Spannweitenrekord: Messehalle 15 in Leipzig ist saniert
Die Messehalle 15 in Leipzig wurde 1928 mit einer stützenfreien Stahlkonstruktion errichtet. Seit dem hat sie viel erlebt. An- und Umbauten und Bombenangriffe haben das ursprüngliche Bild der Halle zerstört. Nun wurde die unter Denkmalschutz stehende Halle saniert und ist damit ein Zeitzeuge der Baugeschichte.
Zum Baujahr 1928 hatte die Messehalle 15 in Leipzig einen Spannweitenrekord inne. Der Stahlbau hatte eine Stützenweite von beinahe 100 Metern. Innerhalb von drei Monaten wurde die Halle errichtet. Hierfür wurden 1.800 Tonnen Stahl für die Konstruktion gefertigt und montiert. Die Architekten Crämer & Petschler planten eine stützenfreie Halle über eine Fläche von 100 m x 140 m. Damit diese Spannweite erreicht wurde, nutzen sie ein Zweigelenk-Fachwerkrahmens aus Stahl. Die Halle selbst entstand aus einer Nietkonstruktion aus Walzprofilen und Blechen. Sieben Zweigelenk-Fachwerkrahmen bildeten das Haupttraggerüst. Sie hatten eine Stützweite von 97,80 Metern und einem Rahmenabstand von 19,50 Metern. In 21 Metern Höhe breitet sich in einem mittleren geschlossenen Bereich mit Satteldachneigung die Dachfläche aus. An den Seiten schließen sich Oberlichter an.
Neues Nutzungskonzept ermöglicht Sanierung
Das Büro Westphal Architekten BDA aus Bremen wurde zusammen mit anderen Ingenieurbüros mit der Planung der Sanierung der Messehalle beauftragt. Ihr Ziel wares, das alte Raumgefühl der Halle wieder herzustellen. Vorgefunden haben sie nämlich nicht mehr die gebaute Halle von 1928. Während eines Bombenangriffs 1943/1944 wurde die nordöstliche Giebelwand der Halle zerstört und drei aufeinander folgende Fachwerkrahmen waren getroffen. 1947/1948 hat man, um ein Zusammenbruch der Konstruktion zu vermeiden und zum Erhalt der vier verbliebenen Fachwerkrahmen, Zwischenstützen zur Sicherung eingebracht. An die abgesicherten Bauteile wurde dann ein fünfter Rahmen gestützt und die Halle wurde darüber geschlossen. Dadurch verlor das Gebäude den Raumeindruck. Zudem bot die Messehalle so weniger Ausstellungsfläche. Damit man wieder mehr Platz zur Verfügung hat, wurde eine umlaufende Stahlbetongalerie errichtet. Die Halle hat zudem Anbauten an den Seiten erhalten und eine Zwischenebene wurde eingezogen. „Wichtig für die anstehende neue Planung erwiesen sich die aus dieser Zeit übermittelten Informationen wie eine Übersicht sämtlicher Schäden an den noch bestehenden Fachwerkrahmen, durchgeführte Reparaturarbeiten sowie Berechnungen zum statischen Nachweis nachträglich eingebauter Pendelstützen“, erinnert sich Architekt Jost Westphal von Westphal Architekten BDA. Von den 1950er-Jahren blieb die Halle bis 1985 in seinem umgebauten Zustand. Ende der 1980er-Jahre wurde der Wärmeschutz optimiert. Auch wenn in den 1990er-Jahren die Messe Leipzig wieder an ihren alten Standort zurückkehrte, fand in der Messehalle 15 keine Ausstellung statt. Nur ein tragfähiges Nutzungskonzept bewahrte die Halle mit dem früheren Spannweitenrekord vor dem Abriss. Das Unternehmen Zweirad Stadler hat sich 2015 dafür entschieden, das Denkmal als Verkaufsstandort zu nutzen. Ihr Ziel war, den Umbau so zu vollziehen, dass die Stahlkonstruktion bestehen bleibt und der Raum mit seiner Weite und Höhe sichtbar wird. Die Ingenieurbüros entwickelten ein entsprechendes Konzept:
- Rückbau der nachträglichen Sicherungsstützen zur Wiederherstellung des Spannweitenrekords,
- Freilegung der ursprünglichen tragenden Konstruktion,
- Abtragung der Kopfbauten an der Nordfassade,
- neues wirtschaftliches Nutzungskonzept mit der Unterbringung von 6.000 Quadratmeter Verkaufsfläche und 2.700 Quadratmeter Lagerbereich.
Der Spannweitenrekord der Messehalle wird wieder sichtbar
Zur Wiederherstellung der Spannweiten mussten die Planer zeigen, dass die nachträglichen Sicherungsstützen vermeidbar sind. Für den Rückbau ging man davon aus, dass bei Stahl durch eine Wärmezufuhr erst bei Temperaturen über 750 Grad Celsius eine Gefügeumwandlung stattfindet. „Bereits bei 500 Grad verliert Stahl seine Festigkeit und ist nicht mehr in der Lage, äußere Beanspruchung aufzunehmen. Wäre die Stahlkonstruktion infolge einer Brandbeanspruchung auf über 500 Grad erwärmt worden, hätte dies aufgrund der vorhandenen hohen Eigenlasten des Daches zu einem Totaleinsturz der gesamten Konstruktion geführt, bevor ein weiterer Temperaturanstieg auf 750 Grad eine Gefügeumwandlung zur Folge gehabt hätte“, erklärt Westphal. Diese These musste durch eine Materialprüfung bestätigt werden. Dann war die Nachrechnung des Haupttragwerks möglich und ein Aufmaß konnte erfolgen. Komplexe Computermodelle haben schließlich den Nachweis erbracht, dass die Halle standsicher ist. Hierzu wurden die ursprünglichen Spannweiten zusammen mit den vorhandenen Materialeigenschaften berücksichtigt. Somit konnte der Rückbau der Sicherungsstützen über Hydraulikeinrichtungen erfolgen. Damit der Raumeindruck aus den 1920er-Jahren wieder entstehen konnte, hat man sich dazu entschlossen, die niedrigeren seitlichen Anbauten zum Innenraum hin zu öffnen. Die Kopfbauten aus den 1950er-Jahren wurden an der Nordfassade bis zu der Höhe der umlaufenden Anbauten abgetragen. An dieser Stelle wurde die Fassade mit zwei kleineren Neubauten geschlossen. Die Verglasung der Hallenaußenwand, die beim Wiederaufbau entstand, blieb erhalten. Hiermit wollen die Architekten die Geschichte der Halle zeigen. Über dem Haupteingang schlossen die Architekten die Sanierung mit einer modernen Glasfassade ab.
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