Energetische Lösungen für historische Glasfenster
Verglasungen und Fensterkonstruktionen prägen das Erscheinungsbild der Fassade von denkmalgeschützten Gebäuden. Doch können sie bei einer energetischen Sanierung erhalten bleiben? Dieser Frage ist ein Wissenschaftlerteam des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP und der Universität Bamberg nachgegangen. Das Ergebnis: Historische Fenster können erhalten und energetisch saniert werden.
Durch das Vorhaben „Innovative Lösungen für die Ertüchtigung von historischen Bestandsfenstern unter Aspekten des Klimaschutzes – Lebenszyklusbetrachtungen und Demonstration in der Alten Schäfflerei, Kloster Benediktbeuern“ konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP und der Universität Bamberg zeigen, das historische Fenster soweit energetisch saniert werden können, dass die den Neubau-Vorgaben entsprechen. Damit unterstützt die Forschung die Sicht der Denkmalpflege auf historische Gebäude, die in ihrer Gesamtheit erhaltenswert sind. „Die alten Fenster und ihre Glasscheiben zählen dabei zu den essenziellen Bestandteilen und prägen das Erscheinungsbild der Fassaden“, so Prof. Dr. Ralf Kilian vom Fraunhofer-Zentrum für energetische Altbausanierung und Denkmalpflege Benediktbeuern. Vielfach geben Glasscheiben, die mit historischen Techniken wie dem Zylinderglas-Verfahren hergestellt wurden, den denkmalgeschützten Gebäuden ein lebendiges Aussehen. Um dieses zu erhalten, aber auch die Aspekte des Klimaschutzes bei der energetischen Sanierung von historischen Bestandsfenstern zu berücksichtigten, suchte das Forschungsvorhaben nach innovativen Lösungen. Dabei stellte sich das Forscherteam zwei Fragen: Ist eine ressourcenschonende Ertüchtigung von Bestandsfenstern im Vergleich zu deren Austausch sinnvoll? Und: Gibt es Optionen, um die Bestandsfenster zu erhalten?
Lösungsweg zur Ertüchtigung historischer Fenster
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben sich Schlüsselkriterien gesetzt, um zu einer effizienten Lösung zu kommen. Dabei untersuchten sie, wie hoch der Ressourcenverbrauch ist, wie viel Primärenergie aufgewendet werden muss und wie hoch die Recyclingrate sein wird, wenn alte Fenster ertüchtigt werden. Dabei betrachteten sie das Kriterium Recyclingrate aufmerksam. Alte Glasfenster sind unterschiedlich hergestellt und die Zusammensetzung der Rohstoffe, die eingesetzt wurden, sind häufig unbekannt und können Schwermetalle enthalten. Daher ist eine Rückführung in derzeitige Produktionsketten nicht immer möglich und eine große Menge an Abfallglas wäre die Folge.
Lösungsweg an der Alte Schäfflerei getestet
Aus diesem Grund sollen adaptiv vorgesetzter Fenster als Ertüchtigung von Bestandsfenstern getestet und messtechnisch beurteilt werden. Die Alte Schäfflerei dient dabei als Testfeld. In ihr ist das Fraunhofer-Zentrum für energetische Altbausanierung und Denkmalpflege Benediktbeuern untergebracht. Das Gebäude gehört zum Kloster Benediktbeuern und stammt aus der Zeit um 1760. Bei der behutsamen energetischen Sanierung des Denkmals wurde bereits unter anderem das barocke Walmdach instand gesetzt. Bei der aktuellen Forschungsarbeit wurden alle Fensterkonstruktionen vor 1960 betrachtet und bearbeitet. Dabei wurden heutige energetische und denkmalpflegerische Kriterien zur Beurteilung angesetzt und geprüft, ob die Fenster weiterverwendet werden können. Die Entwicklung zeitgemäßer Konstruktionen wie die Entwicklung der Bestandsfenster zu einem Kastenfenster oder der Einsatz eines inneren Vorsatzfensters mit Metallrahmen oder Holzrahmen und deren modellhafter Einbau waren dabei die zentralen Betätigungsfelder. Hinzu kommt eine messtechnische Evaluierung von Temperatur und Feuchtigkeit der Fensterkonstruktionen der Alten Schäfflerei. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass die Bestandsfenster erhalten bleiben können. Dadurch werden nicht nur die Ressourcen geschont, sondern auch der Wärmeverlust reduziert. „Wir konnten zeigen, dass wir durch die Erweiterung mit Isolierglas und eine zusätzliche Fensterebene den Neubaustandard erreichen können, bei gleichzeitigem Erhalt und Weiternutzung des bestehenden, hochwertigen alten Fensters“, erklärt Kilian.
Berücksichtigung aller Kriterien zur Nachhaltigkeitsbewertung
Zur Vervollständigung der Forschung wurde eine Nachhaltigkeitsbewertung analog zu modernen Gläsern durchgeführt. Dabei standen nicht nur die Materialien im Fokus. Auch die historischen Herstellungsschritte sind in die Forschungsarbeit mit eingeflossen. Durch diese ist es möglich, die gebundenen Treibhausgas-Emissionen zu vergleichen. „Für die historischen Glasherstellungsverfahren haben wir nicht nur die Produktionsstandorte und zugehörige Rohstoffquellen ermittelt, sondern auch die Prozessabläufe für die Ökobilanz“, erläutert Prof. Dr. Paul Bellendorf von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Eine entscheidende Rolle zur Ermittlung der Treibhausgas-Emissionen zählt bei der Glasfensterherstellung der Feuerungsmitteleinsatz und die Ofenkonstruktionen.
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