Wohnhaus aus Beton leicht gebaut
Im Forschungsprojekt „Einfach Bauen“ der Technischen Universität München (TUM) entstehen in Bad Aiblingen drei monolithische Bauten. Die Gebäude werden nach bestimmten, zuvor von der TUM evaluierten Forschungskriterien errichtet: Es muss einfach und energieeffizient sein. Jetzt wurde das Forschungshaus aus Infraleitchtbeton fertiggestellt.
Seit 2012 beschäftigen sich Architekten und Bauingenieure im Forschungsprojekt „Einfach Bauen“ der TUM mit den Möglichkeiten, wie man komplexe Bauaufgaben einfach gestalten kann. Hier haben sie im ersten Forschungsprojekt zu dem Thema integrale Strategien für energieeffizientes, einfaches Bauen entwickelt. Die Forscher legten dabei ihren Fokus auf drei monolithische Bauweisen: Holz, Leichtbeton und hochwärmedämmendem Mauerwerk. Dabei untersuchten sie die Entwurfs- und Konstruktionsweisen und nahmen Bezug auf ihre ökologischen, ökonomischen und architektonischen Wirkungen. Nachdem Abschluss dieses Forschungsprojekt startet jetzt der Praxisversuch. In diesem zweiten Forschungsprojekt werden in Bad Aiblingen die Erkenntnisse aus dem ersten Projekt umgesetzt. Dort entstehen drei Gebäude in unterschiedlicher Bauweise. Hauptanliegen im Projekt ist eine schnelle, gleichermaßen hochwertige und solide Bauweise bei maximaler Energieeffizienz. Der Rohbau des Forschungshauses aus Leichtbau konnte jetzt fertiggestellt werden.
Einfache Bauweise mit Infraleichtbeton umgesetzt
Der Entwurf der Florian Nagler Architekten aus München ist einfach und folgt dem Motto „form follows material“. Die 50 Zentimeter dicke einschalige Außenwände des ersten Rohbaus in Bad Aiblingen bieten durch die Materialeigenschaften und Speicherkapazität von Infraleichtbeton, eine gute Wärmedämmung. Damit die Außenwände den charakteristischen Abdruck einer Brettmaserung erhalten, legen die Bauausführenden an der Fassade Rauspundbretter an. Doch nicht nur außen bleibt der Beton sichtbar, auch innen ist er zu sehen. Der Leichtbeton erhält durch seine Zuschläge, ein Blähglasgemisch, sein natürliches Betongesicht. Die Luftschalldämmung wird bereits durch 30 Zentimeter dicke Decken und unbewehrte Betonwände im Inneren eingehalten. Für eine effiziente Trittschalldämmung ist außer dem Bodenbelag kein weiterer Bodenaufbau nötig. Die Fensterausschnitte sind so gewählt, dass kein Sonnenschutz nötig ist. Da die Rundbogenfenster mit minimaler Toleranz ausgebildet wurden, können die Holzfenster exakt eingepasst werden. Um die Luftdichtigkeit herzustellen, wird ausschließlich ein Kompriband eingebaut. Mit Holzwolle wird die oberste Geschossdecke unter dem Satteldach gedämmt. Das Forschungshaus umfasst acht unterschiedliche große Wohneinheiten, die sich auf drei Geschossebenen verteilen. Die Räume erfüllen die Vorgaben, die sich aus dem Forschungsprojekt „Einfach Bauen 1“ ergeben haben.
Spezielles Rezept für den Infraleichtbeton
„Infraleichtbeton vereint hohe Tragfähigkeit mit ausgezeichneter Wärmedämmung. Damit lassen sich monolithische Konstruktionen verwirklichen und Oberflächen vielfältig gestalten“, beschreibt Dr. Robert Lukas, Leiter Qualität Südostbayern von Heidelberger Beton das innovative Bauprodukt. Der im Forschungshaus eingesetzte Infraleichtbeton besteht aus einer bereits erprobten Rezeptur. Für ein Wohnhaus in Thalmair in Auterbach hatte Heidelberger Beton zusammen mit der Universität der Bundeswehr München (UniBW) in mehreren Versuchen das Betonrezept entwickelt. Auch wenn der Beton bis zum Forschungshaus schon in mehreren Bauvorhaben zum Einsatz kam, musste die Oberste Baubehörde im Byerischen Ministerium des Inneren ihre Zustimmung im Einzelfall (ZiE) geben. Denn gefordert ist für Bauten aus Leichtbeton mit Rohdichten unter 800 kg/m3 und/oder einer Druckfestigkeitsklasse kleiner LC12/13. Der Infraleichtbeton für das Forschungshaus verfügt mit 700 kg/m3 bei einer Druckfestigkeit größer 8 N/mm2 über eine geringere Rohdichte als Leichtbeton. Das Verdichtungsmaß entspricht bei dem eingesetzten Rezept der Klasse C4. Damit der Beton eine Wärmeleitfähigkeit von Lambda kleiner 0,185 W/mK erreicht, wurde ihm ein Blähglasgemisch (Liaver) und Blähton (Liapor) zugeführt. Noch weiter verfeinert wurde das Rezept durch auf das System abgestimmte Zusatzmittel und Zusatzstoffe von Sika, sowie ein spezielles Zement- und Bindemittelgemisch. Somit konnte das Infraleichtbetonrezept auf die Hydrationswärmeentwicklung in 50 Zentimeter starken Wänden abgestimmt werden.
Das Forschungshaus entsteht in einem passenden Umfeld. Errichtet wird es in einem neuen Null-Emissions-Quartier in Bad Aiblingen. Hier bearbeitet die Hochschule Rosenheim das Thema Energieeffizienz in der modernen Stadtentwicklung modellhaft. An diesem Standort hat nun die TUM die Möglichkeit, zu überprüfen, wie ihre Simulationen vom ersten Forschungsprojekt in das praxisbezogene Forschungsprojekt umgesetzt wurde. Darauf soll das abschließende Forschungsprojekt folgen. Dabei soll die bisher entstandenen Daten durch Messungen im bewohnten Zustand überprüft werden.
Das könnte Sie auch interessieren:
Neue Betonrezeptur spart enorme Baukosten
Gefährliche Risse im Beton: Forscher entwickeln neuartige Lösung