Auszeichnung für die Zähmung des Shopping-Drachens
Das mit BIM integral geplante Shopping-Center Aleja in Ljubljana hat eine internationale Auszeichnung gewonnen. Seine Besonderheit ist nicht nur die Fassade aus verschiedenfarbig glänzenden „Schuppen“, die an das Wappentier der slowenischen Hauptstadt erinnern, sondern auch eine Sport-, Erlebnis- und Freizeitzone auf dem Dach, die der Stadt wieder Raum zurückgibt.
„Handelszentren haben nur dann eine Zukunft, wenn sie Teil der Stadt werden“, so Philipp Pfister, Head Architect und Gesamtprojektleiter von ATP. Mit Aleja sei es gelungen, hocheffiziente Handelsarchitektur mit den Schönheiten der Stadt zu verweben und im Quartiersgedanken zu einem multifunktionalen Treffpunkt mit größtem Erlebniswert sowie hoher Aufenthaltsqualität zu verschmelzen.
Tatsächlich entspricht das modernste Shopping-Center Sloweniens, das in dem am dichtesten besiedelten Stadtteil von Ljubljana liegt, heute mehr einem Erlebniszentrum als einem Einkaufstempel. „Ich bin überzeugt, dass das neue Center den Stadtteil Šiška aufwertet“, freute sich Zoran Janković, Bürgermeister von Ljubljana, schon zu Beginn der Bauarbeiten über den Mehrwert für die gesamte Region.
Charakteristisches Schuppenkleid
Von der Legende um einen Drachen inspiriert bildet der fünfgeschossige Neubau (zwei Untergeschosse, Erdgeschoss und zwei Obergeschosse) einen langen Baukörper mit einem Hauptbaukörper am Südwest-Eck. Architektonischer Höhepunkt ist die Fassade, die mit rautenförmigen Edelstahlschindeln die Schuppen des Drachens imitiert. In drei Farbtönen (Anodisierungen) und vier unterschiedlichen Prägungen schimmern sie je nach Blickrichtung, Lichteinfall und Wärmeeintrag in changierenden Farben (Bild 2).
Ein besonderes Highlight ist der facettierte Baukörper im Bereich des Eingangs. Dieser „Drachenkopf“ besticht durch seine geometrisch geknickte und gefaltete Form und dem Wechselspiel aus offenen, teilweise offenen und geschlossenen Rautenfeldern, die ihn verspielt, elegant und interessant erscheinen lassen.
Kulinarik über den Dächern der Stadt
Für das natürliche Ambiente und die hohe Aufenthaltsqualität sorgen großflächige Glasdächer oberhalb der Mall. Auch darin findet sich die nahezu allgegenwärtige Rautenform der Fassadenschindeln wieder. Diese Einrisse durchfluten den relativ schmalen Innenraum mit natürlichem Licht und geben den Ausblick Richtung Himmel frei.
Im Food-Court im 2. Obergeschosses konzentriert sich der Großteil der Gastronomie. In der mehrfach gewundenen (fast skulpturalen) Deckenstruktur spiegelt sich durch schwungvoll inszenierte organische Strukturen das Innenleben des Drachens wider. Hier wurde zudem mit hochwertigen Materialien – wie den goldenen Mosaikfliesen und der Eichen-Holz-Lamellendecke (mit hohem Aufwand hinsichtlich der Form und unter Berücksichtigung strenger Brandschutzauflagen) – gearbeitet, um in Verbindung mit edlem Mobiliar eine Oase inmitten des Einkaufszentrums zu schaffen.
Aktivdach schafft Erlebniswelt
Im Aleja-Shopping-Center übernimmt die naturgemäß große Dachfläche nicht nur bekannte Funktionen wie thermische Sicherheit und Schutz vor Regen und Witterung, sondern bietet eine ausgedehnte Erlebnis- und Freizeitzone auf normalerweise brach liegender Fläche. Rund 6200 Quadratmeter der „unteren“ Dachebene sind intensiv begrünt und wie eine Parkanlage mit Kinderspielplatz, Sitzgelegenheiten und der Möglichkeit zu mannigfaltiger sportlicher Betätigung ausgestaltet. Neben einer multifunktionalen Fläche für Volleyball-, Basketball-, Badminton- und Fußballspiele bietet das Aktivdach auch zwei Fitness-Parcours für Calisthenics und Urbanetics sowie einen 500 m langen Parkweg (Bild 4).
Für den Stadtteil Šiška bietet das Aleja-Dach damit eine Möglichkeit zur Naherholung und sportlichen Freizeitgestaltung. Auch das Hauptdach auf der „oberen“ Ebene ist nicht nur eine einfache, nackte Fläche. Mit dem gesamthaft extensiv begrünten Dach wird der Umgebung (großteils auf Höhe der Wohnbebauung) ein Stück Natur zurückgegeben.
Energieeffizienz und Nachhaltigkeit
Bei der Auswahl von Gläsern und Oberflächen wurde unter anderem mithilfe einer Gebäudesimulation dafür gesorgt, dass es keinen Energieverlust nach außen und keinen zu starken Wärmeeintrag nach innen gibt. Gelungen sei dies trotz der hohen offenen Fassaden- sowie Glasdachanteile durch eine Kombination aus stark und weniger stark bedrucktem sowie klarem Sonnenschutz-Glas, so Pfister. Die Eingangsfassade erzeugt mit besonders gering reflektierenden Wärmeschutzgläsern hohe Transparenz, um die Hemmschwelle zum Betreten des Hauses abzubauen.
Der Außenraum wird in der Nacht mit einem Band aus Licht begrenzt (Bild 7), wobei die Lichtintensität auf der Dachfläche bewusst abgesenkt wird. Mit ausschließlich warmem und damit insektenfreundlichem Licht entsteht auch für die Außengastronomie eine stimmungsvolle Nutzfläche.
Mit all diesen bewusst gesetzten Maßnahmen, dem maximalen Einsatz von Tageslicht und natürlich ausschließlicher LED-Beleuchtung mit guter Farbwiedergabe wird der Energieverbrauch deutlich gesenkt und für den Menschen ein gesundes Lichtumfeld geschaffen.
Integrale Planung mit dem Building Information Modeling (BIM)
Bereits im integralen Entwurf wurde auf die speziellen Anforderungen hinsichtlich großer Spannweiten, möglichst leichter Decken und geometrisch freier Gestaltung Rücksicht genommen. Erschwerend kam die hohe Erdbebenlast am Standort Ljubljana hinzu. Zur Reduktion der Deckenstärken wurden die Geschossdecken vorgespannt – teilweise sogar aufgrund der schwierigen Geometrie mittels sonst nur im Brückenbau verwendeter Spannsysteme mit nachträglichem Verbund.
„Ohne BIM würden sich Projektzeiten bei komplexen Projekten mindestens verdreifachen“, so Pfister. „Gerade wenn es darum geht, spektakuläre Formen abzubilden, ist BIM ein unverzichtbares Planungstool. Durch kompetente BIM-Koordination können übliche Informationsverluste und Missverständnisse an Schnittstellen vermieden werden“, ist er überzeugt. Gibt es vor Ort Unsicherheiten bezüglich der Anordnung von Kanälen oder Leitungen, kann kurzerhand das Modell geöffnet werden. So können zu jeder Zeit rasch und unkompliziert präzise Aussagen getroffen werden.
Auch den Bauherrn dient das Planungstool als fundierte Entscheidungsgrundlage – bereits in den frühen Projektphasen können diese mit VR-Brille durch ihr zukünftiges Gebäude „flanieren“ und anhand realitätsnaher Vorschauen bewerten.
Bei ATP wird BIM seit 2012 standardmäßig bei jedem Projekt eingesetzt. Den eigenen, über mehrere Jahre entwickelten BIM-Standard stellt ATP über die Wissensplattform BIMpedia allen Anwendern am Markt zur Verfügung. Über 900 ATP-Mitarbeitende sind heute dank BIM in der Lage, Bauwerke anhand eines detailgetreuen digitalen Zwillings (1:1-Abbild des künftigen Gebäudes) mit allen relevanten Informationen in einer Datenbank abzubilden. Dieser Gebäudezwilling kann von allen Planungsbeteiligten kontinuierlich mit Informationen angereichert werden und so eine bessere, effizientere und kostengünstigere Planung, Ausführung und spätere Bewirtschaftung eines Gebäudes unterstützen.