Roboter drucken weltweit erste 3D-Schwibbögen aus Hightech-Beton
Schicht für Schicht entstehen die traditionsreichen Lichterbögen aus glasfaserverstärktem Beton. Forschungsteams aus Chemnitz haben dafür zusammengearbeitet, um das Verfahren und die spezielle Rezeptur zu entwickeln.
Das Team des Forschungsbereichs „Leichtbau im Bauwesen“ am Institut für Strukturleichtbau der Technischen Universität Chemnitz fertigte kürzlich ein etwas ungewöhnliches Referenzbauteil für ein Forschungsprojekt: den weltweit ersten Schwibbogen, der mittels 3D-Betondrucktechnologie entstanden ist. Der 120 Zentimeter breite, 60 Zentimeter hohe und 14 Kilogramm schwere Schwibbogen wurde in einem additiven Fertigungsverfahren mit Hilfe von zwei Robotern und auf Basis einer speziellen Betonrezeptur hergestellt, die zur Verbesserung der mechanischen Eigenschaften des Baustoffs 12 Millimeter lange alkaliresistente Glasfasern (AR-Glasfasern)verwendet.
Entwickelt wurde die Rezeptur mit Faserbewehrung im Steinbeis-Innovationszentrums FiberCrete in Chemnitz. „Dabei kommt es auf die richtige Mischung an, die während der Förderung pumpfähig sein, aber nach dem Austrag schnell ansteifen muss, um den Aufbau mehrerer Schichten zu gewährleisten“, so Henrik Funke, Forschungs- und Entwicklungsleiter von FiberCrete.
Zwei Roboter übernehmen den 3D-Betondruck
Seit über fünf Jahren befasst sich an der TU Chemnitz der Bereich „Leichtbau im Bauwesen“ unter Leitung von Prof. Dr. Sandra Gelbrich mit der Entwicklung additiver Fertigungstechnologien zur effizienten Herstellung leichtbaugerechter Betonelemente mit Faserverstärkung. „Basis für den 3D-Betondruck ist ein Komplex aus zwei Robotern“, berichtet sie. Die Betonfördereinheit besteht aus einer speziellen Mischpumpe und einer Förderschnecke mit Behälter.
„Der erste Roboter extrudiert das Material, wobei wir hier durch die Nutzung verschiedener Düsen sehr flexibel sind“, fügt Gelbrich hinzu. „Der zweite Roboter kann durch den Einbau verschiedener Werkzeuge beispielsweise zum Fräsen, zum Verlegen von Fasersträngen oder für das Positionierung von Ankern genutzt werden.“
3D-Drucktechnologie hat nach Ansicht von Gelbrich besonderes Potenzial bei der Herstellung von Betonfertigteilen, da ressourcen- und energieeffiziente Fertigung, hohe Produktqualitäten und flexibles Design möglich sind. Der hohe Automatisierungsgrad bei diesem Fertigungsverfahren ist besonders im Hinblick auf den Fachkräftemangel interessant. Aktuell seien verschiedene Produktentwicklungen im Bereich 3D-Betondruck in Vorbereitung, darunter individuelle Schalungen für Fertigteilherstellung, Betonelemente für den Garten- und Landschaftsbau sowie in Kombination mit dem Beton-Gießverfahren Fassadenelemente (Vorhangfassaden).
Software zerlegt das Design in Schichten
Bevor die Roboter ans Werk gehen können, kommt im Rahmen der Fertigungsplanung eine spezielle Software zum Einsatz, mit der sich Designvarianten fertigungsgerecht gestalten lassen. „Mit dieser Software erfolgt die Erstellung und das parametrische Aufbereiten der Geometrien, die Zerlegung dieser Geometrien in Einzelschichten und die Bahnplanung für die Roboter“, erläutert Enrico Rudolph, Leiter der Arbeitsgruppe „Additive Leichtbautechnologien“ am Forschungsbereich „Leichtbau im Bauwesen“. Darauf aufbauend werden die finalen Roboterbefehle abgeleitet.
Großes Potenzial für effiziente Fertigung
„Wir sehen sehr großes Potenzial in der Betondrucktechnologie, denn durch automatisierte, robotergestützte Herstellverfahren kann effizient gefertigt werden. Damit werden wichtige Weichen für den Wandel der Baubranche gestellt werden“, sagt Gelbrich.
Auf Nachfrage sieht sie jedoch weiteren Bedarf für Forschung und Entwicklung, um den Prozess von der Geometrie bis zum fertigen Bauteil zu beherrschen. „Dort spielen natürlich die Punkte Materialentwicklung mit integrierter Bewehrung, Prozessparameter und Qualitätssicherung mit hinein.“
Video über den 3D-Betondruck der Schwibbögen
Quelle: Forschungsbereich „Leichtbau im Bauwesen“ am Institut für Strukturleichtbau / Videobearbeitung: Martin Reimann
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