Beton wird nachhaltig
Durch die Herstellung von Zement erhält der Baustoff Beton einen schlechten Ruf beim Thema Klimawandel. Forscher der Empa wollen dies ändern und entwickeln eine neues Rezept für den Zement. Dieser soll neben weniger Emissionen sogar das Treibhausgas Kohlendioxid binden.
Zement ist für die Herstellung von Beton unabdingbar. Und Beton benötigen wir für die meisten unserer Bauten. Doch nur die Herstellung einer einzigen Tonne Zement setzt 700 Kilogramm Kohlendioxid frei. Es ist vielleicht auf eine Tonne gesehen weniger, als der Ausstoß für die Stahlproduktion, doch stellen wir rund 53 Millionen Kubikmeter Beton im Jahr alleine in Deutschland her. Weltweit gesehen macht der Kohlendioxidausstoß von Zement nur sieben Prozent aus, aber die Tendenz ist steigend. Aus diesem Grund fordern die Vereinten Nationen in ihrem Umweltprogramm, zementbasierte Materialien zu entwickeln, die klimafreundlich sind. Denn dann ist es möglich, Wohnungen und Infrastruktur anzubieten, die die Umweltaspekte aufgreifen. Hierzu haben sich Empa-Forscher Gedanken gemacht. Sie arbeiten an einer alternativen Zement- und Betonart. Bei ihrer Herstellung soll weniger schädliches Kohlendioxid entstehen. Dabei soll das Klimagas auch gebunden werden.
Energie sparen mit CSA-Zement
Empa-Forscher Frank Winnefeld aus der Abteilung Concrete & Asphalt beschreibt, dass Zement traditionell im Drehrohr-Ofen bei 1.450 Grad Celsius gebrannt wird. Um die Temperaturen zur erreichen, können erneuerbare Energien eingesetzt werden. Doch das Sparpotenzial ist, zumindest in Europa, mit den heutigen Technologien bereits ausgereizt. Werden Rohstoffe eingesetzt, die eine geringere Brenntemperatur benötigen, lässt sich mehr Energie sparen. Hier kann auf CSA-Zement aus Calciumsulfoaluminat zurückgegriffen werden. Als Brenntemperatur benötigt er um die 200 Grad Celsius weniger. Dabei stößt der Zement pro Tonne rund 200 Kilogramm Kohlendioxid weniger aus. Doch die Reduktion der Treibhausgasemissionen ist nicht nur auf die Brenntemperatur zurückzuführen. Der CSA-Zement hat eine geringere Menge an Kalkstein in der Rohstoffmischung, die den Vorteil verursacht. Der Kalkstein ist nämlich der Zementbaustein, der durch eine chemische Reaktion bei der Zementherstellung die hohen Kohlendioxidemissionen verursacht. Daher ist der Ansatz, den Kalkstein zur verringern, ein wichtiger Aspekt, um zu einem ökologischen Zement gelangen. Um die Emissionen von Kohlendioxid weiter zu senken, können auch Inhaltsstoffe, die bei anderen Industriezweigen als Abfall entstehen, genutzt werden. Schlacke aus den Hochöfen bei der Roheisengewinnung und Flugasche von der Kohleverbrennung können mit Zement vermischt werden und so zur Senkung des Treibhausgases Kohlendioxid beitragen.
Sekundärrohstoffe helfen bei Herstellung von ökologischen Zement
Um den Bedarf der Zement-Branche zu decken, identifizieren die Empa-Forscher weitere Industriezweige und deren Sekundärrohstoffe, die noch wenig genutzt werden. „Bei der metallurgischen Rückgewinnung von Edelmetallen aus Elektronikschrott bleibt eine hochwertige Schlacke übrig, die in Pulverform ebenfalls mit Zement vermischt werden kann“, erklärt Winnefeld. Möglich sei es auch, so der Forscher, für Mischzement mineralische Bauabfälle zu nutzen. Die Forscher gehen so weit, dass der Zusatzsoff im Zement sich so verändern kann, dass der Brennvorgang ganz entfällt. Hier wird auf eine chemische Redaktion im alkali-aktivierten Zement gesetzt. Dabei sollen die Bestandteile Schlacke, Asche oder kalzinierter Ton durch starke alkalische Lösungen wie etwa Natriumsilikate zur Verbindung animiert werden. Durch die Reaktion entstehen Produkte mit einer Druckfestigkeit, die vergleichbar mit herkömmlichen Zement ist.
Klimagas in Beton aufgenommen
Die Forscher der Empa arbeiten neben neuen Rezepten auch an einem Beton, der das Kohlendioxid bindet. Dabei soll ein Magnesium-basierter Zement die Grundlage bilden. Hier sind die Regionen im Vorteil, in denen im Boden magnesiumhaltiges Olivin vorkommt. Olivin ist normal tief im Erdmantel zu finden. Durch vulkanische Aktivität wird es an die Erdoberfläche transportiert und lässt sich abbauen. Bei der Herstellung von Zement aus Olivin wird der Kohlendioxid zugeführt. Im nächsten Schritt der Verarbeitung wird nur ein Teil des Materials gebrannt. Somit entsteht beim Brennvorgang des Zements weniger Kohlendioxidemissionen. Zwar ist dieses Ergebnis („MOMS“, Magnesium Oxide derived from Silicates) bekannt doch noch weitgehend unerforscht.
Damit der Zement industriell nutzbar wird, analysieren die Forscher der Empa das chemische Mischungsverhältnis und Konformitätskriterien wie Druckfestigkeit und Dauerhaftigkeit. Dabei führen sie nicht nur chemische Untersuchungen durch, sondern testen die Belastbarkeit an großen Bauteilen. Winnefeld meint: „Industrielle Prozesse müssen noch optimiert werden, da sie in vielen Fällen noch zu teuer sind“, zeigt aber gleichzeitig auf, dass mit Beton aus alternativen Zement mindestens vergleichbare Druckfestigkeiten möglich sind, wie durch Portland-Zement.
Die Empa forscht derzeit auch an einer Betonrezeptur für selbstvorgespannte Betonelemente, damit Baukosten gesenkt werden können.
Im ChangeLab!-Projekt vom Karlsruher Institut für Technologie und dem Wacker-Konzern wird sich über nachhaltiges Bauen allgemein ausgetauscht.