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Bayerische Ingenieurkammer 10.02.2025, 00:00 Uhr

Forderungen an die neue Bundesregierung

Mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl hat die Bayerische Ingenieurkammer-Bau als Stimme der am Bau tätigen Ingenieurinnen und Ingenieure in Bayern jetzt 13 Forderungen zur Bundestagswahl formuliert und den Parteien übermittelt.

Forderungen der Baubranche an die neue Bundesregierung: Foto: MH / Adobe Stock

Forderungen der Baubranche an die neue Bundesregierung:

Foto: MH / Adobe Stock

Stärkung des Bundesbauministeriums

Eine der wichtigsten Forderungen der Ingenieurinnen und Ingenieure ist die nach dem Erhalt und der Stärkung des Bundesbauministeriums. „Ob Schaffung von Wohnraum, Erhalt der öffentlichen Infrastruktur oder die Weiterentwicklung moderner, ressourcenschonender Baustoffe und Bauweisen sowie die CO2-Effizienz – diese Themen sind für die Zukunft unseres Landes so bedeutsam, dass sie eines starken, fachlich versierten Bauministeriums bedürfen“, fordert Prof. Dr. Norbert Gebbeken, der Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. Querschnittsaufgaben wie die Auflage von Förderprogrammen für Neu- und Bestandsbau, die energetische Sanierung oder der digitale Bauantrag sollten hier gebündelt werden.

Berufrechtsvorbehalt für Ingenieurinnen und Ingenieure am Bau

Weiter fordert die Kammer einen Berufsrechtsvorbehalt für Ingenieurinnen und Ingenieure am Bau. „In anderen Freien Berufen ist der Berufsrechtsvorbehalt längst Standard. Dies muss auf die Gruppe der am Bau tätigen Ingenieurinnen und Ingenieure ausgeweitet werden, denn die Abwendung von Gefahren für Leib und Leben ist ihre Hauptaufgabe. Ein Berufsrechtsvorbehalt für sicherheitsrelevante Ingenieurleistungen ist überfällig“, erläutert Dipl.-Ing. (FH) Alexander Lyssoudis, Vorstands-

mitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau und Vizepräsident des Verbandes Freier Berufe in Bayern e.V..

Daneben fordert die Bayerische Ingenieurkammer außerdem:

Die zügige Fortschreibung der Leistungsbilder der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI)

Ziel ist es, dass neue Leistungsbilder, die sich aufgrund der rasanten technologischen Entwicklung ergeben, wie zum Beispiel BIM Building Information Modeling, KI Künstliche Intelligenz, CO2-Bilanzierungen etc., Berücksichtigung finden.

Ein mittelstandsfreundliches Vergaberecht

Ebenso fordert die Ingenieurkammer ein mittelstandsfreundliches Vergaberecht, das sowohl für öffentliche Auftraggeber als auch für Planungsbüros handhabbar ist. Derzeit binde die überbordende Bürokratie erhebliches Personal. Und dennoch sichert die klein und mittelständig orientierte Planungs- und Ausführungslandschaft qualitativ hochwertige Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft in den Regionen vor Ort. In Krisenzeiten sichern sie ohne staatliche Unterstützung die Wirtschaftskraft in den Regionen. Deshalb sollte der Grundsatz der losweisen Vergabe als Regelfall beibehalten und die Abweichung davon deutlich begrenzt werden. Außerdem soll das Vergaberecht deutlich entschlackt werden und eine Korrektur der Vergabeprozesse erfolgen, um auch diesen Strukturen eine Teilnahme am Markt zu ermöglichen. Der Entwurf des Vergabetransformationspaketes zeigt, dass dies auch unter den bestehenden Regelungen des EU-Rechts möglich ist. Zusammenfassend fördert die Baywerische Ingenieurkammer, die positiven Ansätze des Vergabetransformationspaketes zum Modell Burgi beizubehalten.

Hinreichende finanzielle Mittel für eine intakte Infrastruktur

Hinreichende Mittel für eine intakte Infrastruktur, die als Teil der kritischen Infrastrukturen für eine Gesellschaft überlebenswichtig ist, sind eine weitere Forderung. Die Verkehrsinfrastrukturen sowie die unterirdischen Ver- und Entsorgungsinfrastrukturen in Deutschland sind marode. Damit die Probleme gelöst werden, benötigen wir eine Verstetigung der Investitionsmittel im Bereich der Infrastruktur, damit Behörden, Planende und Ausführende Planungssicherheit haben.

Die Wiederbelebung des Wohnungsbaus unter Berücksichtigung des Gebäudetyps-e

Ebenso notwendig sei eine deutliche Wiederbelebung des Wohnungsbaus. Wohnen ist in Deutschland vor allem in Ballungsgebieten inakzeptabel teuer. Deshalb werden steuerliche Anreize, zuverlässige planbare Förderungen und neue Baustandards, die die Sicherheit priorisieren und nicht den Komfort, benötigt. Der Gebäudetyp-e kann dabei das neue „Normal“ sein.

Die Beibehaltung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in seiner bisherigen Zielsetzung bei gleichzeitiger Vereinfachung der Anforderungen

Das GEG muss in seiner bisherigen Zielsetzung beibehalten werden. Die Anforderungen müssen vereinfacht, die kommunalen Wärmeplanungen zügig umgesetzt werden. Zur Vermeidung sozialer Härten soll gefördert und Anreize geschaffen werden – nötigenfalls auch über das Steuerrecht. Die Umsetzung aller klimaschutzrelevanten Maßnahmen muss sich an die UN-Nachhaltigkeitsziele 2030 orientieren. Der sofortige Ausbau erneuerbarer Energien, inklusive der Netze und Speicher, ist unumgänglich.

Die konsequente Beachtung der Klimaschutzziele beim Bauen

Die Ingenieurkammer fordert die konsequente Beachtung der Klimaschutzziele beim Bauen gemäß dem Klimaschutzgesetz und den UN-Nachhaltigkeitszielen, zum Beispiel durch systemische CO2-Bilanzierung und CO2-Bepreisung. Nur so können eine zukunftsfähige Umwelt hinterlassen, Katastrophen und Konflikte vermieden und planetaren Grenzen beachtet werden.

Abfälle reduzieren, Rohstoffe schonen und Recyclingquote erhöhen

Die Ingenieurinnen und Ingenieure fordern klare gesetzliche Grundlagen, um Bauabfälle zu reduzieren, Rohstoffe zu schonen und den Einsatz von Sekundärbaustoffen im Bauwesen aktiv zu unterstützen. Nur durch konkrete Anreize und verlässliche Strukturen kann die Bauwirtschaft nachhaltig zirkulär und klimagerecht gestaltet werden. Die Politik muss die Weichen stellen.

Die Trennung von Planen und Bauen

Nur durch eine Trennung von Planen und Bauen wird sichergestellt, dass von unabhängigen Beratenden Ingenieuren und Ingenieurinnen die Interessen der Bauherrschaft umgesetzt werden und nicht die Baufirmen das verkaufen, was den größten Profit abwirft. In Einzelfällen, zum Beispiel bei Sondervorschlägen, kann es sinnvoll sein, wenn sich Planende und Ausführende von Anfang an zusammentun. Die mittelständischen Strukturen der Planenden müssen im Interesse des Verbraucherschutzes und im Interesse einer resilienten Wirtschaft gestärkt werden.

Abbau der überbordenden Bürokratie

Zudem ist ein konsequenter Abbau der überbordenden Bürokratie und Vorschriften erforderlich. Die Verfahren sind inzwischen sowohl für (öffentliche) Auftraggeber als auch für Planende nur noch mit zusätzlichem Personal und damit zusätzlichen Kosten zu bewältigen. Bauordnungen sollten sich wegen der Abwendung der Gefahr für Leib und Leben auf sicherheitsrelevante Themen konzentrieren. Genehmigungsverfahren müssen erheblich überarbeitet werden, damit sie in der Umsetzung deutlich schneller werden. Wenn die Klimaschutzziele noch erreicht werden sollen, dann müssen vor allem Infrastrukturprojekte in wenigen Jahren genehmigt werden und nicht in Jahrzehnten.

Beachtung der Baukultur

Eine konsequente Beachtung der Baukultur, im Hochbau wie im Ingenieurbau, ist wesentlich, um eine gebaute Umwelt zu schaffen, die als lebenswert empfunden wird und gesund ist. Baukultur hat neben sozialen, ökologischen und ökonomischen Bezügen auch eine emotionale und ästhetische Dimension. Ihre Herstellung, Aneignung und Nutzung ist ein gesellschaftlicher Prozess, der auf einer breiten Verständigung über qualitative Werte und Ziele beruht.

Umbau der versiegelten und überhitzten Städte

Die versiegelten und überhitzten Städte müssen umgebaut werden. Die zunehmenden Starkregenereignisse und Hitzetage als Folge des Klimawandels verlangen neue Konzepte in der Stadt-, Siedlungs-, und Raumplanung. Bauen nach dem Schwammstadtprinzip mit grün-blauer Infrastruktur ist das Gebot der Stunde: Städte und Gemeinden müssen so (um-)gestaltet werden, dass sie Wasser wie ein Schwamm aufnehmen, speichern und in trockenen Phasen langsam wieder an ihre Umgebung abgeben. Auf diese Weise können die negativen Folgen von Starkregen, Trockenperioden und Hitzetagen verringert und Städte insgesamt resilienter gemacht werden.

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Von Von Bayerische Ingenieurkammer / Melanie Schulz