Der perfekte konstruktive Schutz
Holzbrücken, die in der Geschichte Jahrhunderte überdauerten, wurden überdacht ausgeführt. Aufgrund neuer Materialien, präziser Fertigungsmethoden und innovativer Techniken kann der konstruktive Schutz heutzutage auch ohne Überdachung gewährleistet werden. So weisen bei gewissenhafter Planung und Ausführung auch offene Holzbrücken die gleiche Langlebigkeit auf wie überdachte Holzbrücken oder Brücken in Beton- oder Stahlbauweise.

Elsbeth-Fueg-Brücke. Der Holzbrückenkörper ist im 60-Grad-Winkel zur Horizontalen abgestuft, wodurch er vor Schlagregen geschützt wird.
Foto: Conné van d` Grachten
Eine konsequente Beachtung der Regeln des konstruktiven Schutzes machen Brücken zu langlebigen, wartungsarmen und ästhetisch ansprechenden Bauwerken, die nicht nur technisch, sondern auch ökologisch zukunftsweisend sind. Wie aber sieht ein solcher konstruktiver Schutz in der Praxis konkret aus? – Anhand zweier Beispiele, welche im Zuge der Vorbereitungen für die Landesgartenschau in Wangen 2024 realisiert wurden, werden mögliche Maßnahmen des konstruktiven Schutzes im Holzbrückenbau skizziert.

Elsbeth-Fueg-Brücke. Der Belag aus Natursteinplatten ragt mit 36 Zentimetern hinaus und bildet somit einen weiteren Regenschutz des darunterliegenden Tragwerks.
Foto: Conné van d` Grachten
Elsbeth-Fueg-Brücke
Das erste Beispiel ist die Fußgänger und Radwegbrücke „Elsbeth-Fueg-Brücke“, die in Wangen die Obere Argen überspannt und das Schulzentrum mit den östlichen Stadtteilen verbindet. Die Objekt- und Tragwerksplanung für diese Brücke wurde vom Ingenieurbüro Miebach erstellt, die Werkstattplanung, Fertigung und Montage erfolgte durch das Ingenieurholzbau-Unternehmen Schaffitzel Holzindustrie. Bei der Konstruktion handelt es sich um eine zweiteilige, 38 Meter lange und vier Meter breite Brettschichtholz-Blockträgerbrücke. Die beiden Blockträger werden über stählerne Querschotte miteinander gekoppelt. Der Anschluss an die auskragenden Betonwiderlager erfolgt gelenkig über kraftflussoptimierte Stahlbauteile. Bei den Brettschichtholzträgern selbst handelt es sich um einachsig gekrümmte und überhöhte Bauteile.

Die Brettschichtholz-Blockträger wurden oberseitig mit einer diffusionsoffenen Unterdeckbahn abgedichtet. Darauffolgende Holzquerträger bilden, neben der Unterkonstruktion der Belagsplatten eine Hinterlüftungsebene. Edelstahlrinnen unter den Stößen des Natursteinplattenbelages führen eindringende Feuchtigkeit zielgerichtet ab.
Foto: Schaffitzel Holzindustrie
Holzkonstruktionen schützen
Der Schutz der Holzkonstruktion wird durch mehrere Maßnahmen sichergestellt:
- Geometrische Optimierung: Eine seitliche Abtreppung der Blockträger im 60-Grad-Winkel zur Horizontalen orientiert sich am Regeneinfallswinkel und reduziert die direkte Schlagregenbelastung.
- Natursteinbelag mit Überstand: Der Brückenbelag aus Natursteinplatten kragt beidseitig um 32 Zentimeter über die Holzkonstruktion hinaus und schützt das darunterliegende Holztragwerk dauerhaft.
- Beide Maßnahmen schützen das Holztragwerk effizient vor Schlagregen, sodass keine zusätzliche Verkleidung oder gar chemische Holzschutzmittel notwendig werden.
- Zusätzliche Abdichtungen: Unter den Plattenfugen des Natursteinbelages wurden Edelstahlrinnen mit nach außen gehendem Gefälle und Abtropfkanten angebracht, die eventuell eindringende Feuchtigkeit gezielt nach außen ableiten. Damit wurde zwischen Belag und Brückenkörper eine Unterkonstruktion ausgebildet, die durch Holzquerträger weiter stabilisiert wurde. Diese Unterkonstruktion ermöglicht zudem eine ausreichende Querlüftung, um gegebenenfalls auftretende Feuchte infolge Tauwasseranfall abzuführen. Ein vertikales Aluminiumlüftungsgitter entlang des Brückenkörpers dient als Insekten- und Vogelschutz der Hinterlüftungsebene. Als zusätzliche Redundanz wurde oberseitig auf den Blockträgern eine diffusionsoffene Unterdeckbahn angebracht, die mit den seitlichen Tropfprofilen flächig verklebt wurde.

Dornier- und Zeppelinbrücke. Die Dornier- und Zeppelinbrücke in Wangen sind sogenannte „integrale Holzbrücken“, in der Holz-Beton-Verbundbauweise errichtet. Das Holztragwerk wird dabei monolithisch mit dem Widerlager sowie dem Deckbelag verbunden.
Foto: Conné van d` Grachten
Dornier- und Zeppelinbrücke
Als zweites Beispiel sollen zwei baugleiche Fußgänger- und Radwegbrücken dienen, die ebenfalls im Rahmen der Landesgartenschau Wangen umgesetzt wurden – die „Dornier- und Zeppelinbrücke“. Die Objekt- und Tragwerksplanung dieser Brücken wurde vom Ingenieurbüro schlaich bergermann partner erbracht, Generalunternehmer war die Firma Xaver Lutzenberger. Auch hier war Schaffitzel Holzindustrie für die Werkstattplanung, die Fertigung und Montage verantwortlich. Es handelt sich um zwei Holz-Beton-Verbundbrücken mit je 46 Metern Länge und vier Metern Breite. Jede Brücke verfügt über zwei Blockträger, welche monolithisch mit den Widerlagern verbunden sind. Dadurch konnten die Holzträger in der Mitte sehr schlank ausgeführt werden.

Dornier- und Zeppelinbrücke. Auch hier wird das Holztragwerk zum einen durch eine seitliche Abtreppung, zum anderen durch den überkragenden, durchgehenden Deckbelag gegen Schlagregen geschützt.
Foto: Conné van d` Grachten
Konstruktive Schutzmaßnahmen
Maßnahmen des konstruktiven Holzschutzes sind:
- Holz-Beton-Verbund: Der Beton bietet einen hohen Schutz des eingebundenen Holztragwerks. Der Aufbeton erstreckt sich durchgehend – von Widerlager zu Widerlager, wodurch eine durchgängige Schutzebene entsteht. Er macht die Brücken wartungsarm und erhöht zugleich die Tragfähigkeit der Konstruktion.
- Seitliche Abtreppung und Überstände: Wie bei der Elsbeth-Fueg-Brücke wird das Holztragwerk durch seitliche Abtreppungen im 60-Grad-Winkel und den überkragenden Aufbeton geschützt.
- Epoxidharz-Beschichtung: Das Holztragwerk wurde oberseitig zusätzlich mit einer dicken Expoxidharzschicht versehen, die eine zweite Schutzebene bildet.
- Feuchte-Monitoring: Im Brückenkörper wurde ein modernes Messsystem zur dauerhaften Überwachung der Holzfeuchte installiert.

Der Holzträger selbst wurde monolithisch über Gewindestangen in die beiden Widerlager eingespannt: Die 78 cm lange Gewindestangen wurden in den Holzbrückenkörper eingeklebt, die überstehenden Enden anschließend in die Bewehrung des Widerlagers eingebunden und einbetoniert.
Foto: Schaffitzel Holzindustrie
Der Holz-Beton-Verbund dieser integralen Brücke wird in der Fläche über drei Zentimeter tiefe und 15 Zentimeter breite Schubkerven im Abstand von 55 Zentimetern gewährleistet, die über die gesamte Oberseite des Holztragwerks eingefräst wurden. Zwischen den Kerven wurden Vollgewindeschrauben im Abstand von zehn Zentimetern und 20 Zentimetern eingedreht, um eine Übertragung der Querzugkräfte zwischen Beton und Holz zu ermöglichen. Über einbetonierte Gewindestangen wurde der Holzträger monolithisch in die beiden Widerlager eingespannt: Die 78 Zentimeter langen Gewindestangen wurden in den Holzbrückenkörper eingeklebt, die überstehenden Enden dann in die Bewehrung des Widerlagers eingebunden und einbetoniert.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass mit Abdeckungen, doppelten Abdichtungsmaßnahmen, seitlichen Abtreppungen, Überständen, gezielten Wasserableitungen, integralen Verbindungen und Feuchtemonitoring zahlreiche Methoden des konstruktiven Holzschutzes beim Brückenbau angewandt werden können. Die Lebensdauer dieser Bauwerke kann dadurch signifikant verlängert und mit vergleichsweise wenig Wartungsaufwand sichergestellt werden.
Besonders in Zeiten wachsender ökologischer Herausforderung ist der Holzbrückenbau ein wichtiger Beitrag zu einer klimafreundlichen Bauweise. Denn während ihrer gesamten Lebensdauer speichern Holzbrücken mehr CO2, als bei ihrer Herstellung und Nutzung freigesetzt wird. Mit Projekten wie der Elsbeth-Fueg-Brücke und den Dornier- und Zeppelinbrücken wird deutlich, welches Potenzial der Holzbrückenbau besitzt um die Zukunft des Brückenbaus nachhaltig mitzugestalten.