfolgskurs. Schon im ersten Jahr lag der Umsatz bei 320.000 DM. 1962 wurde aus den Anfängen die „Stotmeister & Co. Farben- und Baustoff-KG“ und die Marke „Sto“ war geboren – inklusive des ikonischen gelben Eimers. Zwei Jahre später startete Stotmeister die Markteinführung von „StoTherm Classic“ – und damit die Geschichte der Fassadendämmung, die sich bald zum Kern-Geschäftsfeld von Sto entwickelte.
1988 baute er das stark gewachsene Unternehmen in eine Aktiengesellschaft um, dessen Vorstandsvorsitz sein Sohn Jochen Stotmeister übernahm. Er selbst wurde Vorsitzender des Aufsichtsrates. 1992 folgte der Gang an die Börse. 1998 wurde sein zweiter Sohn Gerd Stotmeister zum Vorstand Technik berufen. Nach 14 Jahren als Vorsitzender im Aufsichtsrat ging der verdiente Unternehmer 2002 in Pension – und blieb als Ehrenvorsitzender seinem Lebenswerk weiterhin verbunden.
Auch „seine“ Branche hat Fritz Stotmeister nachhaltig geprägt, insbesondere im Verband der Lackindustrie: 1967 bis 1992 als VdL-Vorstand der Bezirksgruppe Baden-Württemberg, 1982 bis 1989 als stellvertretender Vorsitzender des VdL-Beirats Baden-Württemberg. Auf Bundesebene gehörte er dem Vorstand von 1989 bis 1995 an, seit 1995 als Ehrenmitglied.
Ein Leben zwischen Firma und Familie
Fritz Stotmeister war ein Mensch, für den das Wort Stillstand immer gleichbedeutend mit Rückschritt war, für den sich die Rädchen drehen mussten. Einer, der seine ganze Energie, seinen Ehrgeiz, sein Wissen, seine Erfahrung ein Leben lang in seine Firma, in die Verwirklichung von Ideen und die Entwicklung fortschrittlicher Produkte und Systeme am Bau gesteckt hat. Zu Fritz Stotmeisters Leben, der seit 1983 mit seiner zweiten Frau Inge († 9.2.2014) verheiratet war, gehörte neben einem ausgeprägten Familiensinn auch großes soziales Engagement: Er förderte die Krebsnachsorgeklinik für Kinder in Tannheim, auch die Erlöse der von ihm initiierten Golf-Turniere flossen sozialen Zwecken zu. Mit der Sto-Stiftung entstand im Jahr 2005, zum 50-jährigen Bestehen von Sto, eine Organisation, die den Nachwuchs im Handwerk und in der Architektur unterstützt. Für seinen Einsatz erhielt er 1992 das Bundesverdienstkreuz am Bande, im selben Jahr wurde er Ehrenbürger der Stadt Stühlingen.
Mit der Umwandlung der Sto AG in die Sto SE & Co. KGaA – eine europäische Aktiengesellschaft auf der Basis einer Kommanditgesellschaft auf Aktien – wurden 2013 die Voraussetzungen geschaffen, dass die Firma im Sinne der Familie weitergeführt wird, obwohl das operative Tagesgeschäft derzeit nicht von einem Familienmitglied gesteuert wird. Allerdings werden die Geschicke des Aufsichtsrats nach wie vor von zweien der vier Kinder Fritz Stotmeisters geleitet. Diese Konstruktion kommentierte er, der seine späten Jahre am schönen Bodensee genoss, im Jahr 2017 anlässlich seines 90. Geburtstags mit den Worten: „Ich weiß unsere Firma in guten Händen.“
Seine zwei Töchter Heidi und Helga sowie die beiden Söhne Jochen und Gerd mit ihren Partnern, seine zehn Enkel und vier Urenkel verlieren durch den Tod Fritz Stotmeisters ihr Familienoberhaupt – die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sto-Gruppe ihren Firmengründer und Vordenker der Sto-Unternehmenswerte.