Ökologischer Beton im Praxistest
Beim Ausbau der Bahnstrecke Pottendorfer Linie zwischen Wien Meidling und Wiener Neustadt wurde auch an ein Kleintierdurchlass gedacht. Bei diesem wurde erstmals eine Betonmischung eingesetzt, die bei ihrer Herstellung ein Viertel weniger CO2 verursacht als herkömmlicher Beton.
Kleintiere wie Hase und Igel queren die Pottendorfer Linie in Niederösterreich durch einen ganz besonderen Betontunnel. Durch ihn gelangen Wildtiere gefahrlos auf die andere Seite der Gleise, wodurch ein Austausch der Tierpopulation links und rechts neben der Bahntrasse stattfinden kann und damit der Erhalt gewisser Tierarten unterstützt wird. Das Besondere an diesem Betontunnel ist jedoch nicht die Möglichkeit, dass die Wildtiere ungehindert auf die andere Gleisseite gelangen. Der Tunnel in Niederösterreich besteht zur Hälfte aus CO2-reduziertem sogenanntem Eco-Beton und zur Hälfte aus Standard-Normalbeton. Sowohl Decke als auch Wände und das Fundament wurde mit dieser Betonzusammensetzung ausgeführt. „Dadurch war es uns möglich, die Betonsorten direkt miteinander zu vergleichen“, erklärt Joachim Juhart vom Institut für Materialprüfung und Baustofftechnologie der TU Graz. Juhart machte sich bei der wissenschaftlichen Begleitung des Baus früheren Vorarbeiten zunutze. Bereits 2016 hat er im Labor verschiedene Rezepturen für Eco-Beton auf die Eigenschaften Dauerhaftigkeit und Festigkeit getestet. Dieses Konzept hat die ÖBB-Infrastruktur AG nun praktisch umgesetzt. „Als Österreichs größtes Klimaschutzunternehmen haben die ÖBB nicht nur das Ziel, Menschen und Güter sicher und umweltbewusst zu befördern, sondern auch nachhaltig und umweltfreundlich zu planen und zu bauen und damit in jeder Hinsicht aktiv zum Schutz unserer Umwelt beizutragen“, so Thomas Schöfmann, Projektleiter, ÖBB-Infrastruktur AG.
Ökologischer Beton vom Labor in die Praxis
Im Vorfeld der Betonierarbeiten waren viele Schritte erforderlich, damit der Baustoff den normierten Qualitäts- und Sicherheitskriterien entspricht. Im Labor prüfte die Forschungsgruppe um Juhart zusammen mit Wopfinger Transportbeton die Tauglichkeit der Stoffe, die für die Mischung infrage kommen. Sie ergänzten Zement um Sekundärrohstoffe und Gesteinsmehle, den sogenannten „Eco- und Mikrofüller“ und mixten verschiedene Mehrkomponentenmischungen. Durch diese Arbeit konnten sie die Auswahl auf zwei Mischungen eingrenzen. Um zur schlussendlich optimalen Rezeptur zu gelangen, wurden Tests in kleinem Maßstab durchgeführt. Von Wopfinger Transportbeton wurde diese dann an der Mischanlage hochskaliert. Zudem hatten sie ein eigens kreiertes „Nachweiskonzept für CO2-reduzierte (Performance basierte) Betone“ entwickelt, an dem der Eco-Beton getestet wurde. So konnten Wopfinger Transportbeton und die TU Graz bei der Entwicklung der Betonrezeptur alle Anforderungen an die Eigenschaften des Betons wie zum Beispiel Dauerhaftigkeit, Festigkeit und Verarbeitbarkeit nachweisen. Für den Schritt aus der Forschung in die Praxis haben die Projektpartner gemeinsam mit der bauausführenden Firma Porr ein Betonierkonzept aufgestellt. In diesem Konzept sind alle Maßnahmen festgeschrieben, die für die Betonarbeiten erforderlich sind. Dabei sind auch die Qualitätssicherung und Nachbehandlung des Betons eingeschlossen.
Ökologischer Beton im Langzeit-Monitoring
Im März 2021 haben die Betonierarbeiten am Kleintierdurchlass begonnen und im Mai konnten diese abgeschlossen werden. Zudem wurden in der Nähe zum Bauwerk zwei Musterwände aufgestellt. Das Forscherteam der TU Graz hat somit die Möglichkeit, unterschiedliche Faktoren wie den Feuchtegehalt, Temperaturentwicklung oder das Korrosionspotenzial über einen längeren Zeitraum hinweg zu beobachten. „Die Arbeiten mit dem Eco-Beton verliefen genauso reibungslos wie mit dem Standardbeton“, resümiert Franz Denk, technische Geschäftsführer von Wopfinger Transportbeton und meint: „Auch die Baubranche wird ihren Beitrag auf dem Weg in eine klimafreundliche Zukunft leisten. Und wir haben mit dem Eco-Beton nun eine Alternative im Programm – mit Potenzial zum Game Changer.“ Die ÖBB arbeitet nun daran, diesen Beton auch bei größeren Projekten zu verwenden.
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