Antwerpens energieeffiziente Hochhaus-Skulptur
Das Provinzgebäude von Antwerpen hat das Potenzial, ein Wahrzeichen der Stadt zu werden. Das Büro- und Verwaltungsgebäude aus Ortbeton setzt dabei nicht nur städtebauliche Akzente, sondern erreicht eine Top-Bewertung in Sachen Energienutzung.
Eine neue Baukultur mit ikonischen Gebäuden entstand in den letzten Jahren im nördlichen Teil Antwerpens. Der südliche Teil der belgischen Hafenstadt hingegen war bis zuletzt geprägt von einem energetisch veralteten, nicht mehr wirtschaftlich sanierbaren dreiteiligen Gebäudekomplex, dessen mittlerer Turm Sitz der Provinzregierung war. Daher sollte der Provinciehuis-Komplex durch ein neues Gebäude ersetzt werden.
Da es in der Antwerpener Innenstadt nur wenige öffentliche Grünflächen gibt, galt es einen möglichst großen Teil der Fläche künftig als öffentlichen Garten zu gestalten und mit nahe gelegenen Parks als durchgehende Naturinsel einzubinden. Eine weitere Forderung war ursprünglich, einen in jüngerer Zeit auf dem Areal errichteten Pavillon zu erhalten.
Eine Hochhaus-Brücke mit Spin
Das Brüsseler Architekturbüro Xaveer De Geyter Architects (XDGA) machte aus den Forderungen eine Tugend, indem sie ein skulpturales Gebäude mit charakteristischer Torsion entwarfen, das den zu erhaltenden Pavillon stützenfrei als Brücke überspannt und gleichzeitig die neu geschaffene durchgängige Parklandschaft in einen Vor- und Hintergarten teilt. Da die Stadt Antwerpen später auf den Erhalt des Pavillongebäudes verzichtete, ersetzten XDGA es durch ein verglastes Kongressgebäude unter dem Neubau.
Das neue, 15-geschossige und 59 Meter hohe Provinciehuis verringert die Verschattung der Nachbargebäude, indem sein Volumen über acht Etagen mit der Nordwestecke als Drehachse nach Süden hin ausschwingt. Jede Etage, von +3 bis +10, dreht sich ein wenig weiter zurück; gleichzeitig wird die Breite der Etagen um einen Bruchteil reduziert, so dass die resultierende Gesamtfläche genau dem vorgegebenen Bedarf von 27.300 Quadratmetern entspricht. Dank dieses Spin-Effekts windet sich das monochrome weiße Volumen gleichsam in die Höhe.
Energieeffizienz durch Dreiecksfenster
In der Mitte des Brückenbauwerk-Grundrisses spannt sich ein großer Fachwerkbinder aus Stahl von einem Kern zum anderen. Zwei weitere Fachwerkbinder sind in die Betonseitenwände integriert. Die Diagonalstreben dieser beiden Fachwerkträger geben die Grundstruktur der Fassade vor: Eine Aneinanderreihung von Dreiecken, die engbündig jeweils abwechselnd auf ihrer Spitze und auf ihrem Schenkel stehen. Die auf der Spitze stehenden Dreiecke werden als Fensteröffnungen genutzt, die auf dem Schenkel stehenden Dreiecke aus Beton bilden ein System, das die gesamte Fassade trägt.
Die Form der 683 auf der Spitze stehenden Fenster erweist sich insofern als besonders energieeffizient, als die nach oben hin erweiterten Öffnungen mehr Tageslicht bis tief in die Räume fallen lassen als rechteckige Fenster mit gleicher Fläche. Die hohe Position der Fenster bis zu den Decken hin unterstützt diesen Effekt.
Die auf dem Schenkel stehenden Betondreiecke wurden auf der Baustelle als Ortbeton verbaut. Besondere Herausforderung beim Einbau war, dass jedes dieser 35 cm dicken Betondreiecke aufgrund der Fassadentorsion eine eigene Form aufweist. Für den Einbau musste daher ein spezielles Schalungssystem entwickelt werden, das die dreidimensionalen Krümmungen eines jeden Dreiecks berücksichtigt.
Der Beton wurde beim Provinciehuis in drei Farbnuancen verbaut: als grauer, normaler Sichtbeton für die technischen Räume und die Tiefgarage, als schwarzer Sichtbeton für die beiden vertikalen Betonkerne mit Aufzügen und Treppenhäusern und als heller Sichtbeton für die nach innen hin nicht verkleideten charakteristischen Sichtbeton-Dreiecke sowie die Raumdecken.
Zur Außenseite hin wurden die Betondreiecke mit einer Isolierung sowie mit speziellen Putzträgerplatten verkleidet, die aus einem Kern aus Portlandzement und Zuschlagstoffen bestehen und beidseitig mit einem Glasgittergewebe armiert sind.
Exzellente Nachhaltigkeit
Das Provinzhaus ist nach BREEAM, dem Bewertungssystem für ökologische und soziokulturelle Aspekte der Nachhaltigkeit von Gebäuden, als „excellent“ zertifiziert. Die lediglich zu 40 Prozent verglaste Fassade verhindert im Sommer eine Überhitzung des Gebäudes und trägt so zu einem niedrigen Energieverbrauch bei.
Das Passivhaus ist dank eines Bohrloch-Energiespeichersystem, kombiniert mit einer Betonkernaktivierung, unabhängig von fossilen Brennstoffen. Für dieses größte bislang in Belgien errichtete Energiespeichersystem wurden 350 Bohrlöcher bis zu einer Tiefe von 350 Metern in den Baugrund unterhalb der Tiefgarage eingebracht. Ein geschlossenes hydraulisches System zieht im Winter mittels einer Wärmepumpe Wärme aus der Erde und nutzt die niedrige Erdtemperatur im Sommer zur Kühlung.
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