Neue Dämmstoffe ermöglichen dünne Gebäudehülle
An der HTWK Leipzig erforschen Ingenieurinnen und Ingenieure neue Materialien. Ihr Ziel ist es, Gebäude nachhaltiger zu machen und dabei Ressourcen zu sparen. Ihre neuesten Forschungen umfassen Analysen der neuen Dämmstoffe Slentite und Slentex. Sie wärmen durch Luft.
Wie das Bauen der Zukunft aussehen kann, zeigt ein aktuelles Gebäude, das in der Einsteinstraße in Dresden entsteht: „Der Cube“. Nur 27 Zentimeter sind die Wände des Gebäudes dick. Konventionelle Wände sind rund ein Drittel dicker. Dieser Fortschritt des Bauens ist durch eine Sandwichkonstruktion möglich. Hier sind Carbonbeton und zwei neue Dämmstoffe vereint. Die eingesetzten Hochleistungsdämmstoffe Slentite und Slentex wurden von BASF entwickelt. Es handelt sich dabei um sogenannte Aerogele. Ihre Eigenschaft ist, dass sie zum Großteil aus Luft bestehen. Bei Slentex wird dabei die Luft in den winzigen Poren eines Materials auf mineralischer Basis eingeschlossen. Bei Slentite umschließt ein Material auf Polyurethan-Basis die Luft. Die Kombination der Sandwichkonstruktion aus Carbonbeton und den Dämmstoffen hat dabei Auswirkungen auf eine effizientere Flächenausnutzung von Bauland, Ressourcen wie Sand und Zement können eingespart werden, die CO2-Bilanz ist besser und auch auf den Wohnkomfort gibt es positive Effekte. Die Analysen der Forschungsgruppe Nachhaltiges Bauen an der HTWK Leipzig konnten diese Auswirkungen belegen. Für den Cube werden daher im Betonwerk Oschatz die ersten Wände produziert.
Energieverbrauch durch Dämmung senken
Ein Gebäude benötigt in seinem Lebenszyklus viel Wärmeenergie. In Deutschland fällt allein ein Viertel des gesamten Energieverbrauchs auf den Wärmebedarf von Gebäuden. Der Heizbedarf kann durch eine effektive Dämmung gesenkt werden. Die neuartigen Dämmstoffe zeichnen sich dabei besonders durch ihre poröse Struktur aus. Die eingeschlossenen Luftmoleküle werden durch kleinere Poren in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Damit wird die Wärmeübertragung stark reduziert und eine gute Wärmedämmung entsteht. Somit ist es möglich, dass die neuen Dämmstoffe im Vergleich zu anderen Baustoffen nur halb so viel Raum in Anspruch nehmen.
Einsatz des Dämmstoffes im Test
Die neuen Dämmstoffe können in den Bereichen eingesetzt werden, in denen konventionelle Dämmstoffe an ihre Grenzen stoßen. Doch der Einsatz von neuen Materialien bei regulären Bauprojekten benötigt in Deutschland Zeit. Zuvor müssen die neuen Baustoffe einige Test durchmachen. Sie werden auf ihre Handhabung, Einsatzgebiete und Grenzen untersucht und alles wird dokumentiert. Konkrete Pilotprojekte sind dabei gute Möglichkeiten, die neuen Baustoffe am Objekt zu analysieren und zu testen. Damit die neuen Dämmstoffe zu einem einsetzbaren Baustoff werden, hat BASF sich dafür entschieden, die Forschungsgruppe Nachhaltiges Bauen der HTWK Leipzig mit einer Begleitforschung zu beauftragen. „Wir haben alle Kennwerte erhoben und umfangreiche Erfahrungen im Umgang mit den Dämmstoffen gesammelt, die für die Planung von Projekten unter Einsatz der neuen Baustoffe nötig sind. Dabei konnten beispielhaft folgende Fragen beantwortet werden: Mit welchen Werkzeugen können die Dämmstoffe verarbeitet werden? In welchen Fällen ist der Einsatz nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich lohnend? Wie sehen konstruktive Detaillösungen aus, welche über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes sicher funktionieren?“, berichtet Alexander Kahnt von der Forschungsgruppe Nachhaltiges Bauen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nutzten computerunterstützende Simulationsprogramme, um den Wärme- und Feuchtigkeitsaustausch im Material unter verschiedenen Bedingungen zu untersuchen. Die Validierungsprüfungen erfolgten in den HTWK-eigenen Laboren.
Kombination von Carbonbeton und Dämmstoffe
Seit 2014 ist die HTWK Leipzig zusammen mit mehr als 160 weiteren Wissenschaftseinrichtungen und Unternehmen daran beteiligt, Carbonbeton die Markteinführung zu ermöglich. Durch die Baustoffeigenschaften der Carbonbewehrung nicht zu rosten, ist es möglich, Betonschichten um bis zu 80 Prozent dünner als üblich zu erstellen. Das Forschungskonsortium „C³ – Carbon Concrete Composite“ ist bereits mit dem Rohstoffeffizienzpreis, dem Deutschen Umweltpreis und zahlreichen weiteren Preisen ausgezeichnet. Der Cube ist das Ergebnishaus aus dem Forschungsprojekt C³. Auf 220 Quadratmetern entsteht ein futuristisches Labor und Ausstellungsgebäude. Hier werden die Vorzüge von Carbonbeton aufgezeigt. Die Fertigstellung des Bauwerks ist im Sommer 2022 geplant. Ist das Gebäude in Betrieb, nutzt die Forschungsgruppe Nachhaltiges Bauen die eingebaute Messtechnik in Cube und kann so durch ein Monitoring die bauphysikalischen Eigenschaften untersuchen.
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