Stahlbetonfertigteile beim Hafenbau
Bei der Neugestaltung der „Maritimen Meile Wedel“ werden viele Maßnahmen eingesetzt. Dabei kam für den Hafenbau auch ein ungewöhnlich hohes Maß an Stahlbetonfertigteile zum Einsatz.
Im Rahmen der Neugestaltung der „Maritimen Meile Wedel“, zu der auch der bereits 2011 durch HC Hagemann realisierte neue Elbanleger gehörte, hat die Stadt Wedel nach öffentlicher Ausschreibung 2013 eine Arbeitsgemeinschaft der Firmen HC Hagemann GmbH & Co. KG sowie Eggers Umwelttechnik GmbH mit der Revitalisierung des Stadthafens Wedel beauftragt. Dieser Auftrag umfasst:
- den Neubau des Westufers und der neuen Westmole,
- die Sanierung des Ostufers,
- die Schaffung eines neuen Hafenvorplatzes unter Verkürzung des Hafenbeckens um 60 Meter durch Teilverfüllung und Erstellung einer neuen Pierplatte,
- die Neugestaltung der elbseitigen Zufahrt zur Reduzierung der Verschlickung durch eine neue Quermole mit Kreiszelle,
- die Neugestaltung der umgebenden Freiflächen einschließlich Ver- und Entsorgungsinfrastruktur.
Begonnen hat dieses Projekt im Herbst 2013 mit der Erstellung des Westufers und der hieran anschließenden Westmole sowie der parallel betriebenen Sanierung des Ostufers unter Erhalt der vorhandenen Stahlspundwand. Ab Frühjahr 2014 folgte der Neubau des elbseitigen Hafenabschlusses durch eine gespundete Quermole sowie eine gerammte Kreiszelle von 14 Meter Durchmesser, die den Abschluss der Quermole zur Hafeneinfahrt darstellt. Mit zeitlichem Versatz wurde hieran ab Sommer 2014 die Teilverfüllung des nördlichen Hafenendes einschließlich der derzeit noch laufenden Herstellung der Pierplatte angeschlossen. Im Rahmen dieser Maßnahme musste zudem eine bestehende Vorflut verlängert und unterhalb der neuen Pierplatte in das Hafenbecken eingeleitet werden.
Tide gibt Arbeitszeiten vor
Bei allen Maßnahmen im Rahmen dieses Projektes wurden in für den Hafenbau ungewöhnlich hohem Maße Stahlbetonfertigteile eingesetzt. Hauptgrund hierfür ist die Tatsache, dass alle Baumaßnahmen im tidebeeinflussten Bereich der Elbe stattfanden und somit für die Arbeit an Bauteilen, deren Gründungsebene zum Teil 2,00 Meter unter mittlerem Hochwasser lag, nur sehr kurze Zeitfenster von zwei bis drei Stunden pro Tide zur Verfügung standen (Bild 2). Für das Versetzen der Fertigteile mit einem Gesamtvolumen von 2.000 Kubikmeter waren auf der Baustelle zwei 90 Tonnen Seilbagger im Einsatz, die aufgrund der für die Westseite schwierigen Zugänglichkeit im RoRo-Verfahren über den elbseitigen Strandbereich per Schwerlastfähre HC Hagemann I an- und abtransportiert wurden.
Insbesondere das Westufer sowie die Westmole sind durchgängig als Fertigteilkonstruktion ausgebildet. Das Westufer besteht dabei aus 2,48 Meter langen Winkelstützelementen mit 2,58 Metern Höhe und 2,70 Metern Fußauslage in Beton C 35/45 sowie einem Einzelgewicht von zehn Tonnen, die auf einer Schottertragschicht abgesetzt, anschließend hinterfüllt und hafenseitig durch eine Böschungssicherung aus Wasserbausteinen gesichert wurden. Die Westmole wurde analog aus jeweils zwei gegenüberliegenden Winkelstütz-Fertigteilelementen hergestellt, die gegeneinander verankert sind, sodass ein durchgeankerter Fangedamm entstanden ist, der auf einer Schottertrag- und Filterschicht auf vorhandenem Deckwerk lagert (Bild 2).
Seilbagger positionieren Winkelabdecksteine
Als wasser- und oberseitige Verkleidung der Wände von Westufer und -mole kamen schwere Winkelabdecksteine zum Einsatz. Diese galt es mit hoher Genauigkeit zu versetzenden, trotz Einzelgewichten von 20 Tonnen sowie Abmessungen von 2,00 m x 1,50 m und fünf Meter Länge der in SB 4 ausgeführten Fertigteile. Sie wurden mit einer speziell angefertigten Hilfskonstruktion per 90 Tonnen Seilbagger positioniert (Bild 3) und landseitig über entsprechende Anschlussbewehrung in einen hinter der Winkelstützwand liegenden Ortbetonbalken eingebunden.
Die gleichen Winkelabdecksteine kamen bei der Sanierung des Ostufers zum Einsatz, um ein einheitliches Gesamterscheinungsbild des Hafens zu gewährleisten. Am Ostufer wurden die Fertigteile allerdings auf die bestehende Stahlspundwand Hösch / Larssen Profil III aufgesetzt und ebenfalls in einen hinter dieser Wand herzustellenden Ortbetonbalken eingebunden.
Pierplatte ermöglicht Hafenvorplatz
Zur Gewinnung eines Hafenvorplatzes am nördlichen Hafenende erfolgte eine Teilverfüllung des Hafenbeckens in diesem Bereich, die zum Hafen hin mit einer elf Meter tiefen und 80 Meter breiten Pierplatte abgeschlossen wurde. Diese Pierplatte überdeckt einen unter 1 : 2,5 geböschten, befestigten Uferbereich und lagert auf gerammten Stahlpfählen HP 400 mit aufgesetzten Betonfertigteil-Unterzügen von 80 cm x 80 cm sowie elf Meter Länge und bis zu 17 Tonnen Gewicht. Die Platte selbst besteht als Teilfertigteilkonstruktion aus 20 Zentimeter starken Fertigteilplatten mit Einzelgewichten bis zu zwölf Tonnen, auf die eine zehn Zentimeter starke Ortbetonergänzung aufgebracht wird. Bild 4 zeigt die Fertigteilmontage.
Neben den dargestellten Stahlbetonarbeiten erfolgten Rammarbeiten in einem Umfang von 460 Tonnen Spundwandstahl und 180 Tonnen Profilstahl, Erdarbeiten in einem Umfang von 60.000 Kubikmeter, Nassbaggerungen mit 30.000 Kubikmeter Volumen, Steinschüttungs- und Deckswerksarbeiten in einem Umfang von 20.000 Tonnen, die Herstellung von 5.000 Quadratmeter Oberflächenbefestigungen sowie die Ausstattung des Hafens mit Geländern, Steigeleitern, Pollern, Befeuerung und Schwimmbalken. Alle Leistungen umfassen eine Investition von rund 14 Millionen Euro und sollen im November 2015 abgeschlossen werden, sodass die Stadt Wedel ab der Saison 2016 wieder über einen attraktiven Stadthafen zur Nutzung durch Sportboote und Traditionsschiffe verfügen kann.
www.hchagemann.de
Bild 2. Für die Fertigteilmontage an der Westmole standen nur zwei bis drei Stunden pro Tide zur Verfügung. Abb.: HC Hagemann
Dr. Ingo Hadrych
Heiko Harring, HC Hagemann GmbH & Co. KG, Hamburg