Weltweit erstes adaptives Hochhaus eröffnet
Auf dem Campus Vaihingen der Universität Stuttgart fand Anfang Oktober die Eröffnungsfeier für ein Hochhaus statt, das sich aktiv an wechselnde Umwelteinflüsse anpassen kann. Derartige Gebäude können einen wesentlichen Beitrag zur Ressourceneinsparung und zur Energieeffizienz im Bauwesen leisten.
Der Prototyp eines adaptiven Hochhauses entsteht im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereichs 1244 „Adaptive Hüllen und Strukturen für die gebaute Umwelt von morgen“ an der Universität Stuttgart. Das Gebäude ist außerdem ein IBA-Projekt der Internationalen Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart. Nach den Worten der baden-württembergischen Wissenschaftsministerin Theresia Bauer trägt die die Universität Stuttgart mit dem Demonstrator-Hochhaus maßgeblich zur Ressourceneinsparung und zur Energieeffizienz im Bauwesen bei.
Bis zu 50 Prozent Ersparnis an Ressourcen und Emissionen
Der SFB1244 wurde von Prof. Werner Sobek (Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren, ILEK) 2017 initiiert und wird seit 2021 von Prof. Oliver Sawodny (Institut für Systemdynamik, ISYS) geleitet. „Wir konnten zeigen, dass mit der Technologie der Adaptivität in Tragwerken Einsparungen an Ressourcen und Emissionen im Lebenszyklus eines Gebäudes von bis zu 50 Prozent möglich sind“, so der Sprecher des Sonderforschungsbereichs.
Das Hochhaus umfasst 12 Geschosse bei einer Höhe von ca. 36,50 Meter und einer Grundfläche von 5 auf 5 Metern. Ein angrenzender Treppenturm sorgt für die vertikale Erschließung inklusive aller Versorgungsleitungen.
Das Einzigartige an diesem Hochhaus ist die Integration von aktiven Elementen in die Tragstruktur und in die Fassade. Ein Zusammenspiel aus Sensorik und Aktorik ermöglicht es somit zum Beispiel, die durch den Wind auftretenden Schwingungen im Turm durch ein intelligentes Regelungskonzept auszugleichen. Sensoren erfassen dabei auftretende Verformungen, während Hydraulikaktoren dafür sorgen, dass die Verformungen mittels Gegenkräften im Tragwerk gezielt reduziert werden. Dies dient gleichzeitig auch der Dämpfung von Schwingungen – so kann deutlich leichter gebaut werden, als dies ohne Adaptivität möglich wäre.
Initiator Prof. Werner Sobek ist zuversichtlich: „Unsere weltweite Spitzenposition im adaptiven Bauen wird mit diesem Forschungshochhaus weiter gefestigt. Noch nie war Architektur so wandelbar, so veränderlich mit der Zeit wie hier“.
Maximaler Nutzungskomfort bei minimalem Energieaufwand
Die Fassade des Gebäudes besteht zunächst aus einer einlagigen, rezyklierten Membrane, die nach und nach durch adaptive Hüllelemente ersetzt wird. Diese neuen Fassadenelemente können den Licht- und Energieeintrag in das Gebäude, den Luftaustausch wie auch den Wärmedurchgang aktiv beeinflussen. Ziel ist die Realisierung eines maximalen Nutzungskomforts bei minimalem Energie- und Materialaufwand. Die Gesamtbaukosten belaufen sich auf ca. 2,0 Millionen Euro.
Für die Internationale Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBAʼ27) liefert das Forschungsprojekt D1244 wegweisende technologische Impulse für eine ressourcenschonendere Bauweise. „Wenn wir bei wachsender Weltbevölkerung unsere natürlichen Lebensgrundlagen bewahren wollen, können wir nicht weitermachen wie bisher“, sagt Intendant Andreas Hofer. IBAʼ27-Projekte versuchen einen Beitrag dazu zu leisten, dass das Bauen zukünftig nachhaltiger, ökonomischer und sanfter werde. „Leichtbautechniken, die nun beim Demonstrator-Hochhaus erprobt werden, spielen dabei eine herausragende Rolle.“
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