BIM-gerechter Entwurf von Brücken – Erfahrungen aus der praktischen Anwendung
Die Bauwirtschaft erfährt durch die Digitalisierung (Building Information Modeling, BIM) eine Veränderung und Weiterentwicklung ihrer Arbeitsmethoden und Prozesse. Seitens der Politik (Stufenplan des BMVI) und der Auftraggeber großer Infrastrukturmaßnahmen (u. a. Deutsche Bahn, DEGES) wird die Methode ab 2020 in der Leistungsniveaustufe 1 verbindlich eingeführt. Die hiermit einhergehende Planung, Bauausführung und der Betrieb von Ingenieurbauwerken mittels digitalen Modellen erfordert deutlich veränderte, über die bisher definierten Leistungsphasen hinausgehende, stärker kooperative und vereinheitlichte Arbeitsweisen. Für diese gilt es neue Anforderungen, Abläufe und Ziele zu definieren, welche die Bearbeitungstiefe, die Zusammenarbeit und die Dokumentation der Leistungen regeln. Die im Rahmen einer Vielzahl von Projekten zum BIM-gerechten Entwurf von Brücken gewonnen Erkenntnisse der TH Köln und der Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft werden im diesen Beitrag zusammengefasst und sollen zur angemessenen Anwendung und weiteren Entwicklung der Methode beitragen.
1 Einführung
Die Baubranche erfährt nach Jahren der Stagnation und Zurückhaltung in Bezug auf die Digitalisierung von technischen Prozessen und Arbeitsmethoden einen bis dato nicht bekannten Aufbruch. Unter dem Begriff des Building Information Modeling (BIM) [8] werden althergebrachte Arbeitsweisen des dokumentenbasierten Planens, Bauens und Verwaltens von Bauwerken aufgebrochen. Die am Bau Beteiligten befinden sich in einem Wandel in dem sich ihre Arbeitsmethoden maßgeblich verändern. Als neues zentrales Werkzeug der Zusammenarbeit wird ein Datenmodell des Bauvorhabens in den Vordergrund gerückt, welches in der Planung, im Bau und im Betrieb über den Lebenszyklus weiterentwickelt wird.
Diese Wandlung wird im Bereich der Infrastrukturplanung auf politischer Ebene, durch die Initiativen des BMVI (Reformkommission Großprojekte [1], Stufenplan [2], [3]) sowie in der Bauwirtschaft durch Pilotprojekte und bereits vereinzelte BIM-gerechte (Parallel-)Bearbeitungen in laufenden Projekten seitens der Auftraggeber (u. a. Deutsche Bahn, DEGES [3]) und Auftragnehmer gleichermaßen vorangetrieben. Das ehrgeizige Ziel ist die verbindliche Einführung der Leistungsniveaustufe 1 in der Infrastrukturplanung ab dem Jahr 2020. Für den erfolgreichen flächendeckenden Einsatz der Methode ab 2020 ist es wichtig die im Rahmen von Projekten gesammelten Erkenntnisse zu den Potenzialen und Herausforderungen zu identifizieren. Hierauf aufbauend können Handlungsempfehlungen formuliert werden, die zukünftig eine angemessene, sichere und verbreitete Anwendung der Methode ermöglichen. Dieser Beitrag fasst die, im Rahmen einer Vielzahl von Projekten gewonnenen, Erfahrungen für den Entwurf von Brücken mit BIM zusammen und soll für die Anwendung als Praxisbeitrag dienen, um notwendige Rahmenbedingungen zur erfolgreichen Einführung ab 2020 schaffen zu können. Die technischen Grundlagen der Methodik für den Ingenieurbau wurde bereits in der Oktoberausgabe des Bauingenieurs im Jahr 2017 von den Autoren veröffentlicht.
2 Entwurf von Brücken mit BIM
Ziel des Entwurfs (Leistungsphase 3 der Objektplanung nach HOAI) ist die fortschreibende Ausarbeitung der Vorzugsvariante des Vorentwurfs zur Beurteilung der Baumaßnahme in Bezug auf technische, wirtschaftliche und gestalterische Hinsicht [4]. Die Ausarbeitung im Rahmen des Entwurfs soll weitergehend dazu dienen, die Kosten für die Baumaßnahme zu ermitteln (Bereitstellung relevanter Geldmittel) sowie eine Ausschreibung und Ausführungsplanung ausarbeiten zu können.
Der Entwurf beinhaltet eine Plandokumentation des Bauvorhabens sowie erhobene Grundlagen (z. B. Vermessung, geotechnische Untersuchungen), Angaben zum Bauablauf, Kostenberechnung, Entwurfsstatik sowie den Erläuterungsbericht. Die Übergabe wird zusammen mit weiteren Festlegungen zum Entwurf in entsprechenden Vorgaben der Vorhabenträger geregelt, zum Beispiel die RAB-ING für Straßenbrücken [4] oder die RIL 804 für Bahnbrücken [5]. Die Vorgaben basieren auf einer dokumentenbasierten Arbeitsweise.
Für die modellbasierte Bearbeitung im Rahmen des BIM stellt sich zunächst also die Frage, wie der Entwurf von Brücken mit der neuen Methode erfolgen soll. Es ergibt sich in Bezug auf die konventionelle Planung die wesentliche Neuerung, dass anstelle von Zeichnungen und Textdokumenten nun Datenmodelle treten, die die Geometrie und Beschaffenheit des Bauwerks beschreiben. Die Informationen zur Beschaffenheit (Attribute bzw. Eigenschaften) sind an (räumlich verortete, geometrische) Modellobjekte zugewiesen, aus welchen weitere Planungsprodukte abgeleitet und mit diesen verknüpft werden können (Bauabläufe, Mengen und Kosten, Pläne).
Zu dieser zentralen Änderung der Arbeitsweise, die mit der BIM-Methodik in die Planung Eingang findet, werden anhand von drei ausgewählten Projekten (Tabelle 1) für den Entwurf von Brücken die gewonnenen Erkenntnisse nachfolgend dargestellt. Bei den Projekten handelt es sich um Planungen im Entwurf sowie Vorentwurf von Brücken für die Verkehrsträger Bahn und Straße bei der ausschließlich die BIM Methode eingesetzt wurde.
3 Zentrale Aspekte der BIM Anwendung beim Entwurf von Brückenbauwerken
3.1 Konstruktion und Modellierung
Konstruktion und Modellierung des Brückenbauwerks stellt einen wesentlichen Aspekt für die Planung im Rahmen der BIM-Methode dar, da die digitalen Modellinformationen im BIM-Prozess mit den geometrischen Objekten des Bauwerks verknüpft werden [10]. Damit übernehmen die Geometrieobjekte, neben der räumlichen Definition der Bauaufgabe, weitere Informationen die im Entwurfsprozess erzeugt werden (vgl. Abschnitt 3.2). Eine Besonderheit im Bereich der Brückenplanung stellt die linienbezogene Konstruktion der Geometrie entlang der Führungskurven der Verkehrsplanung dar, Bild 1. Hierdurch werden zum Hochbau abweichende Konstruktionstechniken benötigt [9]. Mittels dieser kann eine, in Bezug auf Bau- und Maßtoleranzen ausreichend genaue, Beschreibung der Konstruktion erfolgen.
Bevor die Geometrie des Bauwerks erstellt wird, sollte als Erstes die Frage geklärt werden, wozu das Modell herangezogen werden soll (Definition der BIM-Anwendungsfälle) und welche Grundlagen hierzu, in welcher Form (Datenumfang, Datenart, Übergabeform) zur Verfügung stehen (müssen). Zahlreiche Fragestellungen können nur dann hinreichend genau beantwortet werden, sofern auch entsprechende Vorarbeiten geleistet werden, wie das folgende Beispiel zeigt.
Für den BIM-Anwendungsfall „Bestandsmodell inklusive Gelände“, sind als Vorleistung ein georeferenziertes digitales Geländemodell, Bestandspläne sowie ergänzende Vermessungspunkte an der Bestandskonstruktion erforderlich. Mittels dieses Modells kann der Bestand im 3D-CAD-Modell mit einer sehr hohen Genauigkeit im Millimeter- oder Zentimeter-Bereich abgebildet werden. Bild 2 zeigt ein entsprechendes Bestandsmodell, welches dann als Grundlage für die weitere Planung dient.
Das Bestandsmodell kann ferner dazu dienen, Baugruben und Bauzustände inklusive der relevanten Aushubs- und Auftragskörper modellbasiert abzubilden. Diese können weitergehend verwendet werden, um Mengen für den Bodenaushub automatisch mit einer hohen Genauigkeit abzuleiten. Ist es jedoch ferner erwünscht, diese Mengen in Bezug zur Klassifizierung der Böden zu separieren, muss das Geländemodell um die entsprechenden geotechnischen Angaben ergänzt werden. An dieser Stelle ist im Vorfeld eine sehr intensive Abstimmung zwischen Vermessung, Geotechnik und Objektplanung erforderlich, um die erfolgreiche Zusammenführung der Informationen in einem Baugrundmodell (Vermessung und Geotechnik) sowie deren weitere Verwertung (Planung Ingenieurbau, Verkehrsplanung) zu ermöglichen.
Das vorab skizzierte Beispiel veranschaulicht zum einen, dass ein intensiver Austausch zwischen den Beteiligten im Vorfeld erforderlich ist, um eine sinnvolle Datengrundlage zu erhalten und zum anderen dass zahlreiche Fachmodelle entstehen, die in einem Gesamt- oder Koordinationsmodell zusammengeführt werden müssen. Perspektivisch könnten im Rahmen des Entwurfs die Modelle nach Tabelle 2 von Interesse sein.
Für die dargestellten Modelle muss ein geometrischer Bezugspunkt (Referenzkoordinaten) definiert und ein einheitliches Koordinatensystem [10] bei der Erstellung berücksichtigt werden. Damit wird sichergestellt, dass die einzelnen Fachmodelle in einem Koordinations- oder Gesamtmodell zusammengeführt werden können. Das Koordinationsmodell ist das wichtigste Instrument zur modellbasierten Kontrolle und Abstimmung der Planung im Rahmen des Projekts sowie zur Kommunikation. Es ist zu beachten, dass durch die Vielzahl unterschiedlicher Modelle, ein vorab definiertes Austauschformat erforderlich ist. Da der internationale Standard IFC hier mit den Bereichen Brücke für die verschiedenen Verkehrsträger noch nicht einsatzreif ist, werden zurzeit andere Individualstandards auf XML-Basis oder andere Formate benutzt, für die der erforderliche Informationsgehalt vorab definiert werden muss.
Für die Modelle ist es wichtig, die Anforderungen bezüglich der geometrischen Detailierung (Level of Geometry – LOG) und den Informationsgehalt (Level of Information – LOI) zu definieren [9]. Hierzu werden aktuell seitens der Auftraggeber entsprechende Pflichtenhefte mit sogenannten Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIAs) für den BIM-Prozess erarbeitet. Beispiele für geometrische Detailierungsgrade, die sich im Rahmen des Entwurfs als praktikabel erwiesen haben, sind in Bild 3 dargestellt.
Die Modellierung einer Vielzahl von Bauwerken zeigt bis dato, dass die dreidimensionale Modellierung per se eine lückenlose geometrische Beschreibung des Bauwerks erfordert, wodurch im Entwurf, in Bezug auf die Geometrie der Hauptbauteile, eine deutlich durchgängigere Planung in Bezug auf die geometrische Beschreibung vorliegt als in bisherigen Entwürfen.
Dieser lückenlose Entwurf mit BIM stellt, im Vergleich zum planbasierten Arbeiten, neben dem erhöhten Aufwand, gleichzeitig einen deutlichen Vorteil in Bezug auf die Qualitätssicherung und die weitere Ausdetaillierung (Nutzung des Modells in der nachfolgenden Ausführungsphase) dar. Jedoch birgt sie das Risiko, dass Änderungen hohe Aufwände generieren können, da Anpassungen stets eine Vielzahl von Bauteilen und Schnittstellen betreffen. Daher sollte darauf geachtet werden, dass die Modellierung möglichst adaptiv aufgebaut wird [10] und so segmentiert ist, dass sie auch in weiteren Phasen des Lebenszyklus für die Ausarbeitung weiterverwendet werden kann. Die Qualität und Vollständigkeit der Grundlagenermittlung gewinnt in Folge dessen an Bedeutung.
3.2 Informationsgehalt der Modelle (LOI)
Das in Abschnitt 3.1 objektorientiert konstruierte 3D-Bauwerksmodell stellt die Grundlage für die Anwendung der BIM-Methode dar. Ein wesentliches weiteres Element für die Methode ist die Anreicherung der Objekte mit semantischen Information (Attribute). Die semantischen Informationen können gezielt in nachgelagerten Datenauswertungen (Algorithmen, Reporting) und BIM-Anwendungsfällen und Prozessen (z. B. Kostenberechnung, Kollisionsprüfung, Mengenermittlung, Bauablaufplanung) genutzt werden. Hier liegt der wesentliche Unterschied zur bisherigen, dokumentengetriebenen Planung, bei der Informationen in Textdokumenten „versteckt“ liegen und für nachgelagerte Prozesse nicht „greifbar“ (verfügbar) sind. Der Informationsgehalt der Modelle wird in der Regel als Level of Information (LOI) bezeichnet und definiert Attribute durch ihre Bezeichnung, Datentyp und Einheit, die dann einzelnen Objekten (in der Regel Bauteile) in einer entsprechenden Leistungsphase zugeordnet werden [3].
Beispiele für sinnvolle, mit Bauteilen verknüpfbare Informationen im Rahmen des Entwurfs sind zum Beispiel Bauteilbezeichnungen, Materialfestigkeiten, Expositionsklassen oder regelbasierte Spezifikationen, wie Richtzeichnungen. Diese Informationen werden in der konventionellen Planung üblicherweise auf den Planungsdokumenten in entsprechenden Planfeldern dokumentiert. Im Building Information Modeling stellt das Modell die Ursprungsquelle der Information im Sinne eines „Single-Source-of-Truth“-Ansatzes dar. Entsprechend müssen die Informationen – sofern möglich – mit den Bauteilen des Modells (Objekten) in Bezug gebracht werden. Auf Basis etablierter, regelwerkbasierter Vorgaben wie der RAB-ING, können gezielt Modellinformationen auf abgeleiteten Dokumenten, wie einer Planableitung referenziert werden sowie Informationsanforderungen definiert werden, Bild 4.
Die einheitliche Definition der Informationsanforderungen bezüglich Bezeichnung und Ausprägung ist für die Verwertung elementar, da diese es erlaubt die Modelle zum einen zu prüfen und zum anderen standardisiert auszuwerten. Hierdurch werden automatische Abfragen wie zum Beispiel „Welches Betonvolumen und welche Betonqualität haben die Widerlager?“ möglich. Diese Abfragen sind nur erfolgreich, sofern die entsprechende Nomenklatur der Attribute bezüglich Bezeichnung und Ausprägung einheitlich ist. Andernfalls ist die Datenbank des Bauwerksmodells für mögliche Abfragen zu fehleranfällig oder diese sind gar nicht durchführbar.
3.3 Modellbasierte Bauablaufplanung
Die Bauablaufplanung kann im Rahmen des BIM automatisiert aus dem 3D-Modell erzeugt oder mit diesem verknüpft werden und eröffnet damit dem Planer neue Möglichkeiten. Durch eine Verknüpfung von Vorgängen der Terminplanung mit einzelnen Bauteilen können diese, in ihrer bautechnischen Reihenfolge, zu den entsprechenden Vorgängen (z. B. Vorbereitung, Einbau, Aushub, Bewehrungsarbeiten etc.) in Bezug gesetzt werden [10]. Ein Beispiel für die Darstellung gibt Bild 5. Dies ermöglicht eine bauteilgetreue und bauabschnittsweise Bauablaufsimulation des Bauvorhabens mit grafischer Visualisierung und visuellen sowie automatisierten Kontrollmöglichkeiten etwa durch Einfärbungen. Der entwickelte Bauablauf wird für den planenden Ingenieur und insbesondere für Außenstehende wesentlich leichter erfassbar und umfangreicher prüfbar. Dabei ist bei der Erstellung des Terminplans die gleiche Vorgehensweise wie bisher ausreichend. Es kann weiterhin in entsprechenden Umgebungen und Formaten die Terminplanung erstellt werden. Wichtig bei der Erarbeitung ist es jedoch, dass auf die Struktur des Modells bei der Erstellung des Terminplans Bezug genommen wird, um eine automatisierte und sinnvolle Verknüpfung von Vorgängen und Bauteilen zu ermöglichen. Dies kann durch entsprechende Begrifflichkeiten in zusätzlichen Spalten des Terminplans erfolgen. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass das Modell stets mindestens den Detailierungsgrad des Terminplans aufweist, da andernfalls Vorgänge nicht einzelnen Elementen zugeordnet werden können. Beispielhaft müssen Baugruben, Aushub- und Auftragkörper modelliert werden, um entsprechende Bauzustände darstellen zu können.
3.4 Kostenberechnung
Für die Kostenberechnung im Rahmen des Entwurfs können die hierzu erforderlichen, direkt messbaren Mengen, wie das Betonvolumen oder Oberflächen eines Bauteils, unmittelbar aus dem Modell abgerufen werden. Eigene Erfahrungen zeigen, dass in Bezug auf die konventionelle Planung, in etwa zwei Drittel der Mengen aus den Modellen ermittelt werden können. Diese sind in den CAD-Anwendungen in der Regel automatisiert messbar und können, eine entsprechende Standardisierung des Informationsgehalts vorausgesetzt, automatisch zu Attributen mit der geforderten Spezifikation zugewiesen werden.
Weitere übergeordnete Mengen und Kosten, die keinem Bauteil zugeordnet werden können, sollten ebenfalls Bestand des Modells sein, um alle Kosten- und Mengen in einer Umgebung vorhalten zu können. Dies kann entweder anhand von zusätzlich künstlich erzeugten Objekten (Dummy-Körpern) erfolgen, denen Kosten zugeordnet werden, oder durch weitere im Modell verankerte Stückliste mit Kosten und Mengen für weitere Positionen erfolgen.
3.5 Austausch und Koordination
Der Austausch und die Koordination stellt einen elementaren Mehrwert bei der BIM-Methode dar. Durch den regelmäßigen Austausch der Planungsbeteiligten und die vollständige visuelle Darstellung der Planung anhand von Modellen, werden Planungsstände, offene Punkte und Hindernisse transparent. Beim Austausch sind verschiedene Themen von Bedeutung:
Formate: Es werden Austauschformate für die Zusammenarbeit zwischen den Fachdisziplinen benötigt. Hierbei ist ein Austausch nicht nur im Sinne einer Zusammenführung zu einem Koordinationsmodell wichtig, sondern auch direkt zwischen den Disziplinen. Nur dieser erlaubt es, die Modelle der einzelnen Fachdisziplinen geometrisch einander anzunähern und somit im Abstimmungsprozess eine Deckungsgleichheit der Modelle zu erzielen. Aktuell kommen hierbei IFC, 3D-DWG, XML, -Formate, DWFX und native Formate zum Einsatz. Perspektivisch sollte durch die Entwicklung von IFC Rail, IFC Road, IFC Bridge sowie der Implementierung von IFC Alignment ein durchgängiger Datenaustausch ermöglicht werden [3], [8]. Bei den international entwickelten IFC-Standards ist allerdings zu beachten, dass nationale, detaillierte Spezifikationen (z. B. RAB-ING oder RiL-Anforderungen) dort nicht erfasst werden.
Änderungskommunikation: Die Kommunikation von erforderlichen Änderungen der Modelle und Anpassungen im Rahmen von Abstimmungsprozessen stellt einen wichtigen Baustein dar, um gemeinsam modellbasiert arbeiten zu können. Im Rahmen der Bearbeitung kommt hierbei häufig das BCF-Format zum Einsatz, welches quasi als „digitale Revisionswolke“ Informationen zu Änderungen beinhaltet und speicherextensiv ausgetauscht werden kann [10].
Koordinatenbezug der Modelle: Die einzelnen Modelle müssen in Bezug zu fest definierten Stationierungs- oder Koordinatenpunkten des Gesamtbauvorhabens stehen, um diese nachträglich im richtigen Bezug zueinander in ein Gesamtmodell integrieren zu können.
3.6 Dokumentation durch Planableitung
Die Dokumentation der Leistungen durch Pläne stellt die gängige Praxis zur Abgabe der Entwurfsleistungen dar. Im Rahmen der Leistungsniveaustufe 1 [2] sind die 2D-Plandarstellungen durch die sogenannte Planableitung aus dem Modell abzuleiten.
Bei der Planableitung wird ein Schnitt im digitalen 3D-Modell des Bauwerks entlang einer Ebene oder einer gekrümmten Fläche geführt, wobei die entsprechenden Ansichts- und Schnittkanten auf dem 2D-Plan automatisch erzeugt werden. Hierdurch entsteht mit vergleichsweise geringem Aufwand ein „echter“ Schnitt des Modells, der assoziativ zur Ursprungsgeometrie im 3D-Modell ist. Das bedeutet, dass Änderungen im 3D-Modell vorgenommen und die Schnitte automatisch aktualisiert werden können. Die 2D-Schnittdarstellungen werden üblicherweise mit weiteren 2D-Regeldetails (z. B. Geländer, Schutzeinrichtung) ergänzt, um nicht modellierte Objekte und Details zu dokumentieren. Die Generierung von Plänen bleibt derzeit in der Praxis noch elementarer Bestandteil des Entwurfs, da hierin nicht modellierte Details dargestellt werden können und wesentliche Maße dokumentiert werden, die der Überprüfung dienen. Ein alternativer vollständig modellbasierter Ansatz wurde in [10] vorgestellt. Eine Modellierung aller Details im Modell sollte aus Gründen der Performanz und Wirtschaftlichkeit vermieden werden.
Die Darstellungsform der Pläne ist in entsprechenden Richtlinien und Vorgaben der Bauherren [4], [5], [6], [7] geregelt. Hierbei ist es wichtig zu berücksichtigen, dass die Vorgaben zur Planerstellung vor dem Hintergrund des 2D-Zeichnens erstellt wurden. Sie beinhalten daher gewisse Vereinfachungen, die das Arbeiten in 2D erleichtern und bei einer Planableitung aus Modellen keine Anwendung finden sollten:
Ein Beispiel hierfür ist die Darstellung der Abwicklung des Bauwerks bei Straßenbrücken nach RAB-ING [4]. Hierbei liegen die Schnittachse (Bauwerksachse) für die Bemaßung der Länge im Schnitt sowie die Achse für die Höhenangabe (Gradiente) mitunter nicht in der gleichen vertikalen Ebene. Somit kann ein direkt aus dem Modell abgeleiteter Plan nur eine vermeintlich falsche Darstellungsform haben, da entweder die Bemaßung der Länge oder die Angabe der Höhe von der gewünschten Darstellungsform in der Abwicklung abweichen.
Es ist zwar möglich die Pläne händisch nachzubearbeiten und Maße zu überschreiben, um die gewünschte Darstellungsform zu erzielen, diese fiktive Darstellung sollte aber nach eigener Auffassung stets vermieden werden, da hierdurch die Konsistenz zwischen Modell und Plan aufgehoben wird und hieraus leicht Unstimmigkeiten und Fehler entstehen können. Es wird daher empfohlen, die Dokumentationsvorgaben der Pläne zu ergänzen, um für die neue Methode sinnvolle technologischen Möglichkeiten zur Dokumentation zu ermöglichen. Ein Beispiel hierzu wurde bereits ausführlich in [10] dargestellt. Ein weiteres Beispiel für die Planableitung stellt das Bild 6 dar.
4 Zusammenfassung
Der technische und methodische Fortschritt im Bereich der Planung von Ingenieurbauwerken durch die Verwendung des BIM fordert die beteiligten Akteure zum Handeln auf. Die Vorzüge der neuen Methode wurden sowohl seitens der Auftraggeber als auch seitens der Auftragnehmer erkannt. Die hier vorgestellten eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse aus zahlreichen durchgeführten BIM-Projekten dokumentieren angemessene Arbeitsstandards im Sinne eines Best-Practice Ansatzes für die modellgestützte Zusammenarbeit, um eine weitreichende Anwendung der Methode ab 2020 zu erreichen. Hindernisse und Möglichkeiten der Methode wurden aufgezeigt und bestehende Vorgaben und Anforderungen in Bezug auf ihre Sinnhaftigkeit und Übertragbarkeit hinterfragt.
Im Zuge der Einführung des BIM sind die etablierten Vorgaben zur Dokumentation von Plänen, Kostenberechnungen und Bauabläufen in ihrer jetzigen Form für eine Anwendung von BIM nur bedingt oder unzureichend geeignet und neu zu formulieren. Hierzu werden für alle Bereiche der Entwurfserstellung Ansätze aufgezeigt. Entsprechende Richtlinien und Vorgaben müssen kurzfristig entwickelt werden, um neue, BIM-gerechte Darstellungs- und Dokumentationsformen anwenden zu können, die eine ausreichende Akzeptanz zur Anwendung von BIM im Entwurf von Brückenbauwerken schaffen und somit schließlich zu einem umfassenden und erfolgrechen Einsatz der Methode beitragen.
Darüber hinaus gilt es, seitens der Auftraggeber Vorgaben zu erarbeiten, die die geometrische Darstellungstiefe und den notwendigen Informationsgehalt der Modelle festlegen, um in der Zukunft Modelle sachgerecht, modellbasiert zu prüfen und in nachgelagerten Prozessen standardisiert einbinden zu können.
Literatur
[1] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Reformkommission Bau von Großprojekten. Endbericht. https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Publikationen/G/reformkommission-bau-grossprojekte-endbericht.pdf?__blob=publicationFile, 2017-12-07.
[2] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Stufenplan Digitales Planen und Bauen. Einführung moderner, IT-gestützter Prozesse und Technologien bei Planung, Bau und Betrieb von Bauwerken. https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Publikationen/DG/stufenplan-digitales-bauen.pdf?__blob=publicationFile, 2017-12-07.
[3] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Umsetzung des Stufenplans Digitales Planen und Bauen. Erster Fortschrittsbericht. http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Publikationen/DG/bim-umsetzung-stufenplan-erster-fortschrittsbe.pdf?__blob=publicationFile 2017-12-07.
[4] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Bundesanstalt für Straßenwesen: Richtlinien für das Aufstellen von Bauwerksentwürfen für Ingenieurbauten (RAB-ING). Dezember 2016. http://www.bast.de/DE/Ingenieurbau/Publikationen/Regelwerke/Entwurf/RAB-ING-Entwurf.pdf;jsessionid=979301A2DD63E2F94BA7932FE7258847. live11291?__blob=publicationFile&v=4, 2017-12-07.
[5] DB Netz AG: Richtlinie 804 – Eisenbahnbrücken (und sonstige Ingenieurbauwerke) planen, bauen und instand halten. Frankfurt am Main, 2012.
[6] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Bundesanstalt für Straßenwesen: Richtzeichnungen für Ingenieurbauten (RIZ-ING). Dezember 2015. http://www.bast.de/DE/Ingenieurbau/Publikationen/Regelwerke/Entwurf/RiZ-ING-Gesamtfassung-Entwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=7, 2017-12-07.
[7] DB Netz AG: Richtlinie 809 – Infrastrukturmaßnahmen realisieren (planen, durchführen und realisieren). Frankfurt am Main, 2017.
[8] Borrmann, A.; König, M.; Koch, C.; Beetz, J.: Building Information Modeling. Technologische Grundlagen und industrielle Praxis. Springer-Vieweg Verlag, 2015.
[9] Nöldgen, M.: BIM im Brücken- und Ingenieurbau. Digitale Bauwerksmodelle mit NX10 – 3D-Konstruktion, Datenintegration und FE-Simulation. Springer-Vieweg Verlag, 2016.
[10] Nöldgen M.; Bach A.: BIM-gerechter Entwurf von Brücken. Grundlagen, Methodik und technische Herausforderungen. In: Bauingenieur 92 (2017), Heft 10, S. 407–415.
Dr.-Ing. Andreas Bach Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft Sankt-Franziskus-Straße 148, 40470 Düsseldorf ABach@schuessler-plan.de
Prof. Dr.-Ing. Markus Nöldgen Technische Hochschule Köln Betzdorfer Str. 2, 50679 Köln