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Platensiedlung Frankfurt 12.09.2024, 00:00 Uhr

Injizieren und ertüchtigen

Die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum in Ballungsgebieten steigt und steigt. Baugrund wird zur immer knapperen Ressource. Eine Möglichkeit, den Wohnungsbedarf zu decken und den Flächenverbrauch zu reduzieren, ist die Dachaufstockung von Gebäuden. Wie man dabei statische Probleme mit den Bestandsfundamenten bauwerks- und mieterverträglich lösen kann, zeigt das Projekt „Platensiedlung Frankfurt“.

Blick auf die Wohnanlage "Platensiedlung Frankfurt" vor und nach der Sanierung. Bild: Uretek

Blick auf die Wohnanlage "Platensiedlung Frankfurt" vor und nach der Sanierung. Bild: Uretek

Der Bedarf an neuem, bezahlbaren Wohnraum in Frankfurt am Main ist nach wie vor groß. Hier wirkte sich die einheitliche Eigentümerstruktur der Platensiedlung in Händen der ABG Frankfurt Holding positiv aus, langwierige Abstimmungsprozesse entfielen.

Neuen Wohnraum schaffen

Die Siedlung war im Bestand durch eine dreigeschossige Zeilenbebauung geprägt. Die insgesamt 19 Zeilen setzen sich jeweils aus drei einzelnen Gebäuden zusammen. Den Bestand an 342 Wohnungen bilden eher großzügige Drei-, Vier- und Fünfzimmerwohnungen.

Ziel war es, durch die Aufstockung der Gebäude und die Nutzung von Querverbindungen zwischen den Gebäuden circa 680 neue Wohnungen zu schaffen. Die Planungen des beauftragten Frankfurter Büros Stefan Forster Architekten sahen Ein-, Zwei- und Dreizimmerwohnungen vor, die in Kombination mit dem Bestand zu einer ausgewogeneren Durchmischung des Wohnungsangebotes beitragen sollen. Die Hälfte der neuen Wohnungen wurde als geförderte Wohnungen hergestellt; 175 Wohnungen entstanden als Studentenappartements.

Aufstockung um jeweils zwei Geschosse

Dazu wurde die vorhandene dreigeschossige Zeilenbebauung um jeweils zwei Geschosse mit einer modular aufgesetzten Holzkonstruktion aufgestockt. An den Enden der bestehenden Zeilenbauten entstanden Ergänzungsbauten, die die Freiflächen zwischen den Zeilen zu privateren Höfen entwickelten. In den neu geschaffenen Erdgeschossen an der Platenstraße werden gewerbliche Nutzungen wie kleine Läden oder Cafés sowie soziale Infrastruktur angesiedelt, die der Monofunktionalität der Siedlung entgegenwirken und einen Schritt zu einem lebendigen, gemischten Quartier bilden.

Für die Mieter sollten durch die Baumaßnahmen keine Mieterhöhungen ausgelöst werden. Im Rahmen eines Umzugsmanagements erhielten die Mieter außerdem die Möglichkeit, von einer für sie zu großen in eine kleinere Wohnung innerhalb des Quartiers umzuziehen.

Projektverlauf

Mit den Aufstockungen wurde im Herbst 2018 begonnen. Im Frühjahr 2020 wurden die letzten Aufstockungen fertiggestellt. Mit den ersten Neubauten wurde im März 2019 begonnen, der letzte Baubeginn eines Neubaus fand Anfang des Jahres 2023 statt. Mittlerweile ist in den Höfen und Vorgärten auch die Freiraumgestaltung abgeschlossen.

Der Bestand

Die Gründung erfolgte in den 1950er-Jahren über unbewehrte Streifenfundamente. Jeweils an einer Stirnseite der Gebäude sind teilverfüllte Kriechkeller mit einer lichten Höhe von 1,35-2,60 Metern vorhanden. In der Längsachse der Kriechkeller befindet sich mittig jeweils eine 40 Zentimeter starke Innenwand, die auf einem teils abgetreppten Streifenfundament ablastet (Breite: circa 0,80-1,6 Meter, Einbindung: circa 0,40-0,90 Meter).

Die Außen- und Innenfundamente setzen in bindigen Böden (Hochflutlehme: sandige Schluffe, teils sandige Tone) ab, die stellenweise aufgefüllt sind. Die Böden sind stark ausgetrocknet und deshalb hochkonsistent (steife bis halbfeste und auch feste Konsistenzen). Im Liegenden folgen Sande und Kiese (Niddaterrasse) in mindestens mitteldichter Lagerung sowie tertiäre Tone und Schluffe. Flurnahes Grundwasser wurde nicht eingemessen.

Durch die Aufstockung erhöhten sich die Lasten von vorher 170 Kilonewton/Meter (kN/m) + 40 kN/m (210 kN/m) auf nachher 246 kN/m + 80 kN/m (326 kN/m). Es wurde festgestellt, dass eine grundbruchsichere Abtragung der erhöhten Lasten über die vorhandenen Bestandsfundamente nicht möglich ist.

Die Empfehlung des Baugrundinstituts Franke-Meißner und Partner GmbH lautete, in allen Bereichen, die mit Bohrgeräten angefahren werden können, die erforderlichen Ertüchtigungsarbeiten im Düsenstrahlverfahren (DSV) auszuführen. Beim Düsenstrahlverfahren werden mittels Injektionen Zement-Bodengemisch-Körper im Baugrund hergestellt. Hierbei wird der anstehende Boden unter Hochdruck mit einer zementhaltigen Zementsuspension vermischt.

Im Bereich der Kriechkeller war dies an den Mittelwänden aufgrund der erschwerten Zugänglichkeit und der zum Teil sehr geringen Raumhöhe nicht möglich. Andere konventionelle Tiefbaumethoden, beispielsweise Unterfangungen, kamen ebenfalls nicht in Frage. So entschieden sich die Auftraggeber auf die Empfehlung des Baugrundgutachters für das Uretek Verfahren. Diese Injektionsmethode gilt als einziges Spezialtiefbauverfahren, das einen lediglich minimal-invasiven Eingriff in die Bausubstanz vornimmt.

Zur Aufnahme der resultierenden Zusatzlasten sollten deswegen die fundamentnahen Gründungsböden bis circa 2 Meter unter Fundamentsohle (Wirktiefe circa 2,5 Meter) mithilfe der Uretek DeepInjection-Methode (UDI) verstärkt werden. Die erforderliche Bodenverbesserung durch Injektionen mit Expansionsharz führt zu einer Vorbelastung der stark belasteten Bodenschichten und dadurch zu einer Vorwegnahme von Setzungen insbesondere direkt unter den Fundamenten. Dadurch werden die Setzungen infolge der Aufstockung verringert. Selbst im Falle der am stärksten belasteten Fundamente sollten diese nicht mehr als einen Zentimeter betragen.

Ertüchtigung im Bereich der Kriechkeller

Die Injektionen erfolgen über eine spezielle Injektionspistole – im Hintergrund der Rotationslaser für die messtechnische Überwachung.

Foto: Uretek

Auf Grundlage von verbesserten Bodenkennwerten, die nach einer Baugrundverbesserung mit dem Uretek-Verfahren angesetzt werden können, wurden zur Prüfung der Machbarkeit im Vorfeld Grundbruch-/Setzungsberechnungen durchgeführt.

Die Injektionslanzen können auch bei geringen Raumhöhen in große Tiefen eingesteckt werden.

Foto: Uretek

Vom Kriechkeller aus wurden im Abstand von circa 0,8-1,0 Meter Bohrlöcher mit einem Durchmesser von 16 Millimetern an den Streifenfundamenten gesetzt. Durch Injektionslanzen wurde anschließend das Zweikomponenten-Expansionsharz flüssig und unter kontrolliertem Druck zuerst unter die Fundamentsohle gepresst. Danach wurden in einer zweiten und in einer dritten Tiefenebene im Abstand von circa 1,0-1,2 Metern zusätzliche Verstärkungsinjektionen bis circa 1,2 Meter und circa 2,0 Meter unter die Gründungssohle in den Baugrund gesetzt, die Wirktiefe beträgt bis zu 2,5 Meter.

Per Handbohrmaschine kann bis zu fünf Meter tief gebohrt werden.

Foto: Uretek

In kürzester Zeit entstand aus den zwangsgemischten Komponenten im Baugrund ein stark expandierendes Harz. Die auftretenden Expansionskräfte übten zu diesem Zeitpunkt einen vielfach höheren Druck aus als die statische Gebäudelast und die Last des gesamten, über dem Umkreis der Injektionsstelle vorhandenen Bodens. Der Widerstand des Untergrundes nahe dem Injektionspunkt wirkte dem Druck aller darüber liegenden Lasten entgegen.

Verästelte, wurzelartige Harzlamellen in einer Ausgrabung nach Injektionen in einem Versuchsfeld.

Foto: Uretek

Im Boden bildeten sich unter Ausnutzung der Gebäudeauflast fein verästelte, wurzelartige Harzlamellen aus, die eine geogitterähnliche Bewehrung im Baugrund bewirkten, sodass ein Bodenkörper mit verbesserter Gesamtsteifigkeit entstand. Die Expansion der Harze erfolgte dabei immer in Richtung des geringsten Widerstandes und damit genau dorthin, wo die Verstärkung notwendig war. Durch die weitere Verdichtung kam es lokal begrenzt zu einem Anwachsen der Vertikalspannungen mit messbaren Hebungstendenzen von maximal 1-2 Millimetern, was als bauwerksverträglich gilt. Die an der jeweiligen Injektionsstelle dokumentierte Hebungsreaktion an der Wand diente als empirischer Nachweis dafür, dass der Baugrund seine maximale Verstärkung und Verspannung erreicht hatte. Aufgrund der extrem kurzen Reaktionszeit der Harze und der millimetergenauen Überwachung durch Nivellierlaser wurde der ganze Prozess genau kontrolliert und gesteuert.

Der Leistungsumfang der Baugrundverbesserung bis in eine Tiefe von circa 2,5 Meter unter Fundamentsohle erforderte je Gebäude bei circa 12 laufenden Metern Fundament lediglich einen Arbeitstag.

Unabhängige Prüfinstitute bescheinigen den Uretek Expansionsharzen dabei

  • langfristige Stabilität und Beständigkeit
  • eine hohe Elastizität und Druckfestigkeit
  • eine exzellente Umweltverträglichkeit
  • beste chemische, mechanische und ökologische Eigenschaften.

Das Expansionsharz kann zudem bedenkenlos auch in Wasserschutzgebieten eingesetzt werden. n

www.uretek.de

Von T. Kahl

Tanja KahlDiplom-Geologin und Technische Beraterin bei Uretek DeutschlandFoto: Uretek