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Brückensanierung 06.03.2025, 00:00 Uhr

Unter laufendem Verkehr verstärken

Mithilfe eingeklebter Betonschrauben kann sowohl die Durchstanz- als auch die Querkrafttragfähigkeit von Bestandsbrücken nachträglich gesteigert werden. Ressourcen können so geschont und die Substanz von Bauwerken erhalten werden.

Bild 1. Querkraftverstärkung unter laufendem Verkehr. Foto: Würth

Bild 1. Querkraftverstärkung unter laufendem Verkehr.

Foto: Würth

Mit den Verbundankerschrauben Relast der Firma Würth können Bauwerke wie Brücken nachträglich und unter laufendem Verkehr verstärkt werden (Bild 2).

Bild 2. Bauwerksverstärkung mit Relast Verbundankerschrauben.

Foto: Würth

Anschlussstellen Natbergen und Bissendorf

Bei den Brücken an den Anschlussstellen Natbergen und Bissendorf handelt es sich um Plattenbrücken aus dem Jahr 1971 mit drei beziehungsweise vier Feldern und Spannweiten zwischen 11,9 und 17,9 Metern. Der Durchschnittliche Tägliche Verkehr (DTV) beträgt circa 45 000 und der Durchschnittliche Tägliche Verkehr-Schwerverkehr (DTV-SV) circa 11 000 Fahrzeuge (Bild 3).

Bild 3. Verstärkung AS Bissendorf.

Foto: Würth

Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie zur nachträglichen Verstärkung wurden mehrere Sanierungsmöglichkeiten untersucht. Die erste Variante bestand in der Verwendung einer Unterstützungskonstruktion. Dabei zeigte sich jedoch der Nachteil, dass die lichte Höhe nicht ausreichte. Die zweite Variante sah einen Aufbeton mit Verdübelung vor. Allerdings hätte diese Lösung zu einer erheblichen Erhöhung des Eigengewichts der Konstruktion geführt. Die dritte Variante umfasste den Einbau vorgespannter Stabspannglieder. Dafür wäre jedoch ein aktiver Eingriff in den Verkehr auf der Brücke erforderlich gewesen. Letzteres hätte unweigerlich zu erheblichen Verkehrsbehinderungen, langen Staus und damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Umwelt geführt. Die vierte Variante – welche schließlich auch realisiert wurde – sah die Verstärkung mit Relast Verbundankerschrauben der Firma Würth vor. Diese Art der Verstärkung bot zahlreiche Vorteile. Der oben liegende Verkehr konnte ohne Einschränkungen aufrechterhalten werden. Durch die schnelle und einfache Montage, mit äußerst geringem Materialaufwand, konnte die Zeit der Verstärkungsarbeiten auf ein Minimum reduziert werden. Zudem kam es nur zu sehr geringen Einschränkungen der lichten Höhe. Bei der Verwendung von Standardlängen und Hutmuttern reduzierte sich diese um lediglich circa sieben Zentimeter, ohne Hutmuttern sogar nur um circa fünf Zentimeter.

Da die Bauteildicke der Brücken zwischen 0,70 und 0,84 Metern liegt, wurden 3 102 Stück Relast Verbundankerschrauben in den Standardlängen 700 oder 800 Millimeter und einem Durchmesser von 22 Millimetern zur nachträglichen Verstärkung eingebaut. Der Überstand der Standardlängen wurde nach dem Einbau gekürzt und der Korrosionsschutz durch die Verwendung einer Hutmutter hergestellt, wie Bild 4 schematisch zeigt.

Bild 4. Ablängen der Standardlängen und Herstellung des Korrosionsschutzes.

Foto: Würth

Durchstanzverstärkung über dem Werbellinkanal

Bei der Nachrechnung der Brücke wurden Tragfähigkeitsdefizite festgestellt, da die vorhandene Durchstanzbewehrung den gestiegenen Anforderungen aktueller Normen nicht entspricht. Zur nachträglichen Durchstanzverstärkung wurden insgesamt 230 Relast Verbundankerschrauben eingebaut. Die Montage der Schrauben erfolgte innerhalb kürzester Zeit mithilfe eines Brückeninspektionsfahrzeugs von der Unterseite der Brücke (Bild 5), während der Verkehr auf der Brücke ungestört weiterlief. Dadurch konnten aufwendige Umfahrungsstrecken vermieden werden, die sowohl den Individualverkehr als auch den öffentlichen Nahverkehr beeinträchtigt hätten. Die Verstärkung mit Relast gewährleistete zudem eine erhöhte Redundanz für den Fall eines Schiffsanpralls und ermöglichte die Nutzung der Brücke als Umleitungsbauwerk für anstehende Baumaßnahmen.

Bild 5. Verstärkung der Brücke unter laufendem Verkehr.

Foto: Würth

Querkraftverstärkung einer Autobahnbrücke bei A96

Bei der Nachrechnung der Brücke wurde eine unzureichende Querkraftbewehrung festgestellt. Um die Brücke den aktuellen, deutlich restriktiveren Normen anzupassen, wurde sie entsprechend bemessen und unter laufendem Verkehr mit Relast Verbundankerschrauben verstärkt. Zu diesem Zweck wurden 160 Schrauben mit einem Durchmesser von 22 Millimetern von der Unterseite der Brücke installiert. Vier unterschiedliche Längen sorgten dafür, dass der geplante Einbauzustand exakt erreicht wurde und der Überstand der Schrauben im Lichtraumprofil unter der Brücke möglichst gering blieb. Während der Verstärkungsarbeiten wurde der Verkehr auf der untergeordneten Straße unter der Brücke mithilfe einer Ampelschaltung geregelt (Bild 6). Der Verkehr auf der Autobahn A96 oberhalb der Brücke konnte ohne Einschränkungen weiterfließen.

Bild 6. Querkraftverstärkung unter laufendem Verkehr.

Foto: Würth

Querkraftverstärkung einer Brücke in Bad Reichenhall

Die Brücke in Bad Reichenhall wurde 70 Jahre nach ihrer Errichtung umfassend saniert. Dabei kam unter anderem eine nachträgliche Querkraftverstärkung mit Relast Verbundankerschrauben zum Einsatz. Ursprünglich war die Querkrafttragfähigkeit der Brücke in der Statik über die Hauptspannungen nachgewiesen worden, weshalb sie nahezu ohne Querkraftbewehrung errichtet wurde. Zur Behebung dieses Defizits wurden nachträglich 1 224 Relast Verbundankerschrauben mit einem Durchmesser von 22 Millimetern installiert. Die standardmäßig 1 000 Millimeter langen Anker wurden nach dem Einbau vor Ort auf die erforderliche Einbindetiefe gekürzt, wobei der Korrosionsschutz mithilfe von Hutmuttern wiederhergestellt wurde(Bild 4). Die Verstärkungsarbeiten wurden innerhalb von 20 Arbeitstagen unter laufendem Verkehr durchgeführt. Dadurch konnten Umleitungen vermieden und CO2-Emissionen durch zusätzliche Fahrtwege eingespart werden. Der Einfluss der Maßnahmen auf den Individualverkehr sowie den öffentlichen Nahverkehr, sowohl auf als auch unter der Brücke, war dabei äußerst gering (Bild 1).

Fazit

Zahlreiche Projekte zeigen, dass der große Vorteil der nachträglichen Verstärkung mit Relast Verbundankerschrauben in der schnellen und einfachen Installation, dem für den Tragwerksplaner gewohnten Bemessungsmodell und der sofortigen Belastbarkeit der Schrauben liegt. Da die Montage der Schauben von nur einer Seite aus erfolgen kann, wird der Betrieb des Bauwerks aufrechterhalten. Fahrbahnverengungen, Umfahrungen und Staus werden effektiv vermieden, CO2-Emissionen sowie zusätzliche Kosten durch die Erneuerung der Abdichtung und des Fahrbahnbelags werden eingespart. Effektiv sind auch die deutlichen Traglaststeigerungen; im Bereich der Querkrafttragfähigkeit bis zu 100 Prozent und der Durchstanztragfähigkeit bis zu 40 Prozent. Das innovative Sanierungssystem Relast der Firma Würth ermöglicht eine schnelle sowie ressourcenschonende Möglichkeit der effektiven und wirtschaftlichen Ertüchtigung von Ingenieurbauwerken.

Literatur:

  1. [1] Feix, Lechner (2020). „Das neue Bauaufsichtlich zugelassene System RELAST zur nachträglichen Bauwerksverstärkung; Von der Grundidee über wissenschaftliche Forschung zur Zulassung“, In: Das Planermagazin für Ingenieure, Architekten und Planer, Nr. 19, Jahrgang 14, März 2020
  2. Strobl, F.: Eingeklebte Betonschrauben: Bauwerke nachträglich verstärken. In: Bauingenieur, Jahrgang 99 (2024), Heft 01–02.
Von Von Fabian Strobl (Würth)