Brückenbau vom Wasser aus
Bei Liepe in Brandenburg war die Wegebrücke über den Oder-Havel-Wasserweg seit Jahren baufällig und geschlossen. Die neue Ersatzwegebrücke verlangte vom Bauunternehmen viel Baustellenlogistik, da der Weg zur Baustelle über das Wasser führte.
Die Bauaufgabe in der Ausschreibung für das Projekt in Brandenburg klingt leicht „Ersatzneubau Wegebrücke über den Havel-Oder-Wasserweg (HOW), km 80,15 bei 16248 Liepe“. Doch hinter dieser leichten Aufgabe versteckte sich ein logistisches und bautechnisch anspruchsvolles Projekt. Den Zuschlag hierzu hat das Unternehmen Budimex SA in Kooperation mit Budimex Bau GmbH aus Berlin erhalten.
Aufgaben rund um den Brückenbau
Mehrer Aufgaben haben das Ingenieurteam von Budimex, die auf Brücken- und Sonderbauten spezialisiert sind, bei diesem Projekt erwartet. Durch die Unterbauten der alten Brücke war die Schifffahrt eingeschränkt. Die Zukunft für die Schifffahrt auf dem Havel-Oder-Wasserweg sollte anders aussehen: keine Einschränkungen durch Unterbauten. Die neue Brücke sollte natürlich wieder den Weg über den Oder-Havel-Wasserweg freigeben. Weder der Rückbau der alten Brücke noch der Bau der neuen Brücke durften den Gütertransport auf der Oder-Havel-Wasserstraße stören. Eine weitere Erschwernis beim Brückenbau war die Vorgabe, dass weder eine Dauerbaustelle noch ein Materiallager oder gar Schwerlastverkehr möglich waren, da der von Radfahrern und Landwirtschaft genutzte Weg durch das Naturschutzgebiet Niederoderbruch führt. „Die Baustelle war für uns eine große Herausforderung“, erinnert sich Denis Buchta, Bauleiter bei Budimex Bau: „Wir mussten alle Materialien wegen des Naturschutzgebietes über den Wasserweg zum Südufer des Kanals transportieren. Das Gelände am Nordufer ist sumpfig und unzugänglich, das konnten wir nicht nutzen.“
Beginn des Brückenbaus
Bevor der Neubau starten konnte, musste die alte Spannbetonbrücke weichen. Diese wurde zusammen mit allen Unterbauten in der ersten Projektphase abgerissen. Um dieses zu ermöglichen, errichtete das Ingenieurteam des Bauunternehmens einen Unterbau, der aus einem Gerüst auf zwei eigens eingerichteten Pontons mit Tragwerken beruht. Danach wurde das zentrale Feld der Brücke entfernt. Und auf dem Ponton wurde es ans Nordufer transportiert.
Fertigung der neuen Brücke
Die neue Wegebrücke ist als Stahlverbundüberbau mit Rahmentragwerk ohne Unterbauten geplant. Während die alte Brücke abgerissen wurde, konnte in Szczecin (Stettin) die neue Brücke gefertigt werden. Hierzu wurden sieben einzelne Stahlsegmente gefertigt und dann zusammengesetzt. „Die Geometrie der Brücke ermöglicht es, auf die Pfeiler der bisherigen Brückenkonstruktion zu verzichten“, erklärt Michal Falkowski, Projektleiter bei Budimex und verantwortlich für den Aufbau. Mit einem Ponton und einem Schubboot trat die 230 Tonnen schwere und 68 Meter lange Konstruktion ihre Reise von Szczecin nach Liepe über den Havel-Oder-Wasserweg an. Diese Reise dauerte zwei Tage.
Die Brücke wird eingesetzt
Zwanzig Teammitglieder wurden für den Bau und die Montage der Brücke eingesetzt. Dieser Bauabschnitt erforderte einige Genehmigungen und Absprachen, da die Oder-Havel-Wasserstraße gesperrt werden musste. Als die Brücke am Lieper See angekommen war, lagerte sie in zwei provisorischen Häfen, die für dieses Bauvorhaben errichtet wurden. Um die Brücke einzusetzen, war der Ponton, auf dem die Brücke transportiert wurde, mit Trägertürmen ausgestattet. Auch auf den anderen Pontons vor Ort waren Trägertürme angebracht. Als die Brückenkonstruktion eingebaut wurde, wurde sie zunächst auf den Pontons an die richtige Position geschoben. Die tonnenschwere Stahlkonstruktion ließ sich dann mithilfe der Trägertürme hydraulisch anheben. „Wir mussten präzise arbeiten, um die Brücke an der exakt richtigen Stelle auf den Widerlagern zu platzieren. Hier gab es keinen Raum für Fehler“, beschreibt Falkowski die Baustellensituation.
Der Havel-Oder-Wasserwegs
Seit 1914 verbindet der Kanal die Elbe mit der Oder und damit Berlin mit Szczecin. Er erstreckt sich über etwa 135 Kilometer. Zu Beginn der Wasserstraße hieß diese noch „Großschifffahrtsweg Berlin-Stettin“ und beginnt an der Schleuse Spandau im Nordwesten Berlins. Sie endet in Friedrichsthal, an der Grenze zwischen Deutschland und Polen. Dort mündet sie in die Westoder. Nicht weit von Liepe entfernt gelangen die Schiffe zum Schiffshebewerke Niederfinow, eines der größten Schiffshebewerke Europas. Hier hat 2022 ein Neubau das Schiffshebewerk von 1934 abgelöst.