Gefährliche Risse im Beton: Forscher entwickeln neuartige Lösung
Bröckelnde Tunnelwände und rissige Brückenpfeiler: Korrosion in Betonbauten birgt Risiken. Jetzt haben Forscher der TU Graz eine neuartige Methode entwickelt, um Schäden schneller finden zu können.
Diverse Umwelteinflüsse verursachen an Betonbauwerken Schäden. Tunnelwände bröckeln, Betonfassaden bekommen Risse und Brückenpfeiler werden porös. Statistiker der National Association of Corrosion Engineers (NACE) haben errechnet, dass Umwelteinflüsse weltweit Schäden an Betonbauwerken von mehreren Milliarden Euro im Jahr verursachen. Forscher der TU Graz wollen nun, zusammen mit der Österreichischen Bautechnik Vereinigung (ÖBV), Lösungen für dieses Problem finden.
Die Forscher erarbeiten in dem Projekt LumAConM (High-resolution Luminescent Analyses of Construction Materials) ein Verfahren, das den Zustand von Betonbauten vor Ort detailreich darstellt. Zudem entwickeln sie präzise Labormessungen. Die Analysemethoden ermöglichen eine Bewertung der Lebensdauer von Betonbauwerken und eine Beurteilung von Problemstellen. Hinzu kommt, dass die Forscher mit dem neuen Verfahren Korrosionsprozesse besser verstehen wollen. Hierdurch erfahren die Forscher nicht nur etwas über den Zustand der Betonbauten, sie können auch Rückschlüsse auf die passende Sanierung ziehen und nachhaltige und dauerhafte Materialien entwickeln.
Neue Sensoren zur Betonanalyse
Die Grundlage für das neue Verfahren ist die optisch-chemische Sensorik. Im Bereich der Biotechnologie und Medizintechnik wird diese Messanalyse bereits erfolgreich eingesetzt. Bernhard Müller, Chemiker am Institut für Analytische Chemie und Lebensmittelchemie, erhofft sich ein neues Werkzeug an Sensoren für die Baubranche zur Zustandserhebung der Betoninfrastruktur.
Die TU Graz hat hierzu ein bildgebendes Messsystem entwickelt, das den pH-Wert in zementbasierten Materialien angibt. Der pH-Wert ist ein guter Parameter zur Bestimmung bei Korrosionsschäden. Das Messsystem besteht aus einer Kunststofffolie mit einer quellbaren (also wasseraufnehmenden) Polymerschicht. In dieser Folie sind ein Indikatorfarbstoff sowie ein Referenzfarbstoff enthalten. Dabei kann die Sensorfolie auf die Größe des Probekörpers angepasst werden. Zur Messung des pH-Wertes wird die nasse Folie auf den Probekörper angebracht. Mithilfe einer Spezialkamera werden dann pH-Verteilungsbilder aufgenommen. Durch diese Aufnahmen ist es den Forschern gelungen, in verschiedenen Baustoffen Unregelmäßigkeiten des pH-Wertes zu erfassen. Somit können sie sehr detailliert Korrosionsschäden charakterisieren. Bis Ende 2022 soll im LumAConM-Projekt das Messsystem weiterentwickelt werden. Ziel ist eine vielseitig einsetzbare Messtechnologie.
Weitere Parameter für die Betonanalyse
Die Forscher der TU Graz wollen das Messsystem auf weitere Parameter erweitern. Ein Parameter ist zum Beispiel Chlorid. Dadurch ermöglichen sie vor Ort am Betonbauwerk zum ersten Mal eine kombinierte Bestimmung der Chlorid-Konzentration und des pH-Wertes. Der Einsatz von Chlorid, wie beispielsweise durch Streusalze im Winter, bedeutet für Betonbauwerke eine erhebliche Korrosionsgefahr.
Weiterhin haben die Forscher das Ziel, dass für die Folien entwickelte Sensormaterial auf andere Sensorformate zu übertragen. Nicht für jede Betonoberfläche eignet sich eine Folie. Hier möchte das Forscherteam aufsprühbare Sensorpartikel einsetzen und die Imaging-Technik für die Praxis des Aufstemmens vor Ort verfügbar machen. Derzeit erfolgt die Zustandserhebung durch eine Bohrkernentnahme und Chlorid-Bestimmung durch Chlorid-Titration. Zudem steht bei den Forschern die Herstellung miniaturisierter Sonden basierend auf optischen Fasern auf dem Plan. Dadurch ist mithilfe von Bohrlöchern das Erstellen von Tiefenprofilen möglich.
Für Cyrill Grengg vom Institut für Angewandte Geowissenschaften der TU Graz hat die Messtechnologie Potenzial: „Das Verfahren kann mittel- bis langfristig andere, teurere und aufwendigere Untersuchungsmethoden zu großen Teilen ersetzen und das Qualitätsmanagement im Betonbau entscheidend erleichtern.“
Mit Schäden im Beton beschäftigt sich auch das Forschungsprojekt InnovaConcrete.
Um die Korrosion der Bewehrung zu umgehen, können Bewehrungsmaterialien wie Carbon eingesetzt werden. Dabei sind die Kosten beim Einsatz von Carbon nicht immer höher als beim Einsatz von Stahl.