Weiterer Umsatzrückgang am Bau – droht „Gastro-Effekt“?
Nach einem Umsatzminus von preisbereinigt 5,1 Prozent 2022 gegenüber dem Vorjahr ist der Bauindustrie-Verband für 2023 sogar noch pessimistischer.
Gestiegene Materialkosten lassen die realen Branchenumsätze um 5 Prozent sinken und die Aufträge gaben um 10 Prozent nach. Die Bauunternehmen haben trotzdem 15.200 neue Arbeitsplätze geschaffen, aber die IG Bau fürchtet einen Stellenabbau.
Fast 10 Prozent realer Umsatzrückgang im Bauhauptgewerbe gegenüber Vormonat
Das Statistische Bundesamt meldete für das deutsche Bauhauptgewerbe für den Monat Dezember 2022 im Vergleich zum Vorjahresmonat einen realen Umsatzrückgang von 9,8 Prozent. Für das Gesamtjahr 2022 ergibt sich für alle Betriebe ein Umsatzminus von preisbereinigt 5,1 Prozent.
„Die nominalen Zuwächse wurden 2022 durch die starken Materialpreissteigerungen mehr als aufgezehrt“, kommentierte Tim-Oliver Müller, der Hauptgeschäftsführer beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V., die heute veröffentlichten Konjunkturindikatoren für den Bau. „Für 2023 sind wir sogar noch pessimistischer: Wir erwarten einen preisbereinigten Umsatzrückgang von 6 Prozent.“
Weniger Aufträge im Jahresvergleich
„Neue Aufträge bleiben zunehmend aus“, beschreibt Müller die Situation: „Für das Gesamtjahr 2022 wurde ein realer Orderrückgang von 9,6 Prozent gemeldet, der sich im Dezember – mit minus 23,4 Prozent im Vergleich zu Dezember 2021 – sogar beschleunigt hat.“ (Die nicht kalenderbereinigten Zahlen lauten –9,7 bzw. –23,3 Prozent). Gegenüber dem Vormonat ergab sich ein leichtes Plus (1,8 Prozent).
Trotz dieser Entwicklung hatten die Bauunternehmen im vergangenen Jahr aber 15.200 neue Arbeitsplätze geschaffen. Für 2023 rechne der Verband dagegen nur mit einer Stagnation bei dann jahresdurchschnittlich 927.000 Beschäftigten.
Droht ein Gastro-Effekt in der Baubranche?
Einen Fehler dürfen wir jetzt nicht machen: Wir dürfen keine Bauarbeiter nach Hause schicken“, warnte unterdessen Carsten Burckhardt, als für die Bauwirtschaft zuständiges Mitglied im Bundesvorstand der IG Bau. Denn die in den letzten Jahren mühsam aufgebaute Kapazität am Bau sei eine wertvolle Ressource, die auch in der Krise nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden dürfe.
„Ansonsten erleben wir den ,Gastro-Effekt‘: Wer einmal geht, der ist weg. Der kommt, wenn man ihn wieder braucht, auch nicht zurück. Das haben die Pandemie-Lockdowns in der Gastronomie gezeigt“, warnte Burckhardt.
Stimmung am Bau hat sich verdüstert
Nach Ansicht von Bauindustrie-Hauptgeschäftsführer Müller hat sich die Stimmung am Bau verdüstert. „Zwar beurteilen – dank des (noch) vorhandenen Auftragsbestandes – 40 Prozent der Bauunternehmen ihre aktuelle Geschäftslage als gut, genauso viele rechnen aber auch mit einer Verschlechterung in den kommenden 12 Monaten“, sagte er mit Blick auf eine DIHK-Umfrage von Anfang 2023.
Im Hochbau befürchten sogar 46 Prozent eine Verschlechterung, was „angesichts der Schockstarre am Wohnungsbaumarkt“ kein Wunder sei. Der Verband erwarte für 2023 im Wohnungsbau einen Umsatzeinbruch von real 9 Prozent, nach 4,5 Prozent 2022.
Umsatzrückgang im Öffentlichen Bau
Im Öffentlichen Bau seien die Umsätze 2022 sogar um real 6,2 Prozent zurückgegangen, was der Entwicklung im Straßenbau geschuldet sei. Für 2023 rechnet der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie mit einem weiteren Minus von 5 Prozent. „Bund, Länder und Kommunen müssen dringend ihre Investitionsbudgets erhöhen, um zumindest die gestiegenen Baukosten auszugleichen“, fordert Müller. „Ansonsten wird sich der Substanzverlust bei unserer Infrastruktur weiter beschleunigen und der Standort Deutschland weiter geschwächt.“
Keine Entspannung im Wirtschaftsbau
Entspannung sei auch im Wirtschaftsbau nicht zu erwarten. Jedes vierte Unternehmen in Deutschland plane laut DIHK für das laufende Jahr eine Reduzierung seiner Investitionen. Müller: „Unsicherheit ist Gift für Investitionen. Wir gehen deshalb davon aus, dass der Umsatz 2023 um real 4 Prozent zurückgehen wird, nach 4,4 Prozent im vergangenen Jahr.“
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