Nach der Flut: Tragwerksplaner beraten zu Standsicherheitsfragen
Oft lässt sich ein Abriss von flutgeschädigten Gebäuden vermeiden. Damit machen Bauingenieure Hoffnung. Wichtig dabei ist, das die Standsicherheit durch Tragwerksplaner und Sonderfachleute untersucht und bestätigt wird.
Flüsse wie die Ahr, Erft oder Volme haben bei der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands Verwüstungen zurückgelassen. Die Wassermassen haben dabei sichtbare und unsichtbare Schäden an unzähligen Bauwerken verursacht. Jetzt stellen sich die Betroffenen von Wohn-, Geschäfts- und öffentlichen Bauten die Frage, ob ihre Gebäude wieder genutzt werden können und ob Sicherungsmaßnahmen notwendig sind und welche kurzfristig oder mittelfristig umgesetzt werden können. „Vor dem Hintergrund des großen Leids, das die Flutkatastrophe verursacht hat, ist es uns Ingenieurinnen und Ingenieuren ein besonderes Anliegen, unsere Qualifikationen ganz unmittelbar in den Dienst der von der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen betroffenen Menschen zu stellen und damit ein Signal der Mitmenschlichkeit und der gesellschaftlichen Verantwortung auszusenden“, erklärt Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Ingenieurkammer-Bau NRW.
Schäden an flutgeschädigten Gebäude aufnehmen
Dipl.-Ing. Jörg Friemel, Vorstandsmitglied der IK-Bau NRW macht den Betroffenen Hoffnung: „In der Regel kann eine Vielzahl der Gebäude wieder nutzbar gemacht werden, nur wenige sind aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr zu halten.“ Das aber auch Umstände eintreten können, die es nicht erlauben ein Gebäude zu erhalten, erklärt Dipl.-Ing. Alexander Pirlet, Vorstandsmitglied der IK-Bau NRW: „Insbesondere dann, wenn sich ein Gebäude schief gestellt hat, ist ein Abriss oft nicht mehr zu vermeiden.“ Ein qualifizierter Tragwerksplaner sollte dann zurate gezogen werden, wenn im Gebäude Risse auftreten. Der Tragwerksplaner nimmt dann die Schäden auf und gibt eine Bewertung ab. Auf dieser Grundlage richtet er sich ja nach Schweregrad der Schäden an Sonderfachleute wie Baugrundgutachter sollte eine Bodenuntersuchung erforderlich sein, um die Schwere der Schäden weiter abzuklären.
Der Baugrund kann sich durch die Wassermassen verformen
„Sichtbare Schäden beispielsweise von teileingestürzten Gebäuden müssen kurzfristig gesichert werden. Schäden können sich auch durch Risse in den Wänden zeigen. Die Ursache sind dann meist durch die Wassermassen ausgelöste Verformungen im Untergrund. Teilweise werden die Fundamente unterspült und es entstehen Setzungen“, so Friemel. Eine weitere Möglichkeit ist, dass der Boden durch das aufgenommene Wasser aufquellt und dann wieder austrocknet. Dabei hebt sich zuerst der Untergrund und sackt durch die Trocknung wieder ab. Auch hierdurch können Risse in Gebäuden entstehen. Diese treten jedoch erst nach einem längeren Zeitraum auf. Um die Gebäude zu sichern, ist es wichtig, den sogenannten Lastabtrag der Fundamente wiederherzustellen. Dieses kann durch eine Unterfangung auf tragfähigen Baugrund bei einfachen Schäden geschehen. Bei schwereren Fällen kann auch ein Injektionsverfahren zur Sicherung des Lastabtrags eingesetzt werden.
Untergründe für sichere Gebäude genau prüfen
Sollten Schäden an Gebäuden nicht erkannt werden, dann kann auch nach Jahren ein Einsturz folgen, beschreibt Pirlet und führt weiter aus: „Steht das Gebäude in der Nähe eines durch die Fluten entstandenen Grabens, ist immer zu untersuchen, ob dem Boden unter dem Gebäude Feinteile entzogen wurden, also die Mischung des Bodens verändert wurde, wodurch er seine Stabilität eingebüßt hat. Wenn unter dem Gebäude nur noch runde Kieskörner vorhanden sind, verliert der Boden seine Stabilität.“ Diese nicht erkannten Schäden würden dann zum Einsturz führen. Aus diesem Grund meint Pirlet: „Wenn Gebäude nach der Untersuchung wieder zur Benutzung freigegeben werden, müssen diese so sicher sein wie bei einem Neubau.“
Qualifizierte Tragwerksplaner sind vor Ort
Auf Anfrage des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung unterstützt die Ingenieurkammer-Bau in Nordrhein-Westfalen die Arbeiten vor Ort in den betroffenen Flutgebieten. Die Ingenieurkammer-Bau NRW ermittelt bei den qualifizierten Tragwerksplaner die Bereitschaft, welche sich als Unterstützung für die Gemeinden freiwillig gemeldet haben. Sie beraten neben ihrer technischen Unterstützung der örtlichen Sicherheitsbörden sowie der Bergungs- und Rettungskräfte in den Gebieten zu Sicherheitsfragen. Dabei kann die Ingenieurkammer-BAU NRW eine große Bereitschaft zur unbürokratischen Hilfe verzeichnen und viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus Ingenieurbüros sind für diese Unterstützung freigestellt.
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