Nutzungsdauer von Tunnel verlängern
Dauerhafte Betonmischungen sind die Grundlage für langlebige Tunnel. Wie weit die Spritzbeton-Anwendungen verändert werden können, damit sie dauerhaft und nachhaltig sind, zeigt ein gemeinsames Projekt von der Österreichischen Bautechnik Vereinigung (ÖBV), TU Graz und OTH Regensburg.
Hundert Jahre ist die heutige Lebenserwartung an Tunnelbauwerken, beim Brenner-Basistunnel sind sogar 200 Jahre angesetzt. „Die Lebensdauer wird momentan auf Basis theoretischer Kennzahlen und Erfahrungswerten berechnet. Umweltbedingungen wie beispielsweise chemisch angreifende Bergwässer können aber unter Umständen früher als erwartet zu kostenintensiven Instandhaltungsmaßnahmen führen“, so Florian Mittermayr, Forscher am Institut für Materialprüfung und Baustofftechnologie der TU Graz. Eine wichtige Maßnahme für einen sicheren Tunnelbau ist der Einsatz von Spritzbeton. Dabei wird der Beton je nach Anforderungen mit oder ohne Zusätzen über eine Spritzdüse aufgetragen. Erfahrungen bilden bei der Entscheidung für die Mischung des Spritzbetons meist die Basis. Das Forschungsprojekt „Entwicklung neuer dauerhafter und nachhaltiger Spritzbetone“ soll nun Daten für dauerhafte Rezepturen für den Spritzbeton liefern.
Versuche zum Spritzbeton-Mischungsverhältnis
Gemeinsam mit Wolfgang Kusterle vom Betonlabor der OTH Regensburg sowie mit der Österreichischen Bautechnik Vereinigung (ÖBV) initiierte Mittermayr das Forschungsprojekt. Ihr Forschungsziel war es herauszufinden, wie die unterschiedlichen Rezepturen für Spritzbeton mit der Umwelt in Wechselwirkung stehen. Daraus konnten sie Rezepturen bestimmten Umwelteinflüssen zuordnen. Zudem wollte die Forschenden zeigen, welche Zusätze zum Beton Auswirkungen auf dessen Verarbeitung und Dauerhaftigkeit haben. „Vier Jahre lang haben wir das Verfahren in seiner Gesamtheit in vielen Labor- und großtechnischen Versuchen untersucht sowie auf diversen Tunnelbaustellen wissenschaftlich begleitet“, erklärt Mittermayr. Dabei haben die Forschenden ihr Ziel erreicht und können jetzt zeigen, wie Spritzbeton am besten verarbeitet werden muss und wie die Zusammensetzung des Bindemittels ist, damit der Beton eine lange Dauerhaftigkeit aufweist. Das wichtigeste Ergebnis der Forschenden ist, dass der Spritzbeton dann besonders dauerhaft ist, wenn Zemente, Zusätze und die Gesteinskörnung auf die Anforderungen abgestimmt sind. Hier konnte gezeigt werden, dass bereits kleinere Abweichungen die Dauerhaftigkeit mindern.
Rezepte gegen Risse im Beton
Der Beton in Tunnelbauwerken kann zum Beispiel Risse aufweisen, wenn im Boden oder Grundwasser Sulfationen vorkommen. Hierzu haben die Untersuchungen gezeigt, dass Hüttensand in Kombination mit anderen Zusätzen Widerstand gegen Sulfat-Angriffe leistet. Kalkablagerungen in den Drainage-Leitungen sind häufige Gründe für Wartungsarbeiten in Tunnelbauwerken. Diese Versinterung kann bei Spritzbeton in Entwässerungssystemen verringert werden, wenn die Zusatzstoffe wie Metakaolin oder Siderit vom steirischen Erzberg ihren Einsatz finden. Werden die Zusatzstoffe Hüttensand, Metakaolin oder Siderit in größeren Mengen eingesetzt, entsteht ein Spritzbeton, der dauerhaft und nachhaltig ist. Diese Zusatzstoffe können aber nur dann in größeren Mengen eingesetzt werden, wenn eine geringe Menge von sehr feinem Kalksteinmehl zugefügt wird. Hier konnten die Forschenden zeigen, dass der Einsatz von Kalksteinmehr die Frühfestigkeit des Spritzbetons erhöht.
Forschung muss weitere Fragen zum Spritzbeton klären
Die Forschungspartner bereiten nun den Schritt in die Praxis vor. „Ein weiterer Meilenstein in puncto Nachhaltigkeit, das freut uns besonders. Denn mit der verlängerten Lebensdauer können Tunnel nun in größeren Abständen gewartet werden, der Instandhaltungsaufwand reduziert sich für den Betreiber und für Autofahrer bedeutet dies weniger Stau. Beeindruckend ist auch der Forschungseifer der Universitäten, der mit dazu beiträgt, unseren Baustoff mit präzisen und maßgeschneiderten Rezepturen immer stärker als umweltfreundliches Material zu positionieren“, erläutert Sebastian Spaun, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie (VÖZ), ein weiterer Partner im Konsortium. Michael Pauser vom ÖBV meint: „das ÖBV-FFG-Forschungsprojekt ist ein Beweis mehr, dass mit diesen neu erforschten und in der Praxis bereits getesteten Betonrezepturen ein weiterer Beitrag für die Klimaschutzziele geleistet wird. Gerade durch die Zusammenarbeit zwischen Universitäten, Bauherrn und der Bau- und Baustoffindustrie ist gesichert, dass es sich um praxisgerechte Forschung handelt, deren Ergebnisse auch in die – über die Grenzen Österreichs hinaus – bekannte Richtlinie ‚Spritzbeton‘ der Österreichischen Bautechnik Vereinigung einfließen werden.“
Aus dem Forschungsprojekt haben sich aber auch weitere Fragen gebildet. Denn die Ergebnisse haben gezeigt, dass die Spritzbeton-Auftragstechnik ebenfalls einen Einfluss hat. Um hierzu das Verbesserungspotenzial herauszubilden, wird in einem neuen Forschungsprojekt die Techniken analysiert und Verbesserungsvorschläge erarbeitet.
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